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Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

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Baby, baby, baby oh!

Vor einiger Zeit schwirrten in den sozialen Medien Links zu einigen Youtube-Videos herum, in denen drei junge Musiker unfassbare Covers von bekannten Popsongs, wie „Rolling in the deep“ von Adele oder „Baby“ von Justin Bieber spielen. Mir haben diese abgefahrenen Arrangements von „Dirty Loops“ direkt schon beim ersten Hören unfassbar gut gefallen und immer wieder habe ich mir die Stücke angehört und jedes Mal sofort gute Laune bekommen.

Als ich im Internet ein bisschen geschaut habe, wer Dirty Loops überhaupt ist, erlebte ich eine Überraschung: Die Musiker sind Schweden und haben zusammen in Stockholm studiert. Doch anstatt einer Schwedentour – worauf ich gehofft habe – verschwand das Power-Trio erst einmal im Studio, um die erste CD aufzunehmen.

Aber heute hatte ich Glück, denn Dirty Loops spielte heute in Piteå, gerade 100 Kilometer von Skelleftehamn entfernt. Das war mit 40 Minuten eines der kürzesten Konzerte, welches ich je gehört habe, aber auch eines der Besten. Das Trio wurde von den geschätzt 300 Zuhörern in dem vollbesetzten großen Saal des acusticum in Piteå wie Popstars empfangen und ich habe selten Konzerte erlebt, die gleichzeitig so intelligente Musik bieten und so viel Spaß machen. Die Kombination von extrem tighten Grooves, strangen Harmonien, hoher Virtuosität und unglaublich originellen Details hat mich sehr angesprochen. Weltklasse!

Doch genug davon. Denn ich liebe es, Musik zu spielen, finde es toll, Musik zu hören, aber über Musik zu schreiben, da halte ich es mit folgendem Spruch

Writing about music is like dancing about architecture.

unbekannter Autor

Ich hatte die Erlaubnis, bei den ersten drei Stücken zu fotografieren. Ich freue mich darüber, dass ein paar Erinnerungsschnappschüsse entstanden sind, aber das nächste Mal höre ich glaube ich einfach wieder der Musik zu, denn so richtig dabei war ich bei den ersten drei Stücken doch nicht.

Jonah: Gesang und KeyboardsHenrik: BassAaron: SchlagzeugDirty Loops in Piteå

Nach vierzig Minuten war da Konzert vorbei. Mit Zugabe. Aber die Länge war genau richtig, denn „Dirty Loops“ betreibt so ein Powerplay, dass man nach dieser Zeit musikalisch satt und zufrieden ist.

Henrik, der Bassist hat mir anschließend erzählt, dass dies tatsächlich das erste richtige eigenständige Konzert unter dem Namen „Dirty Loops“ war. Und dass er ganz schön nervös war. Ich freue mich sehr – fühle mich faktisch ein bisschen geehrt – dass ich bei diesem ersten Konzert dabei sein durfte und immer noch schweben Musikfetzen in meinem Kopf herum. Und wenn es nicht vier Stunden Autofahrt bedeuten würde, dann würde ich mir Dirty Loops morgen noch einmal in Lycksele anhören.

Schneehasenjagd

Heute Nacht sind fünf Zentimeter Schnee gefallen. Wenig genug, um sich keinen Weg vom Haus zur Straße schaufeln zu müssen, aber viel genug, um alles rund und weich mit weißem Neuschnee zu überdecken und so nebenbei auch die vielen hundert Pissmarken der Hunde wieder zu verbergen.

Das wäre ein schöner Tag zum Skilaufen, denke ich und entscheide mich dagegen. Denn diese Woche war mit so vielen Aktivitäten angefüllt, dass ich es heute ruhig angehen lassen möchte. Aber kurz zum Fotografieren wollte ich doch raus. Ich bin mit dem Auto (dekadent) über den verschneiten Weg zum Strand gefahren und von dort aus über das Eis zur Insel Storgrundet gelaufen. Das war ein bisschen seltsam, denn das Licht war so diffus, dass das Auge keinen Halt auf der konturlosen Neuschneefläche fand und man nicht sehen konnte, ob der nächste Schritt auf- oder abwärts geht.

Die schmale Insel ist schnell durchquert und dann hatte ich freie Sicht auf die Ostsee. Ein bisschen kam die Sonne heraus, gerade genug, um das feine Wellenmuster der das Ostseeeis bedeckenden Schneedecke sichtbar zu machen.

Wellenmuster auf der Ostsee

An den dem offenen Meer ausgerichteten Ostufern der Inseln haben sich oft Eiswälle gebildet. Sie sind zwar keine fünf Meter hoch wie vor drei Jahren, aber dennoch immer wieder beeindruckend in ihrem Kontrast zwischen den harschen Figuren des Eises und den weichen Formen des Schnees.

Eiskante vor der Insel Brottören

Mein Plan war eigentlich, ein bisschen herumzuschauen, ein bisschen zu Fotografieren, alles ganz in Ruhe. Doch dann änderte ein flüchtender Schneehase meine Pläne: Gerade noch konnte ich das Tele hochreißen, welches aber leider gerade im Selbstauslösermodus war. So erwischte ich den Hasen nur weit weg und von hinten. Weg war er! Seine Spuren hingegen konnte man in dem Neuschnee ganz prima sehen. Einige Kilometer bin ich den Spuren gefolgt. Über die Insel Brottören, über das Meereis, zur Insel Storgrundet, durch den knietiefen Schnee, durch Gestrüpp, welches für kleine Hasen besser zu durchqueren war als für große Fotografen. Ich habe gelernt, dass Schneehasen in ihrer eigenen Spur zurücklaufen, um den Vorfolger (mich) zu verwirren und auch einmal einen zwei Meter langen Sprung dazwischensetzen. Immer weiter habe ich mich der Küste genähert und fast habe ich erwartet, dass der Hase neben meinem Auto sitzt und ruft „Wo bleibst Du denn so lange?“. Aber im Wald auf Storgrundet waren plötzlich mehrere Spuren zu sehen und das war das Zeichen für mich, dass heute nicht der Tag für ein Schneehasenportrait sein wird.

Also zeige ich hier nur das erste Foto: Schneehase, klein, von hinten. Ausschnittsvergrößerung.

Schneehase, klein, von hinten

2000 Kommentare

Heute habe ich den 2000. Kommentar in meinem Blog bekommen (meine eigenen nicht mitgezählt)! Ich freue mich riesig, dass ich so viel Resonanz von Euch Lesern bekomme.

Ich möchte mich bei Euch bedanken und ich freue mich schon auf die nächsten tausend Kommentare!

Mari Boine in Skellefteå

Manchmal denke ich, dass in und um Skellefteå nicht viel passiert. So lange das Eishockeyteam gut spielt und man im Restaurant jemandem zuhören kann, der Gitarre spielt und singt, scheint man zufrieden hier. Viel Kultur ist hier nicht zu erwarten, dazu ist die Stadt mit etwa 35000 Einwohnern einfach zu klein.

Es ist frech, was ich hier schreibe, denn es gibt hier viele Chöre, Theater, einen Jazzklub, Rockbands, mehrere Kunstausstellungen und manches mehr. Aber vieles geht an mir vorbei, zum einen, weil ich mich zu wenig darum kümmere, zum anderen, weil man hier nicht groß herausposaunt, wenn mal etwas passiert. Die Bescheidenheit der Schweden, die ja an sich sehr sympathisch ist, ist eben nicht immer zweckmäßig, wenn es darum geht, Veranstaltungen zu vermarkten.


Vor einigen Wochen war ich in dem leerstehenden rosa Haus am Busbahnhof und dachte plötzlich an alte Zeiten. Zeiten, in denen ich noch in Großstädten gelebt habe und es immer irgendwelche Kulturinitiativen gab, die irgendwo einen Raum mit zwei alten verranzten Sofas hatten, in dem man sich traf.

Nie hätte ich vermutet, so etwas in Skellefteå anzutreffen, doch siehe: Es hat sich ein Verein gegründet, der das Haus kulturell nutzen möchte, das Theater Bartolini hat dort schon sein Büro und ich fühlte mich von diesem alternativen Charme, weit weg von EU-Fördermitteln, gleich spontan angezogen. Als ich vor ein paar Wochen in dem Haus war, wurde am Vorabend ein Film gezeigt und die improvisierte Leinwand hing noch.

Die LeinwandDer Zuschauerraum

Auch ein Klavier steht im Obergeschoss, welches natürlich standesgemäß fürchterlich verstimmt ist. Ich muss mal genauer schauen, ob man das stimmen kann, denn dann wäre das auch endlich ein Raum, in dem ich mal ein kleines Jazzkonzert in der Stadt geben kann.


Dieses Wochenende haben sich dann die großen Kulturevents geballt. Internationale Aufmerksamkeit fand die gestrige Eröffnung zu Umeås Kulturhauptstadtjahr 2014. Und es wurde aufgefahren: Eis, Feuer, Lichtprojektionen aus ferngesteuerten Hubschraubern, samische Künstler und und und. Ich habe aber gestern Kulturpause gemacht und bin nicht nach Umeå gefahren. Auf „Jesus Christ Superstar“, welches hier am Wochenende gespielt wurde, konnte ich auch gut verzichten, denn diese Art Musical ist nicht meins.

Warten auf Mari BoineAber neben dem tollen Konzert von Dirty Loops am Freitag gab es heute noch ein schönes Konzert, dieses Mal im Nordanåtheater in Skellefteå: Dort ist Mari Boine, die samische Sängerin zusammen mit der Norrbotten Big Band aufgetreten. Gerade noch habe ich es geschafft, zum Konzert zu fahren, denn das begann schon um 18:00. Und es war richtig schön, auch wenn ich aus Musikersicht nicht alles gelungen fand, denn Mari Boines intimer und teilweise fast zerbrechlicher Gesang ging nicht immer gut mit dem großen Klangkörper einer Big Band zusammen. Aber egal, trotzdem ein schönes Konzert und soviel Kultur am Stück (zwei Konzerte in drei Tagen!) habe ich hier noch nicht erlebt, seitdem ich in Nordschweden lebe.

Dichte Woche

Alles toll! Aber zu viel, zu viel, zu viel! Diese Woche in Vergangenheit und Zukunft:

  • Letztes Meeting vor der Winterschwimmmeisterschaft: morgen
  • Neuen Nikonblitz bedienen lernen: die ganze Woche
  • Kammerchor abgesagt (schade, aber …): wäre heute gewesen
  • Mein Formularframework „decaff“ weiter entwickeln: die ganze Woche
  • Diskussionsclub: Donnerstag Abend
  • Diplome für das Winterschwimmen entworfen: gestern
  • Für das Stück „Gömda men inte glömda“ komponiert und Noten ausgedruckt: gestern. Oder vorgestern?
  • Platz auf der Festplatte für neue Photos geschaffen: heute
  • Packen für die Reise nach Finnland: Freitag
  • Meinen Vortrag für „Attraktionskraft Skellefteå“ planen: ein bisschen, hat noch Zeit
  • Winterschwimmmeisterschaft fotografieren: Samstag
  • R unter Mavericks installiert: gestern
  • Startlisten an den Schwimmclub schicken: morgen
  • zwei Proben mit „Gömda men inte glömda“: morgen und übermorgen
  • Ein flexibles CMS mit internen und externen Datenquellen planen: mehrere Wochen …
  • Als Fotograf nach Luleå, Piteå, Kalix, Kemi und Oulu reisen: Samstag und Sonntag
  • Wäsche waschen (oops, beinahe vergessen): gleich!
  • Bau des Eisschwimmbads auf dem Fluss dokumentieren: heute, morgen …
  • csv-Importer für die Winterschwimm-Webseite geschrieben: heute

Und wer ist Schuld daran? Ich, nur ich! Und würde ich es das nächste Mal anders machen? Nein, genau so wieder! Denn ich fühle mich zwar gerade gut überfordert, geniesse es aber auch, zwischen Programmierer, Musiker, Organisator und Fotograf hin- und herzuspringen. Mehrmals täglich. Und da jede einzelne Aktivität Spaß macht (in unterschiedlichen Graden), geniesse ich den selbstgewählten Trubel, vor allem, weil ich weiß, dass er zeitlich sehr begrenzt ist.

Da ich direkt nach der Winterschwimmmeisterschaft ein paar Tage als Fotograf unterwegs bin, wird es hier ein bisschen still sein, bis ich wiederkomme und x-tausend Fotos gesichtet habe. Dann gibt’s hier auch wieder etwas zu sehen und nicht nur zu lesen.

Det ordnar sig …

Warum mache ich mir eigentlich so viel Stress. Det ordnar sig. Dieser Satz scheint mir recht stark in der schwedischen Kultur verankert. Man fragt nicht „Aber was machen wir, wenn …?“ oder „Haben wir auch daran gedacht, was passiert, falls …?“. Wozu auch, det ordnar sig.

Schwedischübersetzung des Tages:det ordnar sig – das löst sich / das wird schon

1

Vorgestern habe ich Schmerzen im rechten Arm und Handgelenk gehabt, gestern war es eher noch stärker. Das gehört zu den Dingen, die man überhaupt gar nicht mag, wenn man Klavierspieler ist. Ich habe gestern mit der „Vårdcentralen“ – dem Gesundheitszentrum Kontakt aufgenommen und am Nachmittag hat ein Krankengymnast zurückgerufen. Heute um neun hatte ich einen Termin: Das Ergebnis: Keine angehende Sehnenscheidenentzündung, kein Golfellenbogen, nur ein bisschen zu verspannt. Wird schon, det ordnar sig. Und es ist heute auch wirklich schon viel besser.

2

Welcher Teufel hat mich eigentlich geritten, heute selbst eine Sensorreinigung bei meiner Nikonkamera zu versuchen? Zwei Tage vor einer Reise, die ich als Fotograf begleite? Ich Idiot! Statt einem Flecken hatte ich nun zweihundertfünfzig auf dem Sensor, damit ist die Kamera erst einmal unbrauchbar. Meine D800 habe ich zur Reinigung weggegeben und bekomme sie erst Ende nächster Woche wieder. Die Reise beginnt übermorgen …

Also habe ich auf Facebook „Panik, ich brauche Hilfe“ geschrieben und prompt bietet ein Bekannter mir an, mir seine Nikon D600 für die Zeit zu leihen. Jemand, zu dem ich kaum Kontakt habe, leiht mir seine 1500-Euro-Kamera für eine knappe Woche. Großartig! Tack så hemskt mycket – Danke so schrecklich viel! Vielleicht hätte ich aber einfach ruhiger bleiben sollen, denn det ordnar sig.

3

Krisentreffen auf dem Eis: Die halbe Eisfläche ist mit 10 – 15 Zentimeter Wasser überschwemmt. Da muss man einen Steg bauen oder etwas anderes tun, denn das ist für Schwimmer, die teilweise in Hausschuhen laufen genauso unbequem wie für Fotografen, die gerne auf dem Eis knien. Nun habe ich heute auch gearbeitet, und hatte eine zweistündige Probe. Und groß körperlich arbeiten mag ich gerade nicht, um Arm und Rücken nicht zu überlasten. Aber ich denke auch, meine Güte, ich bin ja nicht alleine, wir sind ja ein Team, det ordnar sig!


Vor ein paar Tagen ist John Lule angekommen, der Meister der ersten afrikanischen Winterschwimmmeisterschaften. Und heute hat er sein erstes Eisbad hier im Fluss genommen. John ist wirklich tough, vorgestern bei 25 °C ins Flugzeug nach Nordschweden und heute wWinterbaden. Gut, dass es mit -1 °C recht mild war.

Auf dem Weg zum EisbadenZwei Kontinente, ein Eisbad

Noch ein paar Bilder von heute bei den letzten Eisschwimmbad-Bauarbeiten.

Eisstücke und „slush“ werden weggebaggertBaustelle auf dem Eis

Zwei Leitern ragen in die Tiefe

Ab übermorgen bin ich drei Tage lang als Fotograf unterwegs, das wird eine ganz neue Erfahrung und ich bin wahnsinnig aufgeregt, weil mindestens ein echter, ausgewachsener Profifotograf mit dabei sein wird. Aber – glaubt es oder nicht – heute hat die Aufregung schon etwas nachgelassen, denn: Det ordnar sig.

Die Fotos stammen alle aus der geliehenen Kamera. Die D600 macht sich gut und so viel muss ich zum Glück nicht umlernen.

Ein Tag vor dem Winterschwimmen

Ein Tag vor dem Winterschwimmen ist immer angefüllt mit hunderten Aktivitäten. Die Hauptarbeit heute war: Stege bauen, denn über dem Eis war noch mehr Wasser als gestern: bis zu 35 cm! Und so wurden aus Europapaletten und Spanplatten Stege gebaut, damit die Schwimmer gut zum Start kommen und die freiwilligen Helfer und Journalisten trockene Füße behalten. Und sonst: Polizeiabnahme, Leitern montieren, Zelt aufbauen, Diplome abholen, Licht aufbauen, Werbebanner abholen und aufhängen, Sicherheitszäune aufstellen, Kleinkrams kaufen und so weiter und so fort.

Eigentlich sollte ich jetzt für die kurze Fotoreise packen, aber da ich Anna-Carin Nordin (Die zweite Person, die die Oceans Seven geschwommen ist) versprochen habe, Fotos ans Radio zu schicken, habe ich gleich noch ein paar andere Bilder mit bearbeitet:

Eis umgibt das Schwimmbecken

Anna-Carin Nordin, ExtremschwimmerinJohn Lule, afrikanischer WinterschwimmmeisterBlick in die TiefeÜber und unter Wasser

Das Winterschwimmbad – morgen geht’s los

Zurück von einer Journalistenreise

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Journalistenreise mit Boundless Bothnian Bay.

Da bin ich wieder. Zu Hause in Skelleftehamn. Unfassbar müde nach drei extrem intensiven Tagen und der heutigen Rückreise. Nein, viel Schlaf bekommt man wirklich nicht, wenn man erst die Schwedische Winterschwimmmeisterschaft mit organisiert und durchführt und dann direkt auf Journalistenreise ist.

Veranstaltet wurde diese Journalistenreise von dem Projekt Boundless Bothnian Bay, welches die Küstenregion Nordschwedens und Nordfinnlands stärken soll. Neben zehn Journalisten aus Belgien, Deutschland, Finnland, Russland, Schweden und Spanien durfte ich als offizieller Fotograf mitfolgen und hatte so meinen ersten richtig bezahlten Fotografenjob. Ich war ganz schön nervös!

Leider hatten wir ziemlich fürchterliches Wetter: Es war die ganze Zeit konturlos bewölkt, es gab Schneeregen und sogar Regen bei leichten Plusgraden. Also so ziemlich, wie man sich den nordischen Winter nicht vorstellt. Da hatte ich es nicht leicht, schöne Fotos zu machen und dass ich am Sonntag morgen mein Stativ auf dem Eisbrecher vergessen habe, machte die Sache auch nicht leichter. Gut, dass ich noch mein Einbeinstativ dabei hatte.

Aber ich habe schon ein bisschen die 1317 Fotos (das sind dann knapp 33 Gigabyte) durchgeschaut und es sind doch einige gute Fotos dabei. Ich hoffe, dass diejenigen Journalisten, die meine Fotos verwenden wollen zufrieden sind.

Heute schreibe ich aber weder ausführlicher, noch zeige ich Fotos, denn die nächsten Tage muss ich in Ruhe die Fotos sichten, aussortieren, beschneiden, bearbeiten, Staub wegstempeln und dann für die Journalisten und für Boundless Bothnian Bay online stellen. Ich werde versuchen, auch hier im Blog zeitnah Artikel zu schreiben und Fotos zu veröffentlichen. Dann wird es um schmelzende Instrumente, Teletubbies, Leckereien, ein altes Fahrrad und manches mehr gehen.

An jeder Station: Skellefteå — Luleå — Piteå — Kalix — Haparanda/Tornio — Kemi — Oulu — Hailuoto haben wir eine Tüte mit Informationen bekommen und so bin ich nicht nur um dutzende Broschüren, sondern auch um zwei Bücher, zwei Mützen, ein Holzschiff als Schlüsselanhänger, fünf Kugelschreiber, zwei Buffs, zwei Stofftaschen, Süßigkeiten und ein paar andere Dinge reicher. Das Highlight unter den Giveaways: warme Wollsocken aus Oulo!

Giveaways von der Reise

Winterschwimmmeisterschaft 2014

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Journalistenreise mit Boundless Bothnian Bay.

Zum dritten Mal haben wir mit „Mörkrets och Kylans Glada Vänner“ die schwedische Winterschwimmmeisterschaft in Skellefteå organisiert.

Während es zur Meisterschaft 2012 mit -32 °C extrem kalt war und letztes Jahr mit -16 °C „lagom“ kalt, war es dieses Jahr trüb und mit ± 0°C zu warm für Anfang Februar. Einige Schnee- und Schneeregenschauer kamen herunter und Sonne oder blauen Himmel suchte man vergebens.

Und weil es so warm war und der Fluss weiter flussaufwärts immer noch offen war, hatten wir immer noch 10 – 20 Zentimeter Wasser über dem Eis und haben deswegen zusammen mit Handwerkern am Vortag noch einen Steg auf das Eis gelegt, damit Schwimmer, Helfer und Journalisten trockenen Fußes auf den Fluss kommen.


Eröffnet wurde die ganze Veranstaltung von Mieskuoro Huutajat, dem bekannten Schreichor aus Finnland, dessen Performance wirklich sehens- und hörenswert ist und ein schöner Start für diesen besonderen Event war.

Mieskuoro Huutajat auf dem FlussMieskuoro Huutajat: Bäh!SchreiportraitSchreiportrait

Kurz darauf, nachdem die Taucher sich fertig gemacht haben kamen auch schon die ersten drei Wettkämpfer im Bademantel über den Steg zum Start. Kaum waren die Schwimmer im eiskalten Wasser, kam auch schon das Startsignal.

Ein Taucher prüft die Lage unter WasserMit Rentierkappe zum Ziel

Wikingerkampf

Ein Teil unseres Teams hat letztes Jahr eine recht durchgeknallte Veranstaltung organisiert: Die erste afrikanische Winterschwimmmeisterschaft in Jinja, Uganda. Dort wurde das Wasser mit vielen Tonnen Eis, das sonst zum Frischfisch kühlen benutzt wird, auf +6 °C herunter gekühlt. Und John Lule, der Gewinner, wurde von uns eingeladen, an der schwedischen Meisterschaft, die allen Nationalitäten offen steht, teilzunehmen. Nach zwei Übungstagen hat auch er seine 25 Meter geschwommen und Silber in seiner Altersklasse gewonnen. Congrats, John!

John Lule startetJohn Lule

Während wesentlich mehr Frauen als Männer winterbaden, waren bei der Meisterschaft mehr Männer angemeldet. Es ist wohl immer noch so, dass den Männern der Wettbewerb wichtiger ist. Doch bald kamen die ersten Starts mit Frauen aus allen Altersgruppen.

Am StartAm ZielFrauenstart im SchneegestöberWettkampf in jedem Alter

Was ich an diesem Wettbewerb mag ist die Vielfalt der Schwimmer. Während manche am fighten und kämpfen sind, lassen es andere ruhig angehen. Und schaut man sich die Kopfbedeckungen an, so hatten wir ein Rentier, einen Wikinger, eine Trapperin und Kleopatra (mit Baderock!) zu Gast.

Die „Trapperin“ hat warme OhrenAuch Kleopatra schwimmt mit

Zwei Schwimmerinnen sind mit besonders in Erinnerung geblieben: Zum einen I. aus Skelleftehamn, die ruhig und kontemplativ ihre Bahn geschwommen ist, zum anderen I. aus Burträsk, die nach einem Unfall Behinderungen hat und zum Anfang kaum von der Stelle gekommen ist, dann aber mit eisernem Willen die Bahn geschwommen ist. Mit einer Minute zwanzig Sekunden war sie am längsten im Wasser und ist damit meiner Meinung nach die heimliche Gewinnerin des Tages.

I. aus SkelleftehamnI aus Burträsk

Nun waren die Teams am Start, Anna-Carin Nordin ist wieder 450 Meter gekrault und natürlich gab es auch die Zeremonie der Preisverleihungen. Bei all dem war ich aber dieses Jahr nicht mehr dabei, denn die Winterschwimmmeisterschaften waren Auftakt der dreitägigen Journalistenreise, bei der ich als Fotograf mit dabei war. Und während andere noch im Wasser um Bestzeiten kämpften, saß ich erst mit den Organisatoren und Journalisten zusammen zum Mittagessen und dann im gemieteten Reisebus auf dem Weg nach Luleå.

Musik zum Dahinschmelzen

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Journalistenreise mit Boundless Bothnian Bay.

Samstag bis Montag hat „Boundless Bothnian Bay“, ein Projekt, welches die Küstenregion Nordschwedens und Nordfinnland stärken soll, eine Journalistenreise veranstaltet. Zehn Journalisten aus verschiedenen Ländern waren eingeladen, an dieser Reise teilzunehmen und ich war der offizielle Fotograf. So kam ich nicht nur zu einer erlebnisreichen Kurzreise, sondern auch zu meinem ersten bezahlten Fotografenjob.


Samstag mittag: Wir haben Skellefteå verlassen und sitzen im Bus mit Ziel Luleå Gammelstad. Dieses alte Kirchendorf lag einmal im Mündungsdelta des Luleälven, jetzt sind es zwanzig Kilometer dorthin. Das liegt an der Landhebung: Nachdem die Gletscher, die das Land unter sich wie einen Schwamm zusammengedrückt haben, vor vielen tausend Jahren verschwunden sind, begann sich das Land wieder anzuheben. Auch heute hebt sich die nordschwedische Ostseeküste immer noch um einen Zentimeter pro Jahr.

Ich war schon zwei Mal in Gammelstad, einmal vor einigen Jahren mit Sonya und einmal vor ein paar Wochen zum Feuerfest, aber jetzt war ich zum ersten Mal in der alten Nederluleå kyrka, die aus dem 15. Jahrhundert stammt.

Nederluleå kyrkaNederluleå kyrka

Nachdem wir unserem Führer immer wieder davon gelaufen sind, um Fotos zu machen, wurden wir noch von einem Paar eingeladen, welches zeitweise in einem der alten Häuser wohnt. Die Häuser sind recht günstig zu kaufen, aber mit strengen Auflagen verknüpft: Man darf dort nicht permanent wohnen, es gibt keinen Stromanschluss und kein fließend Wasser und so etwas wie eine Satellitenschüssel geht gar nicht! Besonders gut (neben den leckeren Pfefferkuchen) hat mir das kleine Schrankbett gefallen. Aber ich frage mich schon, ob dort Eltern ihre Kinder früher eingesperrt haben, wenn sie nicht gehorsam waren …

Eine Straße in der GammelstadGammelstad mit KirchenblickDie gute Stube. Rechts das Schrankbett, daneben der KaminAltes Schrankbett – Kindergröße

Nachdem ich einen größeren Teil des Gammelstadaufenthaltes damit beschäftigt war, Regentropfen von der Linse zu wischen, war ich nicht böse, dass der nächste Aufenthalt zwar im Kalten, aber zumindest drinnen sein würde: Ein besonderes Konzert in einem großen Iglu.

Und es war wichtig, dass es in diesem Iglu kalt war – idealerweise -5 °C – denn die Instrumente waren aus Eis gebaut. Lediglich die Griffbretter von Geige, Gitarre und Kontrabass bestanden aus Holz. Die Instrumente: Ein Schlagzeug (ohne Becken natürlich), ein Marimbaphon, eine Geige – an der Decke aufgehängt, eine Gitarre, ein Kontrabass und ein Instrument aus gestimmten Röhren, dessen Namen ich nicht kenne. Erdacht wurde das ganze von Tim Linhart, einem amerikanischen Künstler, der vor zehn Jahren nach Schweden kam.

Das große „Konzertiglu“Die Bühne für Sänger und OrchesterEisorchesterTim Linhart, der Schöpfer des Eisorchesters

Ich war gleichzeitig fasziniert und enttäuscht: Den Klang der Instrumente fand ich faszinierend und schön: Die dumpfen sonoren Trommeln, das überraschend klare Marimbaphon und den verblüffend normal klingenden Kontrabass. Nur die arme Geigerin kam mit dem Stimmen kaum hinterher und spielte deswegen manchmal ganz schön schief. Kein Wunder, denn draußen war es warm, das Iglu wegen uns überfüllt und die Geige war am Schmelzen! Da hatte es der Bass besser: Mehr kaltes Eis und leichter zu stimmen.

Am liebsten hätte ich für diese Instrumente komponiert: Musik von Weite und Einsamkeit, von kalten, dunklen Wintern, von dahinziehenden Rentierherden und von knirschendem Schnee und krachendem Eis. Und was spielt das Orchester?

ABBA! Ausgerechnet ABBA! Von vorne bis hinten, rauf und runter. Und zum Mitsingen! Das ist so der kleinste gemeinsame Nenner für jede Art Publikum und funktioniert in Schweden eigentlich immer. Nur ich fand es schade, denn zum einen wurde hier eine großartige Gelegenheit versäumt, dem Klang der Instrumente gerecht zu werden und zum anderen brauchen die Instrumente selbst für ABBA doch ein bisschen mehr Druck und Präsenz, wenn das ganze nicht nach Mittelstufenschülerband klingen soll. Und – tut mir leid, das so schreiben zu müssen – genau das tat es.

Zwischenbemerkung: Hilfe, ich schreibe eine Musikkritik! Das wollte ich doch nie, nie, nie in meinem Leben tun! Na gut, ich lasse das jetzt so stehen und höre mit dem Meckern auf.

Auch an diesem Abend bin ich nicht ABBA-Fan geworden, aber schön war das Konzert und der Abend dennoch. Nur mit dem Fotografieren war ich wieder nicht so recht zufrieden: Es war zum einen wahnsinnig eng und zum anderen extrem dunkel. Erst als ich mich frech nach vorne durchgedrängelt habe und auf der Treppe aus Eis Platz genommen habe, konnte ich ein paar bessere Fotos machen.

MarimbaphonAufgehängte GeigeEis-KontrabassMallets in Aktion

Nach dem Konzert sind wir nach Piteå zurückgefahren, denn dort gab es Abendbrot und die erste Übernachtung. Am nächsten Tag sollte es dann aufs Eis gehen …

Bemerkung für Fotografen: Seht Ihr das Foto vom Inneren der Kirche. Sieht hübsch romantisch und weichgezeichnet aus, nicht wahr? Das war aber nicht geplant, sondern lag daran, dass die Linse leicht beschlagen war. Bei vielen anderen Motiven hätte ich mich sehr geärgert, hier passt es.

Tauwetter die Zweite

Achtung: Dies ist ein Meckerartikel. Freunde der gepflegten Sprache und der schönen Gedanken mögen diesen Artikel ignorieren.


Was für ein Elendswinter! Nun ist es schon wieder seit über einer Woche warm und grau. Der Schnee sackt zusammen, schmilzt und verwandelt sich in braungrauen nassen Dreck, der sich in großen Pfützen auf den Straßen sammelt. Von den 80 cm Schnee im Garten sind vielleicht nach 20 übrig und an vielen Stellen sieht man schon wieder grünes Gras oder matschigen Kiesboden. Und die Dächer sind schon seit Tagen wieder schneefrei.

Und die Sonne? Keine Ahnung, wo sie abgeblieben ist. Seit elf Tagen hat sie sich hinter einer kompakten weißgrauen Wolkenschicht versteckt, aus der es schneeregnet, fieselt und schneit. Ja, auch schneit, aber von dem neuen Schnee bleibt nichts liegen, denn es sind seit einer Woche Plusgrade. In Nordschweden! Im Februar! Und wenn mal – wie heute – 10-15 cm Neuschnee vorhergesagt sind, dann lautet die Prognose für den Folgetag wieder zwei Grad Plus und Regen. Zum Ko***en!

Und bitte – kommt mir jetzt nicht mit: „Es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung“. Wenn jemand Kleidung für alle nordischen Wetterlagen hat, dann ich. Ich friere nicht, ich hab’s trocken. Aber ich habe diesen trüben Winter mit seinem diffusen Licht satt. Ich möchte mal wieder blauen Himmel auf meinem Fotos haben oder schneebedeckte Bäume. Ich möchte mal wieder Polarlicht sehen und die Sonne auf dem Ostseeeis. Statt dessen haben wir hier Schneematsch im Programm! Toll! Da hätte ich auch wieder nach Essen Frohnhausen ziehen können.

Den Eisfischern auf der Bucht ist vermutlich ein guter Fang wichtiger als klarer Himmel und sie freuen sich vielleicht, dass es nicht so kalt ist. Ich aber will es schneereich und kalt: Ein Meter Schnee und -25 °C. Regen nehme ich gerne wieder ab Mai entgegen.

Schneeschmelze an der OstseeEisfischer

Gömda men inte glömda

„Gömda men inte glömda“ – Versteckt, aber nicht vergessen – ist eine Erzählung von Birgit Andersson, die von Nicanor Sandström berichtet. Nicanor ist 1812 in Skellefteå geboren und über sein Leben weiß man recht viel, da man sowohl Geschäftsunterlagen gefunden hat, als auch die Briefe, die seine Tochter Nina aufgehoben hat. Es ist spannend, in die Geschichte einzutauchen, die von Schiffsbau und Sägewerken, von Geburt und Verlust, von Kindern und „Frauenzimmern“ und von alten und neueren Zeiten des 19. Jahrhunderts berichtet.

Ich hatte das Glück, nicht nur als Pianist die Erzählung musikalisch zu begleiten, sondern auch die Musik schreiben zu dürfen. Und nach drei letzten Proben in dieser Woche war heute die Premiere im Stiftsgården. Und das war der ideale Platz, denn die Erzählung handelte auch von diesem alten Anwesen und Plätzen, die man vom Fenster aus sehen kann. Birgit hat sich selbst übertroffen und faszinierte das Publikum mit ihrem energiegeladenen Vortrag. Ich musste fein aufpassen, dass ich meine Einsätze bekomme und nicht nur ihrer Erzählung folge.

Unsere „Bühne“ in der guten Stube

Diese 54 Plätze werden bald restlos besetzt seinEin außergewöhnlich leckeres Buffet

Das Schöne: wir werden noch einige Male dieses Stück spielen: morgen und übermorgen am gleichen Ort, am 25. März beim Berättarfestivalen, und im Sommer drei Mal auf der Freilichtbühne, wenn das Wetter es erlaubt.

Mein Dank geht nicht nur an Birgit für den schönen Abend, sondern auch an die Regisseurin Ellenor, die mich für dieses Stück als Pianisten vorgeschlagen hat. So langsam bekomme ich ein paar Kulturkontakte hier in Skellefteå, was mich sehr freut.

Arctic Explorer

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Journalistenreise mit Boundless Bothnian Bay.

Samstag bis Montag hat „Boundless Bothnian Bay“, ein Projekt, welches die Küstenregion Nordschwedens und Nordfinnland stärken soll, eine Journalistenreise veranstaltet. Zehn Journalisten aus verschiedenen Ländern waren eingeladen, an dieser Reise teilzunehmen und ich war der offizielle Fotograf. So kam ich nicht nur zu einer erlebnisreichen Kurzreise, sondern auch zu meinem ersten bezahlten Fotografenjob.

Auf der Brücke des „Arctic Explorer“

Sonntag morgen: Nach einem frühen und frugalen Frühstück im Hotel Pite Havsbad fuhren wir mit dem Bus an den Fluss Piteälven. Zu meiner Überraschung war der Fluss offen, aber das war weder die Strömung noch das warme Wetter, sondern der Eisbrecher „Arctic Explorer“, der den Weg für die Papierfabrik „Munksunds Pappersbruk“ offen hält. Und dieser Eisbrecher nimmt auch Touristen mit. Nachdem er noch ein großes Lastschiff vorbeigelassen hat, legte die Arctic Explorer an und wir gingen an Bord. Bald darauf nahm das Schiff Fahrt auf. Nicht in Richtung Meer, wie ich gedacht habe, sondern flussaufwärts.

Das Eis bricht

Auch wenn die „Arctic Explorer“ um einiges kleiner ist als die in Kemi beheimatete Sampo, auf der ich vor elf Jahren mitfuhr, so ist es dennoch ein Erlebnis zu sehen, wie der schwere Schiffsrumpf das dicke solide Eis bricht. Und für Touristen ist es ein besonderes Erlebnis, von Bord aus das solide Eis zu betreten. Leider ist mir das Besondere an solch einem Erlebnis ein wenig verloren gegangen, dazu habe ich in den letzten Jahren schon zu viele winterliche Ausflüge auf das Eis unternommen. Schade auch, dass wir nicht das offene Meer angesteuert haben, sondern statt dessen Blick auf die Fabrik hatten. Aber vielen Schweden fehlt das Verständnis dafür, was Touristen gerne sehen und erleben wollen.

BackbordbruchkanteDie Arctic ExplorerDie Passagiere betreten das EisDie Arctic Explorer

Fast zwingend zu einer „Eisbrechersafari“ gehört das Baden – schön geschützt in Überlebensoveralls, die einem ermöglichen, warm und trocken auf dem eiskalten Wasser zu treiben. Aber es gibt wohl kaum einen, der nicht sofort an die Teletubbies denkt, wenn plötzlich alle anfangen in den knallig orangefarbenen Anzügen herumzuwatscheln.

Teletubbies an LandTeletubbies im Wassersich treiben lassenPosing im Wasser

Erst hatte ich nicht vor, mit Overall bekleidet in die Ostsee zu steigen, schließlich habe ich selbst so ein Ding und habe es gerade am Vortag angewendet, um Eis und Eisschlamm aus dem Winterschwimmbecken zu entfernen. Doch dann viel mir ein, dass meine wasserdichte Kamera noch nicht zu ihrem Recht gekommen ist. Also habe auch ich mir einen der Anzüge angeworfen und bin mit der Kamera ein bisschen umhergepaddelt. Das vorige Photo ist so entstanden doch das nächste ist mein persönlicher Favorit aus der Reihe „Teletubbies in der Arktis“.

Zwei Welten

Aber der Tag war noch nicht zu Ende: Auf uns warteten noch Surströmming, eine gelbe Boje und ein Schloss ganz aus Schnee und Eis.

Ein Schloss aus Schnee und Eis

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Journalistenreise mit Boundless Bothnian Bay.

Samstag bis Montag hat „Boundless Bothnian Bay“, ein Projekt, welches die Küstenregion Nordschwedens und Nordfinnland stärken soll, eine Journalistenreise veranstaltet. Zehn Journalisten aus verschiedenen Ländern waren eingeladen, an dieser Reise teilzunehmen und ich war der offizielle Fotograf. So kam ich nicht nur zu einer erlebnisreichen Kurzreise, sondern auch zu meinem ersten bezahlten Fotografenjob.


Sonntag mittag: Nach unserer Fahrt mit dem Eisbrecher ging es mit dem Bus weiter nordwärts. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Luleå fuhren wir weiter zum nächsten Halt Törehamn. Auf der Fahrt bemerkte ich, dass mein Stativ weg war. Das verdarb mir doch ein wenig die Laune, nicht nur weil das Ding teuer war, sondern auch, weil ich nicht wusste, wie ich den Rest der Reise fotografieren sollte. Aber – det ordnar sig – wie man hier sagt. Zum einen hatte ich noch ein Einbein dabei, zum anderen wurde das Stativ gefunden und ich konnte es am Dienstag bei der Rückreise in Piteå abholen.

Wo war ich stehengeblieben? Ach ja: Törehamn. Von diesem Ort hatte ich noch nie etwas gehört. Seglern hingegen ist er geläufig, da dort eine Boje die nördlichste Stelle der Ostsee markiert und es dazu gehört, diese Boje zu umsegeln. Wir sind brav um die Boje herumgelaufen und haben dann noch ein Gruppenfoto gemacht. Danach gab es erst den berühmt-berüchtigten Surströmming zum Probieren, aber wenn man nicht dabei war, wie die Dose mit der stinkenden Lake geöffnet wird, kann ich die Verköstigung nicht ganz ernst nehmen, denn das gehört einfach mit dazu. Drinnen durften wir dann noch Leckereien mit Fischrogen – einer lokalen Spezialität – und mit Rentierfleisch probieren. Da es recht spät war und wir noch kein Mittagessen hatten, waren die mundgerechten Happen mehr als willkommen.

Die Boje bei TörehamnGruppenfoto (Foto: unbekannt)Surströmming schnuppern„Rom“ – Fischrogen

Dann ging es weiter nach Haparanda/Tornio. Haparanda liegt in Schweden, Tornio in Finnland. Andere Währung, andere Sprache, andere Zeitzone. Wir haben dort aber nur den Busbahnhof, ein Grenzschild und das Einkaufszentrum zu sehen bekommen und ich habe auf das Fotografieren verzichtet. Da war der nächste Halt schon interessanter:

Das Eisschloss in Kemi. Dort war ich 2003 schon einmal und fand es damals ein bisschen langweilig. Inzwischen hat man das Eisschloss aber wesentlich weiterentwickelt und die Skulpturen aus Schnee und aus Eis sind wirklich sehenswert. Hier bekamen wir ein spätes Mittagessen und hatten viel Zeit, uns in Ruhe umzuschauen.

Eisskulptur am Eingang

Das Eisschloss in KemiBlaue EishalleDie EiskapelleRestauranttisch

Schneerelief

Die HochzeitssuiteIch pose am „Kamin“ – Foto: Muriel Françoise

Aber der Tag war noch nicht zu Ende: Wir fuhren weiter nach Oulu, wo wir auch den nächsten Tag verbringen sollten. Auf dem Programm stand erst die Finnische Dampfsauna, die nicht so heiß, aber sehr feucht ist, da ständig wieder Wasser auf den Ofen gegossen wird. Da Frauen und Männer getrennt saunieren gingen, gab es das Abendbrot erst um elf Uhr. Aber das war es wert!

Timo KinnunenIm Programm stand etwas von Akkordeonmusik und ich war sehr gespannt, ob wir eher finnischen Tango oder Schunkelwalzer zu Gehör bekommen werden. Beides falsch. Nach einem hervorragenden Vor- und Hauptgericht spielte uns Timo Kinnunen erst einige romantische Stücke, dann eine barocke Komposition und als Höhepunkt „Dinosaurus“, eine Avantgarde-Komposition von Arne Nordheim mit Zuspielung vom Band. Meiner Meinung nach mit die beste Musik, die ich je zu einem Abendessen geniessen durfte, auch wenn meine Begeisterung nicht von allen geteilt wurde. Ich hoffe, Timo auch mal in einem regulären Konzert erleben zu dürfen, denn er ist ein herausragender Musiker, spielt viel improvisierte Musik in Berlin und ist Professor an der Musikhochschule in Oulu.

Ein wirklich schöner Abend, aber dennoch war ich froh, als ich endlich ins Bett fallen durfte, denn dieser Tag war lang. Morgen würden wir als erstes eine Fahrradtour unternehmen …

Hailuoto

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Journalistenreise mit Boundless Bothnian Bay.

Samstag bis Montag hat „Boundless Bothnian Bay“, ein Projekt, welches die Küstenregion Nordschwedens und Nordfinnland stärken soll, eine Journalistenreise veranstaltet. Zehn Journalisten aus verschiedenen Ländern waren eingeladen, an dieser Reise teilzunehmen und ich war der offizielle Fotograf. So kam ich nicht nur zu einer erlebnisreichen Kurzreise, sondern auch zu meinem ersten bezahlten Fotografenjob.

Oulu: Skulpturen am RathausOulu: finnische Spezialitäten in der Markthalle

Einfach ein FahrradMontag morgen: heute stand eine Fahrradtour auf dem Programm. Oulu, die größte Stadt in Finnlands Norden, hat über 600 Kilometer Radweg und es ist völlig normal, auch im Winter Fahrrad zu fahren. Ob als Student zur Uni oder auch von Meeting zu Meeting. Eine kleine Gruppe von uns ist mit einem Fahrradguide und einer Stadtführerin dann vom Hotel zur Innenstadt geradelt. Man schaue sich das Rad des Fahrradguides an: Keine Handbremse, keine Gangschaltung, einfach ein Fahrrad. Das wäre in Deutschland vermutlich unvorstellbar. Es ist schön, eine Stadt mit dem Fahrrad zu erkunden. Man ist viel näher dran und es ist viel einfacher, kurz anzuhalten und sich umzuschauen als bei einer Stadtrundfahrt mit Bus. Leider hatten wir aber wenig Zeit, denn unser heutiger Plan galt der Insel Hailuoto, einer ganzjährig bewohnten Insel, die über eine kostenlose Fähre an das allgemeine Straßennetz angebunden ist.

Da ich aber eine dicke Kamera in der Hand hatte und Fotos machen sollte, durfte ich mit einigen anderen das Luftkissenboot der Küstenwache benutzten, um zur Insel herüberzuhovern. Das geht um einiges schneller als die Fähre und es war spannend, mal in so einem Fahrzeug drinzusitzen. Bloß mit den Fotos – auch an diesem Tag war es grau und trüb und dementsprechend sehen die Fotos aus.

Das Luftkissenfahrzeug der Küstenwache

Auf dem Weg nach HailuotoDer Antrieb: ein großer PropellerVor uns die AutofähreAngelegt

Großer Reichtum ist mir nicht sonderlich wichtig. Aber sollte mir ein Blogleser mal ein paar Millionen schenken, dann könnte ich mir vorstellen, ein Luftkissenfahrzeug zu kaufen. Ein verlockender Gedanke, das ganze Jahr auf der Ostsee unterwegs sein zu können, unabhängig von der Eislage. Aber verlassen wir meine etwas dekadenten Gedanken und kehren zur Insel Hailuoto zurück, wo bald auch unser Reisebus mit der Autofähre ankam.

Die erste Aktivität: Eisfischen. Davor gab es Suppe und natürlich Kaffee. Dann ging es mit Sampo, dem Eisfischer aufs Eis hinaus zu seinen unter dem Eis hängenden Netzen.

KaffeepauseSampo auf dem Weg zum Fisch

Sampo ist ein geborener Entertainer. Er strahlt in die Kamera, verbreitet direkt gute Laune und ist sich nicht zu schade, sein inniges Verhältnis zum Fisch auf seine eigene Weise zu präsentieren.

Sampo Marjaniemi

Viele Fische sind ins Netz gegangenFischen hinter dem selbstgebauten WindschutzEin Teil des heutigen Fanges

Fischkuss

Dann ging es weiter nach Marjaniemi, einem kleinen Fischerstädtchen, welches bestimmt fotogener wäre, hätte man nicht auf die Mole drei dicke Windräder gebaut und den Radarturm direkt neben den Leuchtturm. Wenn dann zudem noch der Schnee schmilzt, kann der Ort ganz schön trübe aussehen aber immerhin kam – irgendwo draußen am Horizont – ein bisschen die Sonne heraus und zauberte zum ersten Mal auf der ganzen Reise ein kleines bisschen Farbe an den grauen Himmel.

MarjaniemiMarjaniemiEine Außentoilette?Ein Hauch von Sonnenlicht

Weiter draußen auf dem Ostseeeis konnte man Eiswälle sehen, die ich liebend gerne fotografiert hätte, aber wir hatten nur eine halbe Stunde, denn die Autofähre wartet nicht auf uns.

Ich habe wieder nicht die Fähre genommen, sondern bin mit dem Auto mitgenommen worden. Denn wenn das Eis 40 cm beträgt, wird eine Straße auf dem Ostseeeis markiert. Mit Verkehrsschildern und allem. Man tut gut daran, sich an die Tempolimits zu halten, denn auch an der Eisstraße gibt es Radarkontrollen. Diese Fahrt war ganz schön hoppelig, denn das Tauwetter hat das Eis weich werden lassen. Und wir sind durch so manche Riesenpfütze gerollt, die letzte so groß, dass die Bugwelle kübelweise Wasser auf die Windschutzscheibe geworfen hat.

Die Eisstraße nach HailuotoEisstrasse im Gegenlicht

Wir haben noch einen Abstecher nach Liminka gemacht, wo sich ein großes Vogelschutzgebiet mit einem Beobachtungsturm und einem sehr schönen Museum befindet und sind dann wieder nach Oulu gefahren. Nach einer kurzen Pause gab es noch ein abschließendes Dinner. Während die meisten danach noch in eine Bar weitergezogen sind, hat mein Hotelbett laut nach mir gerufen und eine Taxifahrt später war ich im Hotel und bald auch schon am Schlafen.

Am Folgetag sind die meisten Journalisten zurück in ihre Heimatländer geflogen, während wir aus Skellefteå mit dem Bus zurückgereist sind.

Fazit: Eine schöne intensive Reise mit netten Leuten und fürchterlichem Fotowetter. Ein, zwei Programmpunkte weniger hätten der Reise aber ganz gut getan. Ein, zwei Nachtische weniger hätten meinem Bauch aber ganz gut getan, aber das Essen war einfach zu lecker.

Kurz vor dem Urlaub

Dass der Winter dieses Jahr nicht in Gang kommt, hatte ich schon geschrieben. Aber heute hatten wir tatsächlich wieder ein paar Minusgerade und sogar etwas wie Wolkenlücken, wenn man ganz genau hinschaute. Deswegen bin ich vor der Arbeit kurz ans Meer gefahren, mit Kamera und Stativ.

Zu meiner Überraschung war das Meer wieder offen, nur die geschützten Buchten waren noch eisbedeckt und an der Küstenlinie drifteten einige Eisschollen.

Eisschollen auf der OstseeOffenes Meer

Eiswall an Skelleftehamns Küste

Ich habe kurz überlegt, spontan frei zu nehmen und Kajak zu fahren, aber dafür war die Zeit zu knapp, denn ich nehme heute und morgen am Kongress „Attraktionskraft Skellefteå“ teil. Und da – jetzt am Nachmittag – sitze ich gerade. Das Kajak muss also noch ein bisschen warten, dann ab morgen habe ich Urlaub.

Mal schauen, ob ich wegfahren kann …

Journalistenreise
Fotos sortieren und bearbeiten
Proben und Aufführungen „Gömda men inte glömda“
Meetings mit Kammerchor und Dark & Cold
Vortrag bei „Attraktionskraft Skellefteå“ vorbereiten
Vortrag halten

Na gut, den halte ich erst morgen. Aber direkt danach beginnt mein Urlaub und ich steige ins gepackte Auto und fahre nach Abisko. Dort hoffe ich auf klaren Himmel, Dauerfrost, viel Schnee und Polarlicht.

Zwischenstopp Solberget

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Abisko Februar 2014.

Heute hat mein Urlaub angefangen! Eine Woche werde ich in Abisko sein, ein bisschen fotografieren, ein bisschen Ski laufen und es ein bisschen ruhig angehen lassen. Da mir der Weg aber zu weit ist, um die Strecke in einem Rutsch zu fahren, habe ich Zwischenstopp auf Solberget gemacht. Jetzt sitze ich im Bauwagen, der Ofen heizt ein und ich schreibe Blog. Nur der Fußboden ist noch ein wenig kalt.

Die Autofahrt ging besser als erwartet, denn für heute wurde eine Schneewarnung 1 mit Wind und 10-20 Neuschnee für Nordschweden herausgegeben. So viel kam aber bis jetzt nicht herunter und auf der E4 ließ es sich gut fahren. Auf den fast unbefahrenen schneebedeckten Straßen Lapplands hingegen konnte man bei dem Schneefall und dem diffusen Licht kaum noch sehen, wo man langfahren soll und ich war über jeden Holzstecken, der als Randmarkierung dient, dankbar. Manches Mal bin ich in den tieferen Schnee am Rand geraten und habe schnell wieder die Straßenmitte angesteuert: Dort, wo alle fahren, wenn kein Auto entgegenkommt. Nach etwa vier Stunden bin ich auf Solberget angekommen; gar nicht so weit für nordschwedische Verhältnisse.

Wo ist denn die Straße?

Bei der schönen Scheune, die ich letzten Sommer schon fotografiert habe, habe ich dieses Mal auch wieder angehalten. Die Schneeschuhe habe ich im Auto gelassen, denn ich dachte, dass die Hütte ja nicht so weit weg steht. Nachdem ich aber bei jedem zweiten Schritt bis zur Hüfte im Schnee steckte, war ich ganz schön außer Atem. Selbst schuld, sage ich nur.

Winterscheune

Dieses Mal bin ich in dem gemütlichen Bauwagen untergebracht und fast finde ich es schade, dass ich morgen weiterfahren muss. Ich könnte gut ein paar Tage hier bleiben und ein paar altbekannte Plätze besuchen. So bleibt mir aber zumindest ein leckeres Abendbrot und die Sauna heute Abend. Morgen nach dem Frühstück fahre ich direkt weiter. Ich hole erst noch Bekannte vom Flugplatz in Kiruna ab und von dort aus ist es nach Abisko gar nicht mehr so weit. Hoffentlich liegt morgen nicht zu viel Neuschnee auf den Straßen.

Solberget: Im Bauwagen

Von Solberget nach Abisko

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Abisko Februar 2014.

Wege fest trampeln – der Schnee ist metertiefEin bisschen nervös war ich. Um halb zwei sollen Annika und Ralf am Flugplatz in Kiruna ankommen und ich bin in Solberget. Eigentlich kein Problem, so weit ist das nicht, aber in der Nacht hat es etwa 15 Zentimeter Neuschnee gegeben und Wind war auch und ich war sehr gespannt, wie die Straßen wohl sein würden. Zwei Helfer, die gerade auf Solberget sind, waren schon fleißig damit beschäftigt, Schnee zu schippen oder mit Schneeschuhen wieder Wege über den Tiefschnee zu trampeln.

Mit dem Saab bin ich mit ein bisschen hin und her überraschend gut aus dem Parkplatz wieder herausgekommen und ab da war alles einfach: Selbst die wenig befahrene Straße an Solberget vorbei war perfekt geräumt. Dennoch hatte ich schon nach einigen Kilometern einen ungeplanten Zwischenstopp: Rentiere an der Straße. Erst eins, dann zwei, dann eine ganze Herde. Das ist auch kein großes Wunder, dass sich mehr als hundert dieser Tiere dort aufhielten: Dort wurden nämlich die Pellets gelagert, die die Sámi benutzen, wenn sie zufüttern müssen. Während ich noch im Auto saß und von den Rentieren umringt wurde, sah ich die Scheinwerfer eines Schneeskooters im Rückspiegel. Zwei Sámi kamen zu der Stelle, um die Pellets von der Straße weg weiter im Wald zu lagern, damit die Rentiere von der Straße kommen.

Rentiere auf der Strasse„Oh, gibt’s hier Futter? Wir kommen.“Willst du was von mir?Leckere Pellets naschen. Drängeln erlaubt!

Da habe ich das Auto an die Seite gestellt und fotografiert. Die Rentiere waren zwar anfänglich ein bisschen misstrauisch, doch bald haben sie mich ignoriert und ich konnte in Ruhe schauen und fotografieren. Aber dann musste ich mich losreißen und weiter fahren.

Ziemlich zeitgleich mit dem Flugzeug aus Stockholm kam ich am Flugplatz an, denn das, was ich zu spät war, war das Flugzeug zu früh. Es ist toll, Annika und Ralf endlich mal „live“ kennen zu lernen, denn wir kennen uns bis jetzt nur über dieses Blog und Facebook.

Die Fahrt nach Abisko dauert nicht lang. Es sei denn, man hält wie wir an jeder zweiten Parkbucht an, um den Torneträsk – einer der größten schwedischen Seen und auch der zweittiefste – und das Fjäll zu fotografieren. Aber da zeige ich hier nur ein Foto, denn von der Straße habe ich keine tollen Bilder gemacht (da war heute schon was ganz anderes dabei …). Und weil daneben noch Platz ist noch ein kleines Polarlichtbild vom ersten Abend, aber ich hoffe, dass wir noch eine schönere Aurora zu sehen bekommen und diese Nacht sieht die Prognose eigentlich ganz gut aus.

Fjäll hinter dem TorneträskEin erstes Polarlicht

Auf dem Torneträsk I

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Abisko Februar 2014.

Der erste Tag in Abisko drehte sich viel um den dick zugefrorenen See Torneträsk.

Manchmal ist es gut, Frühaufsteher zu sein, denn nur so schaffte ich es noch gerade rechtzeitig auf das Seeeis, um dort in den Genuss des herrlichen Morgenlichts von blassrosa bis leuchtend gelb-orange zu kommen.

Ein rosaroter MorgenSonnenaufgang über dem zugefrorenen Torneträsk

Lapporten – das Wahrzeichen Abiskos

Morgensonne auf dem FjällNaturgeformte Eisskulptur

Später am Tag haben Annika, Ralf und ich einen Spaziergang zur Abisko Fjällstation gemacht und dort waren wir wieder auf dem Eis des Torneträskes. Lange noch hätten Ralf und ich dort fotografieren können, aber das Mittagessen im Restaurant der Fjällstation wollten wir uns auch nicht entgehen lassen: Lammlasagne mit See- und Bergblick hat ja auch was.

Eisschollenlandschaft auf dem TorneträskBerge, halb im Dunst verschwunden

Schneeschauer im Gegenlicht

In der Fjällstation wurde ich von einem Verkäufer des Outdoorladens auf mein Fotostativ angesprochen und wir haben von ihm gleich zwei sehr schöne Tipps für gute „Locations“ zum Fotografieren bekommen. Eine davon war eine kleine Halbinsel bei Tornehamn hinter Björkliden. Dort gibt es eine kleine, felsige Halbinsel, an deren steilem, dem See zugewandten Ufer sich große Tropfsteinformationen gebildet haben. Wieder standen wir auf dem Torneträsk und bewunderten die phantastischen Eiszapfen an den Felsen. Inzwischen war es aber recht dämmerig geworden und schon bald haben wir uns auf dem Rückweg gemacht, uns aber vorgenommen, später noch einmal dort hinzufahren.

Die kleine Halbinsel bei Tornehamn

Eine kleine Höhle – von Eiszapfen umgebenFast der ganze Fels ist mit Eiszapfen bedeckt

Am nächsten Tag sind Ralf und Annika Hundeschlitten gefahren und ich war die meiste Zeit auf dem See. Doch davon berichte ich später …

Auf dem Torneträsk II

Dieser Artikel ist Teil der sechsteiligen Serie Abisko Februar 2014.

Am Montag hatten Annika und Ralf eine Hundeschlittentour gebucht. Am Vortag wurde ihnen freigestellt, zurückzutreten, da Regen und starker Wind erwartet wurden. Selbst in Abisko im nordschwedischen Fjäll hat jetzt also die Wärme zugeschlagen. Doch so schlecht sah es mit dem Wetter nicht aus und die beiden kamen zu ihrer Tour. Ich hatte weniger Glück bei meinem Versuch, mich spontan der Tour anzuschließen, es war kein Platz mehr frei. So kam ich dann nur zum Start mit, um die schönen und überraschend entspannten Huskys zu fotografieren.

Hunde in Aktion: Kauen und sich im Schnee wälzen ist toll!Wann geht’s endlich los!

Nach dem Start bin ich zu der Anhöhe „Stor Nabben“ weitergelaufen. Aufgrund der Wärme ging das auf den Skooterspuren auch ohne Ski oder Schneeschuhe problemlos. Bloß abseits der Spur brach ich manchmal in den verharschten Schnee ein. Vom Stor Nabben hat man einen schönen Ausblick auf Lapporten und auf den Torneträsk. Letzterer hat es mir angetan, denn wegen des warmen Wetters und einiger kleiner Regenschauer war er zwar dick zugefroren aber komplett schneefrei.

Zuhause habe ich Kamerazeugs und Schneeschuhe gepackt und bin auf das Eis des Torneträsk gegangen. Die Schneeschuhe sollten mir helfen, auf dem blanken, nassen Eis Fuß zu fassen. Doch kaum war ich auf dem Eis, zogen graue Wolken auf und es begann zu regnen. Doch kurz darauf klarte es wieder auf. So sollte das Wetter auch den restlichen Tag bleiben: Sonne, Wolken, Regenschauer und ziemlich steifer Wind, der meine Wasserflasche singen ließ, wenn ich sie öffnete. Einmal schwebte sogar mein Stativ auf dem nassen Eis davon …

Mein Weg führte über ein Kilometer Seeeis zur Insel Ábeskosuolu. Allein dieser erste Weg ist spannend: Das Eis ist von vielen Sprüngen durchzogen: Manche sind nur ein paar Zentimeter dick und stammen wohl aus der Zeit, als das Eis noch nicht dick war, doch viele sind halbmeterdick und zeigen, wie solide das blanke Eis auf dem Torneträsk ist. Der See ist so klar, dass man auch den steinigen Boden noch sieht, wenn er zehn Meter tief ist, aber die Seetiefen wollte ich ehrlich gesagt gar nicht so genau wissen, auch wenn das Eis superdick war. Immerhin ist der Torneträsk ja der zweittiefste See Schwedens.

Über das Seeeis des Torneträsk

Über das Seeeis des Torneträsk

Doch nicht nur Sprünge durchzogen das Eis. Es gab bunt schillernde filigrane Grenzflächen, große Gruppen von kleinen eingeschlossenen Luftblasen und ganze Wälder von vertikalen Miniaturluftsäulen. Dazwischen immer wieder Sprünge und Risse. Eine eigene Welt nur aus Luft und Eis.

Bald war ich auf der Insel Ábeskosuolu, die ich aber zügig überquerte – hier spielten die Schneeschuhe ihre Stärken aus – um zu der Eiskante zu gelangen, die uns gestern als Photospot empfohlen wurde.

Und der Weg hat sich gelohnt. Trotz des windigen Wetters mit seinen Regenschauern habe ich einige Stunden an dieser Kante zugebracht, an der sich die Eisschollen bis zu zwei Meter hoch aufbäumten. Was war ich nervös, denn so laut und deutlich habe ich das Eis noch nie arbeiten höhen: Dumpfes Pochen, sonores Rumpeln und lautes Knacken waren ständig zu hören und oft auch als Vibration zu spüren. Doch das Eis unter mit war eher noch dicker und ich fühlte mich trotz der Nervosität sicher. Und jede Menge schöner Motive taten sich auf:

Auf dem Weg zur BruchkanteAn der BruchkanteTürkises SeeeisEine Eisspalte?

Manches Mal stand ich zwar auf festem türkis schimmernden Eis, doch in zwanzig Zentimeter Wasser. Gerne hätte ich die Abbruchkante überquert, doch als ich mit dem Stativ die Wassertiefe an der Rinne maß und erst nach einem halben Meter auf Wiederstand traf, habe ich mich dankend zurückgezogen, denn ich konnte ja nicht einmal sicher sein, ob die Eiskante nicht teilweise offen war. An einer stabilen Stelle habe ich noch ein Photo von dem herrlichen Panorama gemacht – rechts ist Lapporten im Bild – und habe mich dann ein wenig widerwillig wieder auf den Rückweg gemacht.

Bergpanorama am Torneträsk – rechts im Bild: Lapporten

Pause auf ÁbeskosuoluDieses Mal habe ich einen Teil der Insel Ábeskosuolu durchquert und auf der höchsten Erhebung eine kleine Pause gemacht. Aber dort war es dermaßen stürmisch, dass ich schnell mit den Schneeschuhen in die tiefer gelegenen lockeren Birkenwäldchen abgestiegen bin. Dort habe ich manches Schneehuhn aufgeschreckt. Doch trotz Kamera im Anschlag gelang es mir nicht, mehr als nur einen unscharfen weißen Fleck mit Flügeln auf den Sensor zu bekommen. Weiter ging es über das Eis wieder ans Land, wo ich eigentlich nur geradeaus zu meiner Pension laufen wollte, doch eine mich neugierig anstarrende Elchkuh – noch weit entfernt – hat mich davon abgehalten. Ich habe mich langsam an sie herangepirscht – ein aussichtsloses Unterfangen mit knirschenden Schneeschuhen und knallroter Jacke – bis ich die Jagd aufgegeben habe. Nicht nur, weil ich wusste, dass mich die Elchkuh nie näher heranlassen würde, sondern auch, weil ich sie nicht auf die Hauptstraße treiben wollte. Die beiden Fotos, die ich hier zeige sind Ausschnittvergrößerungen und entsprechen etwa 500mm Brennweite.

Elchkuh vor AbiskoElchkuh vor Abisko