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Nordwärts

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Die deutsche Steuererklärung

Sonntag, sieben Uhr: Knapp fünf Grad, Hochnebel bis hinunter zu den Baumspitzen. Der ideale Tag, um endlich meine deutsche Steuererklärung zu machen. Ich habe nach wie vor ein Gewerbe in Deutschland laufen, aber dort keine Einnahmen mehr. Die Steuererklärung 2011 sollte also simpel sein: Einfach nur Mantelbogen, Anlage G, Anlage EÜR, Gewerbesteuererklärung, Umsatzsteuererklärung mit Adresse und Nullen befüllen, ausdrucken, unterschreiben und ab geht die Post.

Manchmal bin ich eben ein bisschen naiv.

Den Mantelbogen und Anlage G durfte ich tatsächlich noch wie bisher ausfüllen, aber die anderen Formulare müssen für das Jahr 2011 erstmalig digital eingereicht werden. Das ist ja an sich eine gute Sache. Ich fand es schon immer widersinnig, lange Formulare am Computer auszufüllen und dann auszudrucken, damit irgendwelche armen Finanzbeamte die Zahlen wieder in einen anderen Computer eintragen. Effizienz geht anders.

Also habe ich meinen Webbrowser geöffnet und die Elster-Seite („Willkommen bei ELSTER – Ihre elektronische Steuererklärung“) aufrufen. Einloggen ging aber nicht. Gut, da kann das Finanzministerium auch nichts zu, dass die ELSTER-Plattform ausgerechnet auf Java basiert und eben dieses Java unter Macintosh wegen Sicherheitsmängeln in allen Webbrowsern deaktiviert wurde. Nach ein bisschen Googeln und Konfigurieren ging das aber wieder.

Aber – wo sind denn die Formulare, die ich heute auszufüllen vorhabe? Die Voranmeldungen zur Umsatzsteuer kenne ich ja schon, aber wo ist der Rest? Ich finde schließlich eine Seite, auf der ich lerne, dass man dafür spezielle Software braucht, die ich unter Software für die elektronische Steuererklärung suchen kann. Anzahl gefundener Freeware für Macintosh: 0. Anzahl gefundener Freeware für Linux: 0. Ich muss also zwingend Windows haben – und wenn ich kein “Raubkopierer” bin, also Geld an Microsoft zahlen – wenn ich in Deutschland meine Gewerbe- oder Umsatzsteuer machen möchte! Das wäre vielleicht ein interessanter Fall für das Kartellamt (oder gibt es sowas in Deutschland nicht mehr?).

Nun besitze ich als Webentwickler ein Programm, mit dem Windows auf meinem Mac ausgeführt werden kann, wenn auch nicht gerade besonders fix. In dieser Umgebung lade ich also das Programm „ElsterFormular“ (Wow, 99.2 MB nur für Formulare!) und schon nach einer Viertelstunde Installation startet das Programm und empfängt mich mit einer grüngrauen Formularoberfläche, für die der Designer im Jahre 1953 vielleicht noch gelobt worden wäre.

Ein Gutes hat das Programm: Es überprüft Formulare auf Vollständigkeit. Ein weiteres Gutes hat es ebenso: Man kann auch ohne Zertifikat, welches beweisen soll, dass ich ich bin, Formulare an das Finanzamt übertragen. In diesem Fall muss man zwar wieder Formulare ausdrucken und per Post schicken, aber sei’s drum. Es hat allerdings ein bisschen gedauert, bis ich begriffen habe, dass die angezeigten pdf-s gar nicht gespeichert wurden, sondern ich manuell die Vorschau als Kopie speichern muss. Wie gut, dass ich ein bisschen weiß, wie Computer geht, sogar auf Windows, wenn es denn sein muss.

Nach knapp zwei Stunden war ich fertig mit dem Steuernummer, Adressen und Nullen eintragen. Sogar mein 18 Jahre alter Laserdrucker funktionierte und druckte die 14 geforderten Formularseiten ein bisschen schief, aber ansonsten anstandslos aus. Nun muss ich das Ganze nur noch abschicken.

Ob ich alles richtig gemacht habe? Keine Ahnung. Aber man hat sich ja daran gewöhnt, dass die Steuererklärungen in Deutschland so kompliziert sind, dass selbst Steuerberater oft nur raten.

Im nächsten Jahr mache ich zum ersten Mal meine Steuererklärung in Schweden, bei der ich auch Musikeinkünfte angebe. Ich bin gespannt, wie kompliziert das wird.

5 Kommentare für „Die deutsche Steuererklärung“

Olaf Schneider schreibt:

Ich musste ein bisschen lachen, denn dieser Artikel ist wie die Steuerformulare: Keine Bilder, grün und grauschwarz.

Sandra schreibt:

Ha, nachdem ich nun 2 Tage dran saß, seh ich selbst schon ganz grün und grauschwarz aus. Zum Glück regnets dauernd, sonst wärs ganz fies gewesen.

Matthias schreibt:

Ich finds ja jedes Mal ulkig, dass diese Software ganz selbstironisch „Elster“ heißt. Weil sie einem ja was klaut :-)

Olaf Schneider schreibt:

Aber die Vogel-Elster zwingt mich nicht zur zeitintensiven Mithilfe, wenn sie an mein Silber will.

Lussekatt schreibt:

Ja, irgendwie ist man nach ein paar Jahren hier doch ganz schön verwöhnt was die Verbraucherfreundlichkeit angeht. Man hat das Gefühl, dass die schwedischen Ämter tatsächlich darum bemüht sind, uns Mitbürgern das Leben so einfach wie möglich zu machen. Was man nicht mit einem Anruf erledigen kann, funktioniert per Computer. Sogar für uns Macuser.
Ich wäre nach spätestens 5 Minuten Deutschefinanzamtsformularenichtruntergeladenbekommen ausgeflippt. Aber wie.