Zum Inhalt

Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

Zu den Funktionen

Über mich

Ich bin von Deutschland nach Nordschweden gegangen, aber nicht mal so eben. Dieser Schritt hat eine längere Geschichte. Spulen wir zurück zum 24. November 2002, denn irgendwo muss man einen Anfang setzen.


Es ist Abend. Viertel vor zehn. Ich sitze in meiner Wohnung in Essen am Computer und habe gerade eben bei Ebay für unglaublich günstige 250 Euro einen Snow Mantra von Canada Goose ersteigert und besitze damit jetzt den wahrscheinlich wärmsten Daunenparka, den man überhaupt bekommen kann. Ob ich den wirklich jemals brauche, wer weiß, aber ich will nach Nordskandinavien, um mal einen richtigen Winter zu erleben.


Zwei Monate später, am 25. Januar 2003 sitze ich im Flugzeug und fliege nach Rovaniemi in Finnisch Lappland. Und dort erlebe ich zum ersten Mal einen skandinavischen Winter, wie man ihn sich vorstellt. Mit Nordlicht auf dem zugefrorenen See, einem Meter Pulverschnee und Tagesausflügen bei -30 °C. Aber auch mit Kaminfeuer und Eis mit Moltebeeren. Und mit einer sehr beeindruckenden Fahrt mit einem Eisbrecher.

Ich bekomme große Lust, nach Finnland zu gehen, überlege mir das aber nach dem Lesen eines Finnisch-Lehrbuches noch einmal.


Weihnachten 2003 bin ich mit einem Freund zum ersten Mal in Norwegen – in der Telemark im Süden. Obwohl das Wetter fürchterlich ist – viele Tage Plusgrade, Sturm und Regen – bin ich auch von Norwegen sehr angetan. Und die letzten Tage kommt auch der Schnee.

Ich möchte ohnehin nach elf Jahren Essen etwas anderes sehen und so fliege ich schon Ende Januar 2004 nach Oslo, um einen Job zu suchen. Das Vorstellungsgespräch, das ich hatte, führte leider zu keinem Job und das Abklappern verschiedener Internetagenturen führte auch zu keinem Ergebnis. Das war aber auch nicht weiter verwunderlich, denn ich hatte erst zwei Jahre zuvor mit php-Programmierung begonnen, sprach kein Wort Norwegisch und es gab auch noch lange nicht so viele Internetjobs wie heute.


Statt dessen bin ich April 2004 in München gelandet. Aber schon im Januar 2005 saß ich wieder im Flugzeug, dieses Mal nach Arvidsjaur in Schwedisch Lappland und fuhr von dort aus weiter nach Solberget, um dort an einem Kurs „Erste Hilfe Outdoor“ teilzunehmen. Dabei habe ich dann einen Schweizer kennengelernt, der gerne den Kungsleden im Winter gehen wollte. 180 Kilometer von Abisko nach Kvikkjokk.

Ich war zwar so weit, dass ich auf Langlaufskiern nicht umfalle, aber eine lange Skitour mit Rucksack machen, das habe ich mir noch nicht so recht zugetraut. Ich bin dann aber von München für zwei Tage mit einem 17-Kilo-Rucksack und meinen dünnen Langlaufskiern nach Tirol gefahren und etwa 45 Kilometer gelaufen. Ich war zwar geschafft, aber es ging. Also habe ich die Tour zugesagt, mir für Skandinavien geeignete Tourenski und einen neuen Rucksack gekauft und war im April 2005 schon wieder in Schwedisch Lappland, um im herrlichen Spätwinter meine erste Skitour von Hütte zu Hütte zu machen. War das schön! (Foto: Christian Schmid)


Die nächsten Jahre war ich eigentlich immer zwei Mal im Winter in Schweden und Norwegen und gerne im Sommer auch noch einmal. Da ich inzwischen freiberuflich arbeitete, konnte ich mir das immer irgendwie einrichten. Und jedes Mal habe ich wieder überlegt, ob ich nicht nach Norwegen oder Schweden ziehen sollte. Ich hatte schon ein Jahr lang Norwegisch gelernt, bis meine Lehrerin weggezogen war und im Schwedischen Chor in München gesungen.


Ende 2009 hat die Idee wieder an die Tür geklopft und mir war klar: Jetzt oder nie. Ich habe mich für „Jetzt“ entschieden und so saß ich am 11. Februar 2010 wieder im Flugzeug, dieses Mal nach Luleå, um in Nordschweden nach Jobs zu suchen. Während ich in dem günstig gemieteten Haus in Murjek saß und im Internet schaute, was es für Agenturen in Kiruna, Luleå und anderswo gibt, stieß ich auf einen Blogeintrag einer kleinen Agentur in Skellefteå. „We’re hiring“ schrieb Artopod dort. Sie schienen genau jemanden wie mich zu suchen.

Ich war ganz schön aufgeregt ob der frühen Gelegenheit, vielleicht Arbeit zu finden und schrieb eine E-Mail an Artopod in dem Sinne von „Ich will ja nicht drängeln, aber nächsten Montag könnte ich in Skellefteå sein“. Zurück kam ein „OK, passt 13:00?“ und so saß ich am nächsten Montag um eins im Büro von Artopod in Skellefteå und hatte mein erstes Vorstellungsgespräch. Am nächsten Tag, dem 23. Februar 2010 um zehn hatte ich den Job.

Ende Februar ging es erst noch einmal nach Deutschland, aber am 23. April 2010, genau zwei Monate nach der Jobzusage wachte ich das erste Mal in Skellefteå, meiner neuen Heimat auf. Und schon vier Wochen später habe ich mein jetziges Haus in Skelleftehamn gekauft.


So bin ich sieben Jahre nach meiner ersten Reise in den Norden tatsächlich in Skandinavien gelandet und freue mich sehr darüber, dass ich in den Jahren genug Mut sammeln konnte, meinen Traum zu verwirklichen. Und, wie schrieb ich am Neujahrstag: „Je ne regrette rien / jag ångrar ingenting.“