Nach dem schönen Jubiläumsfest in Solberget habe ich mich nach Nattavaara zum Bahnhof bringen lassen und bin mit dem Zug nach Narvik gefahren, wo ich Elisabet, eine Freundin besuchen wollte.
Die vierstündige Bahnfahrt ist wirklich sehenswert: Man fährt erst durch Wald und Moor, dann hat man immer mehr Blick auf die Bergwelt und auf den Torneträsk, den siebtgrößten See Schwedens. In Abisko steigen die meisten rucksackbepackten und gutbestiefelten Reisenden aus, denn hier beginnt neben einigen anderen Wegen auch der Kungsleden, der wohl bekannteste Wanderweg Skandinaviens. Einige kleine Bahnhöfe weiter hält man in „Riksgränsen“, der Landesgrenze. Und dann ist man auch schon in Norwegen und hat bald Blick auf den ersten Fjord.
Kurz gesagt finde ich, dass Narvik eine der hässlichsten norwegischen Städte ist, die ich kenne, mit einer der schönsten Umgebungen, die ich kenne. Was für ein Kontrast! Wenn man klug ist, lässt man bei den Norwegern allerdings nichts über die Hässlichkeit Narviks verlauten, schließlich war es die deutsche Wehrmacht, die 1940 fast die ganze Stadt zerstört hat. Aber wenn man nur ein bisschen das Zentrum verlässt oder das Abendlicht die Stadt illuminiert, gefällt mir auch Narvik wieder ganz gut.
Auf den Reinnes
Elisabet hat sich zwei Tage freigenommen und so konnten wir zwei schöne gemeinsame Touren unternehmen. Am Donnerstag führte uns der Weg auf das . Der Weg dauerte länger als ich vermutet hatte, aber das ist kein Wunder, denn die Wege in Norwegens Norden führen selten geradeaus, sondern winden sich durch die von tiefen Fjorden und hohen Bergen geformten Landschaft. (Über die Verkehrsschilder „Kurvenreiche Strecke“ musste ich lachen, da reicht eigentlich ein Schild für ganz Nordnorwegen.)
Ganz auf den Gipfel haben wir es nicht geschafft, zum einen war das Gelände recht steil und nur eine große Steinfläche, zum anderen war es sehr stürmisch. Aber weiter unten war es ohnehin leichter, eine windgeschützte Stelle für unsere Mittagspause zu finden. Und die Aussicht war dort auch grandios. Bloß um den Gletscher Frostisen zu sehen, mussten wir aufstehen.
Auf dem Rückweg sind wir noch einige Kieswege gefahren. Es gibt wohl kaum ein Tal dort, wo nicht irgendwo ein kleines Wasserkraftwerk ist. Und zu Wasserkraftwerken gehören Stromleitungen und ein Kiesweg dorthin. Manche Wege führen viele Kilometer durch die karge Berglandschaft, einige davon bis nach Schweden.
Nach Harstad
Für den nächsten Tag war in Narvik Dauerregen vorhergesagt. Genau wie für Tromsø, für Abisko, für Bodø. Elisabet mutmaßte, dass weiter westlich in Richtung Atlantik das Wetter besser sein könnte. Als Ziel haben wir uns die Stadt Harstad auf der Insel Hinnøya ausgesucht. Und tatsächlich, auf der Autofahrt hörte der Regen auf und irgendwann kam sogar die Sonne heraus.
Ich finde, dass Harstad das ziemliche Gegenteil von Narvik ist. Hier habe ich mich sofort wohlgefühlt. Der Blick auf den Hafen, die Fußgängerzone mit verschiedenen Geschäften und das ganze Flair haben mir gut gefallen. Und – kann eine Stadt mit eigenem Kajakgeschäft schlecht sein?
Nach einem Mittagessen (Chili con Carne für 99 Kronen, also 13,50 Euro fand ich überraschend günstig für Norwegen) sind wir in den Nordwesten der Insel weitergefahren, um eine kleine Wandertour auf den zu machen. Es war nicht einfach, nach der Beschreibung in der Werbebroschüre den Weg dorthin zu finden, da diese es mit links—rechts oder erster See—dritter See nicht ganz so genau nahm. Aber wir hatten Glück (und GPS) und haben den Weganfang gefunden.
Über ein kleines Moor führte ein Weg erst durch einen Birkenhain, dann über das baumlose Fjell an einem See vorbei auf den überraschend nahen Gipfel, der dort steil in den Kasfjorden abfällt. So hat man dort wunderschöne Blicke über Fjell und Fjord.
Der Rückweg nach Narvik hat lange gedauert, auch weil ich uns durch Nebenstrecken gelotst habe. (Wunderschön!) Außerdem habe ich eine kleine Muschelsammelpause an einer großen Sandbucht gemacht. Ein Paradies für Sammler: 10 Zentimeter große Island- und Kammmuscheln liegen dort zuhauf herum. Dort hätte ich Stunden zubringen können. Gegen halb elf waren wir wieder in Narvik. Und im Regen.