Anreise
Heute fahre ich mit dem Bus nach Norwegen. Ich finde es immer noch irre, dass es von Skellefteå eine direkte Busverbindung ins norwegische Bodø gibt. Da ich allerdings zum einen noch mit dem Bus von Skelleftehamn nach Skellefteå fahren muss und zum anderen am Vortag noch nichts gepackt habe, klingelte der Wecker um 5:30. Schluck! Ja, und wieder habe ich die dicke Reisetasche vollgekriegt und verlasse zum ersten Mal seit dem Kauf mein Haus in Skelleftehamn für länger. So, Fenster und Türen zu, Wasser ist abgestellt, Heizung nicht, dann kann es ja losgehen.
Um halb zehn bin ich am Busbahnhof in Skellefteå und warte auf den Silverexpressen, den Bus nach Norwegen. Die Straßen sind ziemlich glatt, von Schnee ist aber nicht mehr viel zu sehen. Das ändert sich allerdings schon nach vier Minuten Busfahrt: Es ist wieder alles weiß und auf einem kleinen Grashügel sieht man noch gut die Schlittenspuren vom Vortag.
Der Bus hat 28 Sitzplätze und mit mir sitzen noch neun weitere Personen auf den bequemen Sitzen. Die siebenstündige Fahrt nach Røkland kostet sage und schreibe 310 Kronen, das sind etwa 34 Euro. Je weiter wir ins Inland fahren, desto mehr Schnee liegt. In Jörn, einem der ersten Haltepunkte sind es schon 10 cm. Ich bin guter Laune, es ist einfach schön, Urlaubsanfang zu haben und eine wunderschöne Frühwinterlandschaft, über der sich ein blauer Himmel wölbt, an sich vorbeiziehen zu lassen. Und genug zu essen und trinken habe ich auch. Und ein iPhone mit vollem Akku und viel Musik. Perfekt.
Die nächsten Haltepunkte sind Arvidsjaur, wo wir eine zwanzigminütige Pause machen und Arjeplog, schön an einem großen See gelegen, dahinter schneebedeckte Berge . Ab hier sieht man immer wieder Rentiere: Im Wald, weit hinten am Fuß eines Berges oder auch direkt vor einem mitten auf der Straße. Die Ortsnamen sind jetzt schwedisch und samisch und der Busfahrer hält ab und zu an, um Post in knallrote Plastikbriefkästen an der Straße einzuwerfen. Gegen halb drei sind wir in Jäckvik (norwegisch Jäkkvik, samisch Jäggeluokkta). Hier haben wir eine gute halbe Stunde Pause und alle wechseln von dem schwedischen in den norwegischen Bus. Auch der norwegische Busfahrer ist gleichzeitig Postbote. Für einen Expressbus ist die Fahrt doch sehr geruhsam. Nach der schwedisch-norwegischen Grenze kommen wir bald immer mehr ins norwegische Fjäll, die Berge werden höher und schroffer, die Straßen steiler, die Landschaft rauher. Welch ein Kontrast zur bewaldeten und fast flachen schwedischen Ostseeküste: Hier gibt es neben Nadelbäumen hauptsächlich Fels und Schnee. Nur kurz vor Røkland ist lustigerweise noch eine kurze Etappe schneefrei – die erste seit sieben Stunden. Um viertel nach fünf steige ich in Røkland aus und werde von den Freunden abgeholt und wir fahren zu ihrem Haus nach Skogly hoch. Da wir hier 400 Meter höher als im Tal sind, liegen hier 30 cm Schnee. (Für alle, die das später lesen: wir haben Mitte Oktober!). Der Rest des Tages: Reden, Essen und früh in die Hütte ins Bett gehen.
Schneeschuhe
Am nächsten Tag habe ich ausgeschlafen und war erst um 8:15 wach. Am Vormittag habe ich mir dann einen Rucksack gepackt, Jacke, Mütze, Stiefel und Gamaschen angezogen und den einen Berg hochgelaufen. Nach zehn Minuten war ich aber wieder unten und habe mir Schneeschuhe geliehen. Bei 30 cm Pulverschnee war mir das sonst doch zu anstrengend. Schnell habe ich mir noch ein paar Sachen ausgezogen, denn mit 0 °C war es nicht wirklich kalt und bin langsam bergauf gestiegen. Der Birkenwald lichtet sich immer mehr, der Schnee wurde mit ±50 cm noch tiefer und nach einigen Foto- und Verschnaufpausen war ich dann über der Baumgrenze und hatte trotz grauen Wetters eine phantastische Aussicht auf das ganze Tal und den Gebirgszug gegenüber. Es fing langsam an zu schneien und meine knallgrüne Jacke war der einzige Farbtupfer in der kontrastlosen Schwarzweißlandschaft. Der Berg vor mit ging nahtlos in Wolke über und nur Steine und einige kahle Zweige gaben noch Kontrast. Hier war es auch windiger und so waren manche Flächen fast kahlgeweht und gut zu laufen, während drei Schritte weiter der Schnee sich in einer Senke gesammelt hat und man ohne Schneeschuhe bis zur Brust im Tiefschnee stand. Ohne Schneeschuhe wäre ich nie den Berg so weit hochgekommen. Der Rückweg war dann einfacher, denn mit Schneeschuhen kann man den Hang teilweise herrlich heruntergleiten und gegen drei war ich wieder am Haus der Freunde angelangt, wo zu meiner großen Freude ein Topf noch warmer Nudelsuppe auf dem Herd stand.
Die Tour hat einen riesigen Spaß gemacht und es war gut, dass ich sie an diesem Tag gemacht hatte, den am Abend wurde es schon wärmer und der Pulverschnee des Morgens hat sich in nassen Schneemannschnee verwandelt. Obwohl ich großer Winterfan bin, bin ich trotzdem nicht böse, dass zu Hause noch kein halber Meter Schnee liegt; das darf gerne noch ein paar Wochen warten. Meine Laune wurde dann noch besser, als mir klar war, dass ich nach dem Norwegenurlaub wieder mit dem Bus nach Hause fahren kann und nicht wie sonst immer mit dem Flugzeug zurück in die Großstadt muss. Toll!