Sonntag
Nach der Autotour bis nach Å am Vortag sind wir heute nach Henningsvær gefahren, ein sehr schönes Städtchen auf einer Insel, die durch zwei einspurige Brücken mit dem Festland verbunden ist. Henningsvær ist beliebtes Ziel vieler Kletterer, die sich ohnehin auf den Lofoten mit seinen schroffen und steilen Bergen sehr wohl fühlen. Überhaupt ist Henningsvær touristischer als die meisten anderen Plätze auf den Lofoten, mit dem Nachteil, dass man nicht allein ist und dem Vorteil, dass es mehrere Restaurants gibt. In einem haben wir Mittag gegessen – im Schatten, denn in der Sonne war uns zum Sitzen zu heiß.
Nach einem kürzeren Gang durch die kleine Stadt sind wir zum Parkplatz gelaufen und sind nach Rørvik gefahren. Das liegt am Weg und ist vor allem wegen seines schönen Strandes ein beliebtes Ausflugsziel, sowohl der Touristen als auch der Einheimischen. Dort haben wir alle unser erstes Bad im Europäischen Nordmeer genossen und das Wasser war überraschend warm, wenn auch vermutlich immer noch unter 20 °C.
Abends haben wir im Restaurant „Du verden“ gegessen. Ich glaube, ich habe noch nie in einem Restaurant so viel Chaos erlebt wie dort an jenem Abend. Ein Teil der Gerichte und Getränke war aus, man musste ewig warten, um überhaupt an der Theke eine Bestellung aufgeben zu dürfen und die Angestellten rannten ziellos hin- und her. Ein Teil sprach übrigens überhaupt kein Norwegisch, was ich schon ein bisschen lustig fand. Aber das Wichtigste ist natürlich das Essen selbst, und das war sehr gut. Gegen neun sind Martine und ich zum nahen Anleger gelaufen, um die Hurtigruten zu fotografieren, denn die gehört ja zu Norwegen irgendwie fest dazu.
In einem der Postkartenständer hat Martine eine Ansichtskarte gefunden, wo jemand von einem steilen Felsen zu einem anderen springt. Elisabet kannte die Stelle, denn die „Svolværgeita“, die Svolvær-Ziege, ist quasi gleich um die Ecke. Als wir mit dem Auto zu einem kleinen Friedhof gefahren sind, von dem man diese Stelle gut sehen kann, waren tatsächlich auch zwei Kletterer oben. Elisabet hat den einen noch springen gesehen, als ich das Teleobjektiv auf der Kamera hatte, konnte ich nur noch fotografieren, wie ein anderer Kletterer mit breitem Schritt hinüberstieg.
Der Artikel „Kletter-Eldorado im hohen Norden“ der Neuen Zürcher Zeitung zeigt ein Bild aus wesentlich besserer Perspektive. Also – ich hätte vermutlich viel zu viel Angst, um dort hinüberzuspringen.
Montag
Elisabet musste arbeiten und so haben Lasse, Martine und ich uns zu dritt auf den Weg gemacht. Dieses Mal wollten wir eine Nebenroute nach Leknes fahren und dann nach Uttakleiv an den Strand. In Valberg haben wir Halt gemacht. Auf der einen Straßenseite liegt die Kirche, auf der anderen Seite der Strand.
Weiter in Richtung Uttakleiv. Der „Haukelandstrand“ vor dem Autotunnel war wie erwartet voll mit Menschen. Hinter dem Tunnel liegt Uttakleiv und vermutlich, weil das letzte Stück Weg privat ist und der Besitzer 20 Kronen per Auto haben möchte, ist dort der Strand wesentlich leerer. Ich finde ihn zudem auch noch schöner. Hier war ich schon 2013 und habe 2011 gezeltet, aber zum ersten Mal habe ich diese Bucht bei schönem Wetter gesehen. Wenn man diese hellen Sandstrände und das klare, türkisfarbene Wasser sieht, glaubt man sich eher in der Karibik als in Nordnorwegen. Das kalte Wasser belehrt einen aber sofort des Besseren. Gebadet haben wir aber trotzdem.
Das haben wir Abends dann gleich noch einmal, als wir abends mit Elisabet und J. zu einer nahen Badebucht gefahren sind und Pfannkuchen über offenem Feuer gemacht haben. Das braucht schließlich Zeit und da kann man gut zwischendurch noch ein, zwei Mal ins Wasser hüpfen, welches hier auch wieder etwas wärmer war als das Meer in Uttakleiv. Ich bin dann vor neun auf einen kleinen Hügel gelaufen, um nochmals ein Hurtigrutenschiff zu fotofgrafieren. Dieses Mal die Midnatsol, die von Svolvær ausgelaufen ist.
Dienstag
Wieder strahlende Sonne, wieder ein warmer bis heißer Tag. Wir haben uns gemeinsam Kabelvåg angeschaut, aber mein Gehirn war ein bisschen zu sehr gedünstet, als dass ich das wirklich frisch und frei geniessen konnte. Ich war über jeden Schatten froh, und wenn es nur war, den Kopf mal schnell in einen alten Holzschuppen zu stecken.
Ich glaube, im Sommer Südeuropa, oder in Dubai, oder in der Sandwüste wäre ich aufgeschmissen. Wärme und Hitze ist nicht meins. Fünfunddreißig Grad finde ich schöner mit einem Minus davor. Da kann sich wenigstens richtig anziehen …
Aber was soll’s, zum einen waren wir nicht immer nur in der Sonne, zum anderen hat das Auto Klimaanlage. Wir sind nordwärts gefahren und in Sildpollen links abgebogen, um eine Nebenstrecke zu fahren. Zwischen manchen Bergen hingen dicke Wolken und als wir einen kurzen Abstecher nach Laukvik gemacht haben, hingen die dicken Wolken plötzlich über uns und es kühlte sich auf 15 °C ab. Das Zentrum von Laukvik – wenn es eines gibt – scheint hauptsächlich aus einer Schotterfläche zu bestehen. Darum einige Häuser. Ein Restaurant, zu verkaufen, geschlossen. Ein Lebensmittelladen, zu verkaufen, aber immerhin geöffnet. Wir bekamen sogar warmen Kaffee geschenkt, den man als Tourist im Ort sonst wohl vergeblich sucht. Das Ende der Welt. So fühlt sich dieser Ort für mich an, der an diesem Tag sogar sein eigenes Wetter hatte.
Wenn man von hier aus nach Norden segeln würde, an den Inseln Litløya und Gaukværøya vorbei, dann könnte man nach 1100 Kilometern in Longyearbyen auf Spitzbergen an Land gehen. Würde man nach Westen segeln, so würde man auf Grönland treffen. Doch unsere Pläne waren weitaus prosaischer: Zurück zur Nebenstraße und weiter nach Fiskebøl. Und schon nach wenigen Kilometern waren wir wieder in der Sonne.
Wir sind dann weiter zum Raftsundet gefahren, jenen Sund, der die Lofoten vom Festland abgrenzt. Auf der Festlandseite haben wir wieder herrliche Ausblicke auf die Lofoten gehabt. Schade, dass vor dem berühmten Trollfjord eine Insel liegt. Er ist von der Straße aus nicht zu sehen. Inzwischen war ich aber ein bisschen fotomüde, was auch daran lag, dass wir immer tagsüber im eher kontrastharten Sommerlicht unterwegs waren. Ein Postkartenmotiv zeige ich aber dennoch.
In Digermulen kam gerade eine Fähre an. Sollte das die Fähre nach Svolvær sein? Das wäre ja toll, diese Tagestour mit einer Fährfahrt zu beenden und dann fast wieder in Kabelvåg, dem Ort unserer Unterbringung zu sein. Aber kein Auto fuhr auf die Fähre, kein Mensch war zu sehen. Im Lädchen, welches gerade schloss, wurde mir dann berichtet, dass diese Fähre schon 2008 stillgelegt wurde. Sehr schade. Also sind wir den ganzen Weg mit dem Auto zurückgefahren. Oder ehrlicher gesagt, Lasse ist gefahren, denn ich hatte es gut und konnte mich auf den Lofoten kutschieren lassen. Da war ich bei den engen und kurvenreichen Strässchen alles andere als böse.
Abends haben wir wieder in Svolvær gegessen, dieses Mal im Bacalao, wo die Küche noch ein bisschen besser war, der Service sehr gut und man sogar noch schöner saß. Ein schöner Abschiedsabend, denn für den nächsten Tag war die Rückreise geplant.
Mittwoch
Und die bedeutete, früh aufzustehen, denn wir wollten unbedingt die 8:15-Fähre von Svolvær nach Skutvik bekommen. Eine Stunde vorher standen wir schon da und das war gut so, denn groß war die Fähre nicht und die nächste würde erst um 16:00 fahren. Wir sind mitgekommen, aber nicht alle hatten so viel Glück. So standen wir draußen auf der Fähre, die mit Zwischenstopp an der Insel Skrova gut zwei Stunden unterwegs ist. Ha det bra, Lofoten, jag kommer tillbake.
Jetzt saß ich wieder im Auto und bin gefahren. Norwegen bedeutet ja vor allem kurvige Straßen und steile Straßen. Und Tunnel, viele, viele Tunnel. Manche unterqueren Fjorde und sind dementsprechend steil. Und wirklich breit sind die auch nicht. Wir haben in Røkland getankt. Da bin ich vor fünf Jahren im Winter ausgestiegen, um meine erste Ski- und Hundetour mit Jonas zu machen. Kurz hinterm Saltdal turistcenter bog ich links ab und war nun auf der 95, die nach Schweden führt. Irgendwann waren wir in Arjeplog – inzwischen fuhr Lasse wieder – und dort sieht man den Unterschied zu Norwegen: Die Straßen sind breit, führen geradeaus und links ist Wald und rechts ist Wald. Auch schön, aber verglichen mit der grandiosen und abwechslungsreichen Landschaft auch ein wenig eintönig und langweilig.
Um halb zehn war ich wieder zu Hause. Eine schöne Reise. Nächste Woche fange ich wieder an zu arbeiten. Mal sehen, ob ich nach vier Wochen Urlaub noch weiß, wie das geht.