Skitour – Vom Wald ins Kahlfjäll
Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Fjälltour 2013.
Freitag, 25. Januar
Es ist zwölf Uhr. Nach knapp zweistündiger Fahrt stehen wir am Parkplatz Vålådalen und packen unsere Pulken und Skier aus dem Auto. Das Wetter ist schön. Bald liegt das abgeschlossene Auto in unserem Rücken und Jonas und ich starten nach vier Jahren unsere zweite Wintertour. Die ersten hundert Meter sind eben und die voll gepackten Pulkas lassen sich mühelos ziehen. Auch die erste Miniabfahrt funktioniert; die Zuggestänge sorgen dafür, dass die Schlitten einem nicht in die Hacken fahren. Die ersten Anstiege hingegen fordern: Wir wollen nach vorne, die Pulkas nach unten und es ist gar nicht so einfach, auf den teilweise recht schmalen Wegen die V-Schritte groß genug zu machen, um vorwärts zu kommen. An einem kurzen, aber steilen Anstieg schnalle ich einfach die Skier ab.
Aber heute ist unser Weg nicht weit, denn die Sonne geht schon kurz nach halb vier unter. Auf einer kleinen Lichtung bauen wir das erste Mal das Zelt auf. Es dämmert, wird dunkler und bald sind Jupiter und die ersten Sterne zu sehen, während der fast volle Mond das Zelt bescheint. Jonas kocht: Linguine mit Pesto und Salami (Ja, wir haben gut und reichlich eingekauft). Früh, sehr früh gehen wir ins Bett. Das Thermometer zeigt -21 °C.
Samstag, 26. Januar
Spät sind wir losgekommen. Zum einen dauert es, bis genug Schnee geschmolzen ist, um vier, fünf Liter kochendes Wasser für Tee und Müsli zu erhalten, zum anderen wollen Schlafsack, Isomatte, Kocher, aller Kleinkrams und schließlich auch das Zelt wieder verpackt sein. Außerdem mochte mein kleiner Dreieurowecker die Kälte nicht und ging eine gute Stunde nach.
Was für ein schöner Tourtag! Erst laufen wir weiter durch den Wald. Dieser Teil ist für Skooter gesperrt und dadurch ist der Winterweg, wenn auch markiert, viel naturbelassener. Allerdings geht es langsam, aber stetig bergauf und ich ziehe bald meine Felle auf. Diese verhindern, dass man zurück rutscht, wenn die Pulka wieder zurück nach unten möchte. Warm ist es geworden, nur noch einige Grad unter Null. Um viertel nach eins machen wir eine Pause und lassen uns die Sonne ins Gesicht scheinen.
Keine zwei Stunden später sind wir an der Baumgrenze. Vor uns liegt das Kahlfjäll. Ab und zu sieht man noch eine kleine Birke, sonst ist alles baumfrei. Nur an den Kuppen, an denen der Wind den meisten Schnee weggeblasen hat, sieht man einige Bodendecker durch den Schnee schimmern, ansonsten beherrschen nun Fels, Schnee und Eis die Bergwelt.
Die Sonne geht langsam unter und wir suchen einen neuen Zeltplatz. Bald hat Jonas eine wunderschöne, windgeschützte Stelle gefunden. Die Nacht ist sternenklar und der helle Vollmond bestrahlt die Berge. Lange stehen wir draußen, schauen und fotografieren. Die Temperaturen liegen bei -12 °C.
Sonntag, 27. Januar
Wir haben uns vorgenommen, eine große Runde bis zum Helags zu laufen, deswegen klingelt der Wecker schon um sechs. Der Vollmond steht über den Bergen. Wir schauen, wie er langsam hinter den Kuppen verschwindet. Nun erleben wir eines der schönsten Lichterlebnisse, welches ich je in der Natur hatte: Als der Mond schon hinter den Bergen ist, sieht man immer noch diffuses Licht über dem Berg. Es flackert hin und her, wird stärker, wird schwächer und ab und zu blitzt es auf und bescheint strahlend hell die gesamten Bergkuppen von hinten, um dann wieder zu einem schwach pulsierendem Leuchten abzunehmen. Wir stehen still und schauen gebannt auf dieses Naturschauspiel.
Nach einiger Zeit ist das Mondlicht nicht mehr zu sehen und es wird langsam heller. Wir brechen bei schönem, klaren Wetter auf, doch in verblüffend kurzer Zeit ist der Himmel wolkig und es wird windig. Natürlich kommt der steife Wind von vorne. Es geht jetzt längere Passagen aufwärts und mich – der zur Zeit ziemlich untrainiert ist – strengt das Pulka ziehen ziemlich an. Auch Jonas hat inzwischen Felle aufgezogen, dennoch kommen wir nur langsam vor- und aufwärts. Da kommt die Haupthütte der Vålåstugorna (Stugorna heißt „Die Hütten“) gerade recht, um eine windgeschützte Pause zu machen.
Hier treffen wir auf zwei Jäger, die fünf Jagdhunde dabei haben, sowie einen Mann aus Åre, der eine Tagestour mit seinen beiden Huskys macht. Wir machen eine Pause, trinken Tee, essen Studentenfutter und beschließen, doch nicht die große und sehr ambitionierte Runde über den Helags zu laufen, sondern abzukürzen. Es könnte sonst passieren, dass wir unsere Tour nicht in der uns zur Verfügung stehenden Zeit schaffen.
Noch sitzen wir in der warmen Hütte, doch schon bald laufen wir weiter. Der Sonntag ist noch nicht zu Ende …