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Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

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Wieder Winter

In der Nacht kam der Schnee und der Frost. Dann klarte es auf. Jetzt, um halb sechs sind es -10 °C und der erste Märztag fühlt sich im Gegensatz zu den letzten Februartagen wieder nach richtigem Winter an.

Kurz vor Sonnenuntergang war ich noch einmal am Strand und bin zur nahen Insel Storgrundet hinübergelaufen. Auf der angetauten und wieder gefrorenen Ostsee ist es teilweise spiegelglatt. Das Eis unter einem knackt laut und dumpf. Ich weiß, dass das Eis dort dick ist – heute sah man sogar frische, breite Reifenspuren – und das Eis nur deswegen knackt, weil es sich bei den sinkenden Temperaturen ausdehnt, aber dennoch sehe ich mich bei jedem Knack – und meine teuren Kamerasachen – mit einem lauten Platsch ins Ostseewasser fallen.

Ich wünsche Euch allen ein schönes Wochenende!

Schneesturm

Västerbottens Küstenregion: Warnung Klasse 1 Schneefall – Am Samstag Schneefall, der vor allem an der Küste kräftig sein kann. Bis Sonntag Morgen kommen 10-20 cm Schnee.

SMHI, 1. März 2013

Nördlicher Kvarken: Warnung Klasse 1 Starkwind – Von Samstag Vormittag Süd 16-19 m/s.

SMHI, 1. März 2013

Das schrieb gestern der schwedische Wetterdienst. Heute morgen, als ich ins Auto gestiegen bin, um unter anderen zu einer Vernissage in die Stadt zu fahren, war es aber noch ruhig. Wenig Wind, kaum Schnee. Bei Harrbäckssand habe ich eine Pause gemacht und vom Eis aus die Birke auf der winzigen ufernahen Insel fotografiert. Ein paar Stunden war ich auf dem Rückweg und es war ungleich windiger und es schneite stark. Das zweite Bild entstand bei mir quasi um die Ecke. Da die Belichtungszeit nur eine viertausendstel Sekunde war, ist der Schnee, der vorbeifegte, auf dem Bild eingefroren.

Man merkt, dass schlechte Sicht ist, auch daran, dass die Schweden freiwillig langsamer fahren als erlaubt. Das war heute aber auch keine schlechte Idee, denn es schneite teilweise so stark, dass ich beim Autofahren kaum 50 Meter weit schauen konnte. Das Handy-Foto trifft die Stimmung eigentlich ganz gut. Wenn man genau schaut, sieht man die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Autos.

Zu Hause habe ich einer kleinen Pause mich noch einmal auf den Weg nach Storgrundet gemacht. Zu Fuß, auch da ich Angst hatte, mit dem Auto in einer Schneewehe steckenzubleiben. (Das wäre mir vielleicht kurz vor dem Ziel auch gelungen.) Am Ufer des Strandes Storgrundet blies der starke Wind jede Menge Schnee über das Ostseeeis und ich hatte die Wahl: Warte ich mit dem Fotografieren, bis gerade mal ein bisschen Sicht ist, sieht es langweilig aus. Warte ich, bis richtig Schnee vorbeifegt, dann ist das Bild weiß. Ich habe einige Male ausgelöst, bis ich ein Bild dazwischen im Kasten hatte.

Es ist mir dagegen nicht gelungen, die Schneefahnen, die sich vor allem an Steinen bilden einzufangen. Das ginge bei diesem diffusen Licht wohl nur mit Video.

Kurz bevor der ICA zumachte, hatte ich Appetit auf Salat und bin durch die knietiefen Schneewehen zu meinem Auto gestapft. Der Pulverschnee ist so leicht, dass ich mir keine größeren Sorgen gemacht habe, mich mit dem Auto festzufahren. Auf der Fahrbahn lagen vielleicht so 15 cm Neuschnee, da driftet der Saab sehr lustig um die Kurve. Und ich muss zugeben, dass es mir Spaß macht, so im Schnee Auto zu fahren, wenn es keine längeren Strecken sind. Als ich allerdings wieder auf mein Grundstück wollte, drehten die Räder dann doch durch. Aber mit ein bisschen rückwärts fahren und ein bisschen mehr Schwung kam ich doch noch in meine Einfahrt.

Der Schnee im Vorgarten ist jetzt noch höher, ich kann vom Haus aus kaum noch die Fahrbahn sehen. Nicht deutet darauf hin, dass vor ein paar Tagen noch das Schneemonster in meinem Vorgarten geleuchtet hat, dort ist nur eine plane und unberührte Neuschneefläche zu sehen. Kaum vorstellbar, dass ich vorgestern noch durch tiefe Pfützen zur Kreuzung gewatet bin.

Jetzt sitze ich mit meinem dicksten Wollpullover am Rechner, das liegt daran, dass schon seit drei Uhr Nachmittags wegen technischen Problemen die Fernwärme ausgefallen ist und bei mir weder warmes Wasser noch die Heizungen funktionieren. Die Elektroheizung, die sonst das Bad im Keller heizt, hat aber tapfer die Innentemperatur im Wohnzimmer von 16.1 °C auf 16.6 °C hochgeheizt und so ist der Pullover eigentlich viel, viel zu warm. Aber auch sehr, sehr gemütlich …

Das Wort „Schneesturm“ klingt immer schön dramatisch. Die deutschen Meteorologen sprechen ab 75 km/h von Schneesturm, so windig war es vermutlich heute auch auf der Ostsee nicht. Für einen Blizzard (Nach US-Wetterbehörde NOAA ab 65 km/h und mindestens drei Stunden Schneefall mit starken Sichtbehinderungen) hat es heute vielleicht sogar gereicht. Aber den Titel ändere ich jetzt dennoch nicht mehr. Ich mag das Wort Schneesturm.

Nachtrag

Sonntag, 5:00 – Fernwärme geht wieder.

Nachtrag 2

Sonntag, 12:30 – ein kleiner Videoschnipsel von gestern auf Vimeo: „Schneesturm“.

Nach dem Schneefall

Draußen höre ich eine letzte Schneefräse. Während alle anderen hier in der Straße schon am Vormittag die Grundstücke freigeräumt haben, ist vor kurzem ein Nachbar aus dem Wochenende zurückgekommen und fräst jetzt sein Grundstück frei, damit er das Auto parken kann.

Wie viel gefallen ist, weiß ich nicht, dazu war es gestern zu windig. Ich schätze, dass etwa 20 cm Neuschnee gefallen sind. Im Garten hinten liegen jetzt 90 bis 100 cm, während sich im Vorgarten bis zu zwei Meter hohe Berge türmen, denn irgendwo muss das Zeugs ja bleiben.

Aber jetzt sieht alles wieder weiß und rund aus und herrlich ruhig ist es. Wenn nicht gerade Schnee gefräst oder Skooter gefahren wird. (Jetzt macht der Nachbar gerade die Schneefräse aus.)

Und weil ich heute keine Lust zum Fotografieren habe, noch ein Bild von gestern. Eher aus der Reihe Experiment als aus der Reihe Winterlandschaft.

Ich habe übrigens mal gezählt: 72 Prozent der Artikel seit Dezember handeln von Schnee, Eis oder Winter allgemein – die Tauwetterartikel nicht mitgerechnet. Ich glaube, ich muss mir mal wieder andere Themen überlegen und andere Fotos machen.

Sonnenaufgang

Jetzt wird es schon früh hell, denn um zwanzig nach sechs geht die Sonne auf und man merkt, dass der tiefste Winter vorbei ist. Da ich ohnehin Frühaufsteher bin, wache ich meistens gegen sechs auf. Heute habe ich es geschafft, so früh aus dem Bett zu kommen, dass ich den Sonnenaufgang am Meer anschauen konnte. Nicht, dass ich nicht schon mal die Sonne habe aufgehen sehen, aber schön ist es jedes Mal wieder.

Nordanå

Gestern, beim Diskussionsabend mit Mores hatte ich eine schöne Aussicht auf Nordanå, Skellefteås Park westlich vom Zentrum. Das Kulturzentrum beherbergt unter anderem mehrere Museen und das Nordanåtheater, dessen großen Theatersaal ich schon von beiden Seiten gesehen habe: Als Teilnehmer des Creative Summit 2010, 2011, 2012 und als Pianist beim Theaterstück Julstämningen (Weihnachtsstimmung) letztes Jahr.

Ende April zum Erzählerfestival bin ich als Pianist bei zwei Programmen beteiligt, darauf freue ich mich schon.

Neu ist die kleine Eisbahn vor dem Kulturzentrum. Ein einsames Pärchen lief dort gestern auf dem farbig angestrahlten Eis Schlittschuh und die romantische Orchestermusik schwebte aus dem Lautsprecher bis zu dem Balkon empor, auf dem ich stand, als ich die Nachtaufnahme gemacht habe.

Heute hingegen ist die Kultur in Skelleftehamn, wenn auch nur virtuell. Als ich auf meinem Heimweg am „Folkets Hus“ in Skelleftehamn vorbeikam, parkten dort viele Autos. Normalerweise ein Zeichen, dass im Kino Eishockey live übertragen wird. Dieses Mal hingegen ist der Anlass ein anderer: Die königliche Oper in Stockholm sendet heute Puccinis Oper Turandot live in 67 Kinos, unter anderem auch nach Skelleftehamn. Ein Hauch Großstadtkultur gleich bei mir um die Ecke.

Eisblumen

Luxus: Schönes Wetter, noch ein bisschen faul sein und dann mal kurz halb heraus gehen, um zu Fotografieren. Halb, das heißt, in meinen Wintergarten, wo immer, wenn es in der Nacht kalt war (Minimum der letzten Nacht: -18 °C) die Eisblumen an den Fenstern wachsen, die dann aber bald von der kräftigen Märzsonne wieder weggestrahlt werden. Im Winter ähnelt der Wintergarten eher einem Lager, in dem Skier und Pulka Platz finden, doch schon bald geht die Sonne noch früher auf und wärmt den Vorbau so auf, dass man trotz Minusgraden draußen dort gemütlich frühstücken kann. Ohne Jacke!

Die Eisblumen sind wunderbar, sie bilden immer wieder neue Formen, die teilweise wie skurrile Landschaften, wie Kulissen für Schattentheaterstücke oder wie filigrane, geheime Alphabete von einem anderen Stern aussehen. Das muss ich irgendwann mal in Ruhe fotografieren, nicht nur kurz wie heute. Und vorher endlich mal die Fenster putzen.

Ein komplettes Wochenende

Kennt Ihr das? Die Wochenendplanung? Man möchte was Schönes machen, vielleicht alleine, vielleicht mit Freunden. Man sollte unbedingt ein paar Dinge erledigen und ein bisschen relaxen – zum Beispiel lesen. Und ein kleiner Mittagsschlaf wäre doch auch nett und nützlich. Macht zusammen so drei bis vier Tage. Das Wochenende hingegen hat zwei.

Dieses Wochenende habe ich tatsächlich alles gemacht. In nur zwei Tagen. Das kommt wirklich nicht oft vor.

4. Relaxen: Teile das Nachmittags habe ich im Bett verbracht. Zum einem mit einem recht langen Mittagsschlaf, zum anderem mit dem ersten Buch aus der „Agaton Sax“-Reihe. Das sind herrlich skurrile und schräge Jugendbücher, die Nils-Olof Franzén von 1955 bis 1978 geschrieben hat. Hauptfigur ist der kleine und etwas korpulente Agaton Sax, der Chefredakteur der kleinen Tageszeitung in der fiktiven Stadt Byköping ist und nebenberuflich ein Genie in Sachen Kriminalistik. Und wenn ich dann wieder einen schwedischen Wortwitz verstehe, freue ich mich besonders.

3. Erledigen: Heute Vormittag habe ich ein bisschen länger geschlafen und dann beschlossen, das Thema „Ablage“ in Angriff zu nehmen. Nun gehört Ablage machen zu den Dingen, vor denen ich mich (a) gerne, (b) erfolgreich und (c) sehr lange drücke und so denke ich beim stundenlangen Sortieren und Abheften darüber nach, wie die Zeit vergangen ist. Das mache ich sonst nie, aber nicht wenige der Briefe von Versicherung, Finanzamt, Bank oder Pensionskasse tragen das Jahr 2010.

Als ich nach Schweden kam, habe ich mich über die lustigen vier Löcher gewundert, die hier viele der offiziellen Briefe zieren. Anfangs vermutete ich noch einen Fehler (Warum sollte das auch anders als in Deutschland sein), dann habe ich mir einen schwedischen Locher und passende Aktenordner gekauft.


2. Freunde treffen: Gestern Nachmittag bin ich zur Halbinsel Kallholmen gelaufen, denn dort wohnte ein guter Bekannter, der mich zu einer kleinen Feier eingeladen hat. Dabei bin ich größtenteils außen herum auf dem Eis gelaufen, weil es dort bei der untergehenden Sonne so schön war. Was für ein schöner Nachmittag und Abend mit netten Leuten war das! Mit indischem Essen und Diskussionen, mit Bowle und Weißwein. Sechseinhalb Stunden später bin ich wieder zurück gelaufen. Da das vorhergesagte Nordlicht ausgeblieben ist, war ich auch relativ schnell wieder zu Hause.

1. In der Natur sein: Gestern Vormittag habe ich eine Wanderung zu Fuß gemacht. Im weglosen Wald ist das sehr lustig, weil größere Teile der Schneedecke gut tragen, man aber immer mal wieder bis zur Hüfte im Schnee steckt. Die Elche laufen ja auch gerne Wege, aber haben mit Tiefschnee keine Probleme, obwohl die einzelnen Fußabdrücke auch ganz schön tief sein können.

Auf der Ostsee hingegen war es viel leichter zu gehen, da auf den offenen Eisflächen wesentlich weniger Schnee liegt. Dieses Mal bin ich zu einer winzigen Insel namens Brottören gelaufen. An einigen Stellen hat das Eis ziemlich geknackt. Ich zucke dann jedes Mal ein bisschen zusammen, obwohl das Knacken eher damit zusammenhängt, dass es wieder kälter wurde. Und auf der Insel Storgrundet stand sogar ein Kombi am Strand geparkt, den jemand vom nahen Festland über das Eis gefahren hat. Soviel zur Eisdicke.

Gerne wäre ich zu den Eisbergen, die man am Horizont flimmern sehen konnte gelaufen. Aber die waren mindestens drei Kilometer entfernt und ich hatte keine Ahnung, wie dick und tragfähig das Eis dort draußen auf der offenen See ist.

Gestern Abend: München Flughafen + 8°C, Skellefteå Flugplatz: -21 °C. Hier war es also fast dreißig Grad kälter. Inzwischen war aber der Winter auch nach Deutschland unterwegs und hat Kälte und Schnee mitgebracht.

Flaggentag

Als ich heute in Skelleftehamn (ich habe zu Hause gearbeitet) zum Essen gefahren bin, habe ich gesehen, dass an der großen Flaggenstange gegenüber von ICA die schwedische Flagge im Wind wehte. Nanu, dachte ich, es ist weder Ostern, noch Mittsommer, noch Weihnachten, dann kann es ja fast nur mit Königs zu tun haben. Und richtig – im Blog Schwedenstube erschien just heute der Artikel Flaggentage in Schweden und dort stand unter dem 12. März Kronprinssesans namnsdag (Namenstag der Kronprinzessin).

Wisst Ihr, wann Ihr Namenstag habe? Ich nicht. Im Gegensatz zu Deutschland spielen Namenstage in Schweden eine wesentlich größere Rolle. Und an den Namenstagen des Königs, der Königin und der Kronprinzessin ist ein sogenannter Flaggentag, an dem die schwedischen Flaggen gehisst werden. Denn im Gegensatz zu den Wimpeln ist es streng festgelegt, an welchen Tagen, zu welchen Uhrzeiten, abhängig von Sonnenstand und Breitengrad die Flaggen gehisst werden.

Ich stelle mir belustigt vor, wie es wäre, wenn Deutschland plötzlich einen König hätte und an seinem Geburtstag alle Deutschlandflaggen gehisst werden. Völlig unvorstellbar! Auch wenn ich die schwedische Flagge hübsch finde, sind mir Nationen und Nationalitäten ziemlich egal. Wenn es aber irgendwann eine gemeinsame Weltflagge gibt, wer weiß, vielleicht stelle ich mir dann auch einen Flaggenmast in den Vorgarten.

Auf der Suche nach C/2011 L4

Heute saß ich anderthalb Stunden auf dem Eis. Und schaute in Richtung Westen. Denn dort sollte nach Sonnenuntergang der Komet C/2011 L4 – auch PANSTARRS genannt – zu sehen sein. Der war allerdings auch mit Fernglas beim besten Willen nicht auszumachen. Vielleicht liegt es daran, dass die Sonne hier so langsam untergeht, dass der westliche Horizont noch über eine Stunde lang in rötliches Dämmerungslicht getaucht ist. Selbst die schmale Mondsichel – gerade einen Tag alt – habe ich lange mit dem Fernglas suchen müssen. Erst als es dunkler wurde, war sie mit bloßem Auge zu sehen.

Aber auch wenn ich den Kometen nicht erspäht habe, so war es schön, den Übergang von Tag zu Nacht so in Ruhe beobachten zu können. Das habe ich ewig nicht mehr gemacht. Erst einige Zeit nach Sonnenuntergang kamen Jupiter und Sirius sowie im Zenith der Stern Capella im Fuhrmann zum Vorschein. Selbst, als ich anderthalb Stunden nach Sonnenuntergang wieder gegangen bin, war es noch nicht richtig stockdunkel. Aber für ein kleines Sternenhimmelerinnerungsfoto hat es ausgereicht.

Erst kam ich mir ein bisschen doof vor, als ich mit dicken Wintergummistiefeln, Daunenhose und Canada-Goose-Parka bewaffnet das Eis betreten habe. Ich sah mehr aus, als wollte ich zum Südpol, oder in der kanadischen Arktis unterwegs sein. Aber ich habe wieder feststellen müssen, selbst bei -15 °C kann Kleidung kaum zu warm sein, wenn man so lange still sitzt. Jetzt, um halb zehn, zeigt das Thermometer -19 °C an, diese Nacht könnte also kalt werden.

Nach einer kalten Nacht

Nach einer bis zu -22 °C kalten Nacht hat wieder ein wunderbarer klarer Tag begonnen. Unter dem strahlend blauen Himmel funkelt der Schnee in der Sonne. An den kahlen Bäumen sitzt neuer Raureif und ab und zu weht ein kaum wahrnehmbarer Wind Eiskristalle herunter, die wie Silberstaub in der Sonne glitzern. Die Eisblumen strahlen hell am Fenster des Wintergartens. Schwedischer Winter von seiner schönsten Seite.

All das sehe ich nicht, weil ich frei habe und durch die Natur laufe, sondern von meinem Arbeitsplatz zu Hause aus. Es fällt mir nicht leicht, auf den Bildschirm zu schauen anstatt ständig hinaus.

Habt Ihr denn Schnee?

Wie andere ein Gespräch einleiten mit „Wie geht’s?“, bekomme ich zur Zeit als Erstes oft ein „Habt Ihr denn Schnee?“ zu hören. Ich muss dann jedes Mal ein bisschen schmunzeln.

An der Garage reicht der Schnee bis an die hohen Fenster, nur die eine Seite des Outdoorpools schaut ein bisschen hervor und der Zaun hinter dem Bäumchen ist nur zu erahnen. Gut 80 Zentimeter liegen bei mir hinten im Garten. Und das, obwohl wir zwischendurch schon kräftiges Tauwetter hatten. Ja, Freunde, wir haben Schnee! Und das wird sich die nächsten Wochen auch nicht ändern. Zumal es mit -15 °C (jetzt um 18:00) auch nicht gerade frühlingshaft warm ist.

In der Holzfällerhütte

Dieser Artikel ist Teil der vierteiligen Serie Artikel über Solberget.

Vor kurzem habe ich gemerkt, dass ich noch eine Woche Urlaub übrig habe und habe mich spontan wieder auf Solberget angekündigt, wo ich seit 2005 jedes Jahr wieder war, mal kürzer, mal länger. Da das Gästehaus und der Bauwagen schon belegt waren, hatte ich die urige Holzfällerhütte für mich allein. Das war vielleicht auch ganz gut so, da ich ganz schön erkältet war und so mit meinem Geschniefe und Gehuste keinen gestört habe. Als ich letzten Samstag ankam, habe ich dort erst einmal schön eingeheizt, denn wenn ich erkältet bin, habe ich es gerne warm.

Die HolzfällerhütteDie Holzfällerhütte bei NachtDas Feuer im Ofen brenntFenster der Holzfällerhütte

Und da ich erkältet war, habe ich alles ruhig angehen lassen. Sehr ruhig! Und dennoch war ich auf Skiern unterwegs, mit Schneeschuhen, bei Lars, dem Samen, im Ájtte in Jokkmokk. Und Polarlicht gab es auch. Nur die holzbeheizte Sauna habe ich mir dieses Mal gespart.


Mit Freunden, die inzwischen in Südschweden leben, habe ich am Montag eine Skitour zum Slättberg, einem verlassenen Hof in Solbergets Nähe, gemacht. Gerne wüsste ich die Geschichte, warum die Bewohner ihren Besitz so übereilt verlassen haben und die Häuser jetzt immer mehr verfallen. Inzwischen sind auch größere Teile des Fußbodens im Haupthaus eingestürzt und es war vielleicht das letzte Mal, dass ich den alten Kinderwagen fotografieren konnte.

Offener Bach auf dem WegDer SlättberghofAlles verfälltIm Wohnhaus

Am Abend stand ich lange draußen, um den Kometen PANSTARRS zu entdecken. Als ich dachte, er sei schon längst untergegangen, hat ein astronomieinteressierter Gast ihn am Westhimmel ausmachen können. Mit meinem kleinen russischen Feldstecher, den ich immer im Auto habe, konnte man den sonnenabgewandten Schweif gut erkennen. So bin ich noch länger draußen geblieben, um den Kometen zu fotografieren, auch wenn unser Wunsch eines zeitgleichen Polarlichts sich nicht erfüllte.

PANSTARRS über SolbergetDer Komet C/2011 L4 (PANSTARRS)

Vielleicht ist Euch aufgefallen, dass auf den Bäumen kein Schnee liegt. Das liegt daran, dass die Tage inzwischen genauso lang sind wie in Mitteleuropa und die Märzsonne schon viel Kraft hat, jeglichen Schnee von den Bäumen herunter zu schmelzen. Zum Vergleich einige Fotos von Solberget im Februar letzten Jahres.

Morgen, am Sonntag, schreibe ich mehr.

Sápmi

Dieser Artikel ist Teil der vierteiligen Serie Artikel über Solberget.

Wenn man auf dem Solbergethof ist, so ist man natürlich in Nordschweden, aber auch in Sápmi, dem Siedlungsgebiet der Samen, welches sich von Norwegen und Schweden bis nach Finnland und Nordrussland erstreckt. Und einer von Solbergets Nachbarn, der gut vierzig Kilometer weit weg wohnt, ist Lars, der Same, der in den fünfziger Jahren aktiv Rentierzucht betrieben hat.

Er war schon oft auf Solberget zu Gast, um über die Rentierzucht und das Leben der Samen zu erzählen. Jedes Mal erzählt er wieder Neues und ich könnte ihm stundenlang zuhören. Dieses Mal sind wir zu ihm gefahren und haben ihn seinem kleinen urgemütlichen Café gesessen und er hat erzählt. Dieses Mal über die heutigen Probleme mit den Raubtieren, die viele Rentiere reissen, aber durch die EU geschützt sind. Die Samí dürfen diese Tiere selbst dann nicht töten, wenn sie damit nur ihre Herde verteidigen. Ebenfalls erzählte er über Kirche und Staat, die früher aus den Samí Schweden und Christen machen wollten. Die samische Religion wurde verboten, die Kultur wurde verboten und die Sprache wurde verboten. Da vor allem die samischen Männer aber Teile des Jahres nomadisch lebten und Pastoren und Amtsmänner weit weg waren, konnten der Joik und die Sprache überleben. Viele Samen heutzutage sprechen ausschließlich schwedisch, aber es gibt mehrere samische Schulen, eine davon im nahen Jokkmokk, in denen die samische Sprache gelehrt wird.

Lange waren wir bei Lars, haben seine Rentiere bewundert, sehr leckeren Moltebeerenkuchen gegessen, ihm zugehört und jede Menge Fragen gestellt und zum Schluss auch noch den winzigen alten Laden besucht, in dem Lars’ Frau alte Sachen zeigt, die sie über viele Jahre gesammelt hat.

Lars mit RentierRentierportrait
Lars’ gemütliches CaféDer alte Kaufmannsladen

Man sollte einen Samen übrigens nie fragen, wie viele Rentiere er hat. Da die Rentiere das Vermögen darstellen, wäre es das gleiche, als fragte man, wie viel Geld jemand auf dem Konto hat. Natürlich bekommt Lars die Frage dennoch oft zu hören und hat immer eine ausweichende Antwort parat.

Am nächsten Tag habe ich mit Freunden aus Südschweden eine Schneeschuhtour gemacht. Ehrlich gesagt ist das nicht so mein Fall. Sie haben zwar den Vorteil, dass man Berge einfacher hochlaufen kann als mit den Holzski, aber ich vermisse die gleitenden Bewegungen des Skilaufens und komme mir immer ein bisschen tapsig und unbeholfen vor. Auch die Skispuren finde ich schöner als die dicken Abdrücke der langen und breiten Schneeschuhe. Aber im Grunde ist mir das draußen sein wichtig und nicht, was ich unter die Füße geschnallt habe. Und da sollte man etwas haben, denn im hüfttiefen Schnee würde man ohne Ski oder Schneeschuh nicht weit kommen.

SchneeschuhspurenSchneeschuhwandern

Am Abend war ich wegen der Erkältung sehr früh wieder in der Holzfällerhütte, um zu schlafen, wurde aber netterweise wieder schnell geweckt, denn draußen war Polarlicht. Ich konnte noch ein paar Fotos machen, ehe das Polarlicht wieder schwächer wurde. Aber schon alleine der klare Sternenhimmel über dem tief verschneiten Hof ist wunderwunderschön.

PolarlichtPolarlicht über der Sauna

Klarer Sternenhimmel über Solberget

Am Donnerstag waren wir in Jokkmokk, um das Ájtte, das Samenmuseum zu besuchen. Hier kann ich mich stundenlang aufhalten, denn ich finde das Museum sehr informativ, schön gemacht und gerade richtig groß. Bis zur letzten Sekunde sind wir im Museum geblieben, ehe wir wieder nach Solberget zurückgefahren sind.

Ájtte – eIn DorfmodellÁjtte – geschnitzte MesserscheideÁjtte – SchamanentrommelÁjtte – bemaltes Trommelfell

Am nächsten Tag bin ich wieder nach Hause gefahren und habe genossen, dass dieser schöne Platz nur vier Stunden von meinem Haus entfernt liegt. Aber zu Hause sein ist auch schön und gleich werde ich hinausgehen, denn wie schon fast die gesamte Woche ist auch der heutige Sonntag klar und sonnig.

Die Insel der Schneemobile

Heute war Winterbaden in Kåge, das ist zehn Kilometer nördlich von Skellefteå an der Ostsee. Das Winterbaden selber habe ich mir geschenkt, denn ich bin froh, dass meine Erkältung gerade am verschwinden ist und wenn man einen Infekt hat, sollte man nicht winterbaden.

Statt dessen hatte ich meine Skier mit und bin auf dem Kågefjärden zur Insel Bastuholmen gelaufen. Im Gegensatz zu Skelleftehamn, wo man meistens alleine ist, war hier richtig viel los: Skifahrer und Fussgänger, mit und ohne Hund waren auf dem dicken Ostseeeis unterwegs und genossen die warme Märzsonne. Ich bin an der kleinen Insel „Yttre Björkögrundet“ – auf deutsch in etwa „Äußere Birkeninseluntiefe“ vorbei zur Insel Bastuholmen gelaufen. Als ich dort das letzte Mal war, war dort viel los, denn es war Mittsommer. Dieses Mal war kaum weniger los, dutzende Schneemobile waren dort geparkt, Erwachsene saßen auf dem Eis und schauten in die Sonne, während die Kinder auf Rodelschalen den kleinen Hang hinuntersausten. Vor allem aber wurden Kinder auf einem Schlitten hockend oder in einer Rodelschale liegend spazieren gefahren. Dazu wurde ihr Schlitten oder Schale einfach an einer Schnur ans Schneemobil festgebunden und unter heulenden Motorgeräuschen über das Eis gezogen. Damit das ganze noch lustig ruckelt, haben manche Erwachsene immer wieder gebremst, Gas gegeben, gebremst und wieder Gas gegeben so dass die Geräuschkulisse manchmal eher einem Motocrossrennen ähnelte als einem ruhigen, warmen Frühlingswintertag draußen auf dem Eis.

Mir scheint, die meisten Schweden sind gegen Motorenlärm immun, Rasenmäher, Skooter und Kettensägen können sie gekonnt ausblenden, während sie plaudernd Fika – Kaffeepause – halten. Mir fehlt dieses Gen und mich nervt die Geräuschkulisse. Und fand ich es anfangs schön, so viele Menschen zu sehen, so habe ich mich bald wieder nach ein bisschen mehr Ruhe gesehnt. Die habe ich hinter der Insel gefunden, denn dort war fast kein Mensch mehr und nur die fernen Echos des Skootergeheules waren noch zu hören.

Auf dem KågefjärdenSchneemobile vor Bastuholmen

Noch etwas habe ich heute gesehen, weit oben am Himmel: Zwei weiße Möwen schwebten über den Kågefjärden. Normalerweise ziehen alle Meeresvögel im Winter weiter in den Süden, wo sie offenes Wasser finden. Vielleicht waren die beiden Möwen nur ein bisschen eigenbrötlerisch und sind hier geblieben, vielleicht kündigen sie aber auch den Frühling an.

Und – was soll ich sagen – ich freue mich auf den Frühling, auf offenes Wasser, auf das Kajak fahren. Und das mir, dem Winterfan, nach erst knapp vier Wintermonaten! (Familie K aus O, sogar mir reicht es irgendwann mit Schnee und Winter. Kaum zu glauben, oder?)

Über das Meereis – zwischen Angst und Faszination

Um Punkt fünf ging heute die Sonne auf. Da habe ich aber noch geschlafen, aber um halb sieben war ich wach, habe schnell gefrühstückt und dann Kamera und Skier geschnappt, denn das Wetter war – wie eigentlich fast den ganzen März schon – herrlich. Die Frühlingssonne schien von einem klaren, blauen Himmel und die -11 °C kühle Morgenluft wurde schon bald auf leichte Plusgrade erwärmt.

Neu ist, dass ich die Skier erst ein Stück tragen muss, denn auch die Nebenstraßen sind eis- und schneefrei und nur die meterhohen Schneewälle an den Straßenrändern zeigen, dass der Winter schneereich war und noch nicht vorbei ist. Doch bald schon habe ich die Skier untergeschnallt, bin den Schnee hochgestiegen und auf dem verharschten Frühjahrsschnee durch den Wald in Richtung See Snesviken gelaufen. Danach musste ich mich ein bisschen durch das Gestrüpp schlängeln, dann stand ich an der Ostsee.

Die Ostsee ist immer noch, so weit das Auge reicht, mit Eis und Schnee bedeckt. Mein Blick fiel auf die Insel Medgrundet, die etwa zweieinhalb Kilometer vom Festland entfernt liegt. Ein schönes Ziel für den heutigen Tag! Vor Medgrundet liegt Själagrundet, kaum mehr als ein flacher Felshügel im Meer. Zwanzig Möwen umkreisten das Eiland. Es ist schön, nach vielen Monaten wieder die Möwen kreischen zu hören.

Wenn es draußen kalt ist, habe ich das Meer meistens für mich alleine, aber heute waren auch andere auf dem Eis unterwegs. Ein Skiläufer mit drei Hunden lief, weit entfernt am südöstlichen Horizont, das Festland entgegen. Hinter der Insel Medgrundet stand ein Skooter, bewährtes Transportmittel der Eisfischer. Und dann, weit, weit draußen auf dem Meer sah ich die ersten Schlittschuhläufer, die mit ihren „Långfärdsskridskor“, Schlittschuhen, bei denen wie beim Langlaufski die Ferse frei ist, in großen Schwüngen über das Eis glitten.

Blick auf MedgrundetSchlittschuhläufer

Und nicht weit hinter Medgrundet war das erste Blankeis zu sehen. Im Gegensatz zum milchig-trüben Eis, welches durch gefrierendes Schmelzwasser entstanden ist, ist dieses Eis so klar, dass man teilweise bis auf den felsigen Grund schauen kann. Zahlreiche Sprünge durchziehen das Eis, an denen man sehen kann, dass es mindestens zwanzig Zentimeter dick ist. Also eigentlich kein Grund, beunruhigt zu sein.

Blankes Eis auf der OstseeSprünge ziehen sich durch das Blankeis

Doch die Geräusche, die haben es in sich. Das Meer tönt! Tiefste, sonore Bassklänge scheinen unter dem Eis hin- und her zu wandern. Sie werden immer wieder von peitschenartigen Knallen überlagert, deren tiefe, wummernde Echos sekundenlang nachklingen. Manchmal ist der Knall so stark, dass ich meine, die Vibrationen des Widerhalls unter meinen Skiern spüren zu können. Ich habe den Eindruck, das Meer lebt und atmet in seinem eigenen langsamen Rhythmus.

Ich bin hin- und her gerissen. Ich möchte noch bleiben, weitere Fotos machen und dem Pulsieren des Meeres nahe sein. Ein anderer Teil von mir hat ganz einfach gesagt Schiss! Ich habe Angst, dass das Meer aufreißt und ich mich plötzlich im Wasser wiederfinde oder auf einer Eisscholle sitzend nach Finnland segele. Da nützt es auch wenig, dass ich weiß, dass Eis schon ab 18 cm auch Autos trägt.

Ein Schiff am HorizontSchließlich reiße ich mich los und laufe in einem Bogen weiter. Unter dem schneebedeckten Eis höre ich keine Geräusche mehr, vermutlich ist das Eis älter und noch wesentlich dicker. Doch irgendwo da draußen ist auch die Fahrrinne, denn am Horizont schiebt sich ein großes Schiff südostwärts. Weiter in Richtung Norden ist ein kleiner Leuchtturm zu sehen, da möchte ich noch hin.

Der Leuchtturm ist allerdings weiter als gedacht und steht nicht auf der kleinen Insel Snusan, sondern auf der Insel Kågnäshällan, die noch weiter nördlich, aber fast wieder am Festland ist. Nach drei Kilometern Skilaufen bin ich da. Unterwegs sehe ich immer wieder Eisfischer, Skiläufer und, weit draußen auf dem Blankeis, die Schlittschuhläufer. Die Insel Kågnäshällan ist teilweise schon eis- und schneefrei und auf einem der großen, mit Flechten bewachsenen Felsen mache ich eine kleine Pause.

Der Leuchtturm auf KågsnäshällanDer Leuchtturm auf KågsnäshällanFlechten bedecken die FelsenBlick zurück

Dann laufe ich noch ein wenig weiter nach Norden, denn ich bin neugierig, ob dort schon Långhällan liegt, wo ich Mitte Januar schon einmal war, allerdings mit Auto und Schneegestapfe. Es ist tatsächlich Långhällan, so weit war ich noch nie mit Skiern von zu Hause unterwegs und ich fühle mich mächtig sportlich, auch wenn die einfache Strecke nur acht, neun Kilometer sind. (Andere laufen den Vasalauf, das sind 90 Kilometer am Stück!)

Auch bei Långhällan sind schon blanke Felsen zu sehen und eine kleine Kiefer schmilzt sich tapfer durch den tiefen Schnee.

Nackter Fels vor LånghällanDurchgeschmolzen

Über das EisGerne wäre ich noch weiter gelaufen, doch mein Proviant war begrenzt und so habe ich mich auf den Rückweg gemacht. Anfangs war das Skilaufen noch langsam, denn selbst auf dem flachen Packeis muss man schauen, wo man mit den Skiern am Besten entlangkommt, während die Dinger auf dem blanken Eis in alle Richtungen gleichzeitig wollen, wenn man keine X-Beine macht, um mit den inneren Stahlkanten ein wenig Halt zu bekommen. Doch südlich der Insel Medgrundet war das Eis glatt und schneebedeckt, dort glitten die Skier wieder gut, denn trotz der warmen Sonne war der Schnee immer noch so kalt, dass er nicht unter den Skiern klebte.

Meterhohes PackeisMuster im Blankeis

Zum Schluss möchte ich noch ein abstraktes Foto zeigen, welches ein bestimmtes Muster im Blankeis, welches ich an verschiedenen Stellen gesehen habe, abbildet. Ich musste dabei an ein bisschen an die abstrakten Bilder meiner Mutter denken, vor allem an Arun 1.

Für meine Ma

Ein bisschen Polarlicht

Kaum habe ich den Artikel „Über das Meereis“ zu Ende geschrieben, schaue ich noch einmal hinaus: Polarlicht. Dieses Mal nehme ich das Auto und laufe zu Fuß über das Ostseeeis zur nahen Insel Storgrundet. Dort sitze ich und schaue dem schwachen Polarlicht zu. Die Hauptfrage ist immer: Wie lange warte ich noch? Dieses Mal hatte ich nach einer Stunde genug, richtig in die Gänge gekommen ist das Polarlicht leider nicht. Die Nebenfrage ist immer: Sollte ich in der Nacht noch einmal rausschauen oder lieber in Ruhe schlafen?

Auf den Langzeitbelichtungen sehen die Polarlichter aber immer schön aus, selbst wenn sie live viel blasser und fahler wirkten.

Polarlicht über der Ostsee

Gåsören im Winter

Nach der längeren Tour gestern bin ich es heute ein bisschen gemütlicher angegangen. Mit dem Auto bin ich das kurze Stück zur Lotsenstation gefahren, habe mir dort die Skier angeschnallt und mich auf den Weg zur Insel Gåsören gemacht. Auf diesem Weg ist die Insel keine zwei Kilometer entfernt und schon vom Festland aus war der Leuchtturm und die wenigen anderen Gebäude gut zu sehen. Langsam kam die Insel näher. Mit rot-weiß-geringelten Leuchttürmen verbinde ich immer Urlaub, Sandstrand und salzige Luft. Sandstrand und salzige Luft sucht man hier eher vergebens und wenn ich den Kopf nach rechts drehe, sehe ich das Schmelzwerk auf der Halbinsel Rönnskär. Aber das gehört ja irgendwie auch zu Skelleftehamn dazu.

Insel Gåsören voraus!Rechterhand die Halbinsel Rönnskär

Bald war ich auf der Insel und habe ein paar Touristenfotos von dem Leuchtturm und dem alten Leuchtturmhaus gemacht.

Der LeuchtturmDas alte Leuchtturmhaus

Hinter dem Leuchtturmhaus leuchtete es türkis, denn dort haben sich große Haufen grünblaues Packeis gestapelt, die hell in der Sonne glitzerten.

Packeis am OstuferPackeis Detail

Auf den Fotos sieht das Packeis längst nicht so imponierend aus wie in Natura, zumal die Größenvergleiche fehlten. Die Haufen waren etwa drei Meter hoch. Dahinter lag eine von herausragenden Eisschollen unterbrochene Eisfläche und dahinter, ich traute kaum meinen Augen, das offene Meer. Das habe ich lange nicht mehr gesehen. Lange habe ich eine Eisscholle anvisiert, bis ich sehen konnte, dass diese sich wirklich langsam bewegt. Das zweite Foto ist mit 300mm Tele aufgenommen, das offene Wasser war also noch beruhigend weit weg.

Eisscholle mit eingeschlossenen LuftbläschenOffenes Meer am Horizont

Ich habe ausgiebig Pause auf der Insel gemacht, weil die Sonne so schön warm vom Himmel schien, auch wenn die Lufttemperaturen kaum die Null Grad überschritten. Erst saß ich an der Eiskante und schaute auf das leuchtende Packeis, dann saß ich noch auf einer der schneefreien Holzbänke an einem der Häuser. Mütze und Handschuhe habe ich zwar noch dabei, brauche sie aber nicht mehr. Froh war ich aber über die Sonnenbrille, die ich gestern vergessen hatte. Und über Wasser und Schokolade („Frukt och Mandel“) natürlich auch. Nach der Pause habe ich mich auf den Rückweg gemacht und mich gefreut, wie schön die Skier glitten und wie gut ich vorwärts komme. Nach zweieinhalb Stunden war ich wieder am Auto und wenige Minuten später zu Hause. Eine kurze und schöne Ostertour.

Haufenweise Schnee

ich

So sah es heute Abend in Skelleftehamn aus. Die bis zu vier Meter hohen Schneehaufen wurden von den kommunalen und privaten Schneeräumfahrzeugen und Traktoren den ganzen Winter über zusammengeschoben, um die Straßen und Einfahrten schneefrei zu halten. Und dort, an den Straßenrändern, auf den Grünstreifen und am Waldrand liegt der Schnee dann. Und liegt. Und liegt. Ich bin gespannt, wann das letzte bisschen Schnee hier verschwunden ist und der erste Huflattich blüht.