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Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

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Am Wintermeer – Teil 1

Ich als Fan des skandinavischen Winters habe heute ein bisschen neidvoll auf andere Orte Schwedens geschaut: Katterjåkk misst jetzt schon 105 cm Schnee. Wir vielleicht fünf oder acht oder so. Und während in Pajala und Hemavan die Mittagstemperaturen unter -30 °C lagen und in Nikkaluokta in der letzten Nacht -38.7 °C gemessen wurden, hatten wir hier „nur“ so um -10 °C. Das liegt natürlich am nahen Meer, welches hier für vergleichsweise milde Temperaturen sorgt. Und manchmal ärgere ich mich dann, dass ich nicht weit, weit, im nördlichen Inland oder besser noch auf dem Fjäll lebe. Aber dann brauche ich nur ans Meer zu gehen oder zu fahren und schon weiß ich wieder, warum ich es hier mag.


Heute bin ich wieder zu Långhällan gefahren, wo ich zuletzt mit Jochen vor zwei Monaten war.

Es ist eine ganz eigene, faszinierende Stimmung heute morgen an der Küste. Die dichten Wolken sorgen für ein kaltes Zwielicht und alles liegt in Eis erstarrt. Die kleinen Sträucher sind dick von Eis umhüllt. Es ist windig und ab und zu fliegt ein bisschen körniger Schneegriesel vorbei. Weder Mensch noch Tier lässt sich blicken – der Winter auf dem Festland ist ruhig. Doch das Meer ist aufgewühlt. Hohe Wellen überlagern sich, brechen sich, lärmen und rauschen und die Brandung schleudert die Gischt meterhoch in die Luft und über die Felsen ans Land, wo sie sofort festfriert.

Deswegen sind alle Felsen mit einer Eisschicht überzogen und ich bewege mich nur teilweise laufend vorwärts. Manchmal krabbele ich eine größere Stufe hinab oder rutsche auf den Knien weiter. Man sollte sich auf den Felsen halten, denn die glatten Eisflächen bedecken Senken, die metertief mit Wasser bedeckt sein können und vor allem nah am Meer ist das Eis noch dünn. Doch es ist wunderschön, in diese raue Landschaft einzutauchen und mit der Natur eins zu sein.

Eisküste

EisküsteEisumhülltes Bäumchen

Einsame Kiefer auf Eis und Fels

Es muss ein sehr lustiger Anblick sein, mich in ziemlich sonderbaren Haltungen auf den Felsen fotografieren zu sehen. Für ein Detail lege ich mich platt auf dem Boden; die Kamera liegt auf einem Handschuh. Das Motiv gibt leider nichts her und bald laufe ich zurück zum Auto. Inzwischen bewege ich mich viel leichter und entspannter auf dem Eis, ich habe mich wohl daran gewöhnt – nein, ich habe bloss mein Stativ vergessen! Also noch einmal zurück. Zum Schluss mache ich noch ein Foto unter dem Motto „Beach Party“, aber ich bezweifele, dass ich damit den Pauschaltouristen ansprechen kann.

Beim Fotografieren„Beach party“

Jetzt könnte ich den Heimweg antreten, aber nein, noch will ich nicht fort

Reifenspuren

Eigentlich wollte ich heute Abend Schneewehen fotografieren, denn der trockene Neuschnee, der heute morgen gefallen ist, wurde waagerecht vorbei geblasen. Aber dann habe ich etwas entdeckt, was ich viel spannender fand: Der Wind hat den ganzen Asphalt schneefrei geblasen, bis auf einige Reifenspuren, an denen sich der Neuschnee festhalten konnte.

Reifenspuren vor der LotsenstationReifenspuren vor der Lotsenstation

Auch auf dem Parkplatz am Bootshafen war der Schnee komplett weggeblasen und das Eis, welches die Bucht bedeckt hat, war teilweise vom starken Wind wieder aufgebrochen.

Am BootshafenDünne Eisscholle am Bootshafen

Am Rand, wo Gras, Gestrüpp und kleine Kiefern wachsen, haben sich einige Schneewehen gebildet. Kaum 30 Zentimeter hoch, aber genug, um nur noch die Spitzen der jungen Kieferbäumchen herausschauen zu lassen.

Die kleine Kiefer und die kleine Schneewehe

Geschäftsreise

Vor dem AbflugEines hat mir mein Stoffhund Bello voraus: Er kann schon auf eine große Anzahl Geschäftsreisen zurückblicken, die er gemacht hat, als ich Kind war. Was eine Geschäftsreise ist, hätte ich damals keinem erklären können. Inzwischen habe ich eine leise Ahnung, um was es sich handeln könnte. Mit meinem Arbeitgeber Hello Future war ich schon ein paar Mal in Umeå (130 km) und in Lycksele (170 km), aber in Stockholm war ich noch nie. Gestern bin ich zusammen mit Leif nach Stockholm geflogen und war so nicht nur seit langem mal wieder in der schwedischen Hauptstadt, sondern konnte auch die Anzahl „so richtiger“ Geschäftsreisen mit Flugzeug von Null auf Eins erhöhen.

Besonderheit eins: Noch nie bin ich ohne schweren Koffer geflogen. Dieses Mal kam nur ein kleiner Rucksack mit ein bisschen Kleidung, Zahnbürste, Laptop und neuer Kamera als Handgepäck mit.

Besonderheit zwei: Noch nie habe ich Stockholm von Norden aus als Ziel gehabt. Das letzte Mal bin ich im Frühjahr 2008 von München aus für einige Tage dorthin geflogen.

Besonderheit drei: Stockholm ist ein anderer Planet! Wie riesig die Stadt verglichen mit dem eher beschaulichen Skellefteå wirkt. Die Geräusche sind anders, die Gerüche sind anders und sogar das Licht ist anders.

Ausblick vom Observatorielunden

Wir mit Hello Future haben den Luxus, ein Büro mitten in der Kungsgatan zu haben, noch zentraler geht eigentlich nicht. Und da nicht die ganze Zeit Meeting war und ich keine dringenden Aufgaben hatte, konnte ich gestern und heute mal zwischendurch aus dem Büro herauswitschen und mir ein bisschen das große, große Stockholm anschauen. Zum Beispiel die Schaufenster aller Geschäfte, in denen man zum Beispiel nur Schlipse, uralte Bücher, richtiges Brot oder 70er-Jahre-Klamotten kaufen konnte …

Ein SchlipsgeschäftEine richtige Bäckerei!

… oder einfach die Fußgängerzonen an sich …

Gemüsestand auf dem „Hötorget“Steinlöwe in der Drottningsgatan

… oder das Wechselspiel zwischen der kompakten Architektur in den Straßen und den weiten Blicken über das Wasser …

Mitten in der StadtAussicht über das Wasser

… oder die vielen Weihnachtsdekorationen draußen und drinnen …

Weihnachtsdekoration am Sergels TorgEin Kind verguckt sich in einen großen Stoffhusky

… doch am besten gefiel mir Stockholm nach Sonnenuntergang (der siebzig Minuten später als in Skellefteå ist) und es erst dämmrig und dann dunkel wurde.

Stockholm in der AbenddämmerungStockholm in der Abenddämmerung

Vierunddreißig Stunden und fünf Meetings später saßen wir wieder im Flugzeug, dieses Mal im Landeanflug auf den Flugplatz Skellefteå. Und als ich über den beleuchteten Orten Bureå, Skellefteå und Skelleftehamn nicht nur den Sternenhimmel, sondern auch ein schwaches Nordlicht gesehen habe, wusste ich, dass ich wieder auf meinem Heimatplaneten gelandet bin.

Alle Fotos stammen von der neuen Nikon AW1, die ich mir der Wasserdichtigkeit wegen gekauft habe, die sich aber auch gut als handliche Reisekamera verwenden lässt. Die Qualität ist gemessen an dem kleinen Sensor ordentlich bis gut, aber Wunder darf man natürlich nicht erwarten, vor allem wenn man sie mit einer mehrfach teureren Vollformatkamera vergleicht.

Winteranfang

Heute, am ersten Dezember, ist für die Meteorologen Winteranfang. Gleichzeitig ist Skyltsöndag in Skelleftehamn. Doch dazu später.

Zeitungsartikel in der NorranAm Freitag berichtete mir ein Bekannter von dem Zeitungsartikel über mich. Über mich? Ach ja, richtig. Ich wurde ja vor anderthalb Monaten von der Norran interviewt, das hatte ich völlig vergessen. Thema war dieses Mal nicht „Der Deutsche, der freiwillig nach Nordschweden zieht“, sondern „Der Angestellte, der neben seiner Arbeit noch ein Hobby hat“. Während ich das nicht so außergewöhnlich finde, hat Norran aus der Tatsache, dass ich im Kammerchor mitsinge, eine Doppelseite gezaubert.

Gestern morgen war ich kurz an der Küste und habe dort G., den Fischer getroffen. Er hatte ein bisschen zu tun, bis er das Boot erst mit dem Auto an Land gezogen und dann freigeschaukelt hat. Seine Hündin fand das eher doof und hat laut gebellt, bis sie von ihm an Bord gehievt wurde. Eine Minute später hörte man den Außenborder und sah, wie G. sein Boot durch das dünne Eis zum offenen Meer steuerte.

G. wackelt sein Boot frei„Ich bin soo einsam!“

Ruisleipä – RoggenbrotNachmittags war ich bei meinen Nachbarn von gegenüber, um eine Zeitung zu holen, denn ich habe die Norran nicht und war schon ein bisschen neugierig, was man über den Chor und mich so schreibt. Das war ein guter Zeitpunkt, denn ich habe nicht nur die Zeitung bekommen, sondern noch etwas ganz besonderes: E. und ich sind uns einig, dass die Schweden kein Brot können! E. kommt aus Finnland und hatte frisches Roggenbrot gebacken. Da durfte ich probieren und habe gleich ein Stück geschenkt bekommen. Das war so lecker, dass sogar ich Koch- und Backmuffel jetzt beschlossen habe, auch Roggenbrot zu backen. Den Link zum Rezept habe ich, aber ich lasse mir das lieber von E. persönlich zeigen, denn das Rezept ist auf finnisch.


Heute war ja Skyltsöndag, so eine Art kombiniertes Advents-Weihnachtsmarkt-geöffnete-Läden-und-alle-haben-wieder-beleuchtete-Sterne-in-ihren-Fenstern-Fest. Vor zwei Jahren fand es bei Regen statt, letztes Jahr hingegen fiel es aus, weil innnerhalb 24 Stunden 83 Zentimeter Schnee gefallen waren. Und das nach einer Warnstufe 1 (10-20cm). Das räumen auch die Nordschweden nicht mal so eben weg. Ich musste schon ein bisschen lachen, als der smhi gestern wieder Warnstufe 1 Schnee (10 cm) ausgegeben hat.

Als ich heute morgen aufwachte, war auch alles weiß, aber mehr als fünf Zentimeter waren nicht gefallen. Das sieht schön aus, aber das es grau war und auch noch kleinere Schauer herunterkamen, habe ich nur ein paar Photos gemacht.

Reifenspur vorm HausSchneegestöber auf dem kleinen Damm

Die Crystal Topaz in Skelleftehamn„Crystal Pool“ klingt schön. Da denkt man an Urlaub im Süden, türkisblaue Pools mit warmen Wasser, von Palmen umgeben. Und wenn das groß auf einem Schiff steht, dann ist der Gedanke an Kruezfahrten nicht weit. Das Schiff „Crystal Topaz“, welches zur Crysal Pool Group gehört und heute an dem verschneiten Ufer des Ölhafens „Oljehamn“ vertäut war, ist allerdings kein Kreuzfahrtschiff, sondern ein Öltanker. Das erklärt auch die über­dimen­sionale Beschriftung „No smoking“.

SkyltsöndagSpäter war ich dann auch noch auf dem Skyltsöndag, habe ein paar Freunde getroffen, die Verkaufsstände angeschaut und war schnell wieder zu Hause. Allerdings noch mit einem kleinen Umweg nach Ursviken, zur „Kanotudden“, der Kanubucht. Der Fluss ist hier allerdings schon komplett zugefroren und der böige Wind treibt Schnee über die Eisflächen, während die Sonne, die schon um viertel vor zwei unterging, die Wolken in Bonbonfarben taucht.

Eisbedeckte Bucht des Skellefteälven

Unterwasser

Wie schon letzten und vorletzten Samstag bin ich heute wieder zu unserem Winterbadeplatz gefahren. Heute allerdings nicht, um zu baden, sondern mein neues Spielzeug zu testen, welches ich gerade aus der Stadt geholt habe: Die bis 15 Meter Tiefe wasserdichte Kamera Nikon AW1.

Einige Bilder konnte ich machen, ehe der kaum geladene beiliegende Akku leer war.

Der erste UnterwassertestEis im warmen Sonnenlicht

Dann habe ich den Akku aufgeladen und bin noch einmal mit dem Auto zum Strand vor Storgrundet gerutscht¹ und habe dort am und im Wasser ein paar Fotos gemacht. Ich habe aber nicht herausgefunden, wie man Blende, Belichtungszeit oder ISO-Zahl ändert und deswegen sind die meisten Fotos nicht so geworden, wie ich wollte. Da muss ich erst einmal die Anleitung lesen.

Aufgebrochenes EisEisummantelt

Die Kamera kann auch RAW-Format, welches wesentlich besser geeignet ist, um die Bilder noch zu bearbeiten und zu optimieren. Der Weg dahin ist aber steinig: Mein Lightroom 4 kann die RAW-Daten nicht lesen, aber das kann das aktuelle Lightroom 5, welches auch nicht so teuer ist. Lightroom 5 versteht sich aber nicht mit meinem in die Jahre gekommenen Betriebssystem. Da ich mich aber scheue, das System upzudaten, werde ich vermutlich einiger Zeit mit zwei Computern arbeiten. Das sind die Dinge, die mich an der schönen digitalen Welt nerven!


¹ Zum Thema gerutscht: Sowohl ein Freund im Inland als auch eine Nachbarin sagen, sie könnten sich nicht erinnern, es jemals so glatt erlebt zu haben. Die kleinen Wohnstraßen und erst recht die wenig befahrenen Waldwege sind blankes Eis, auf dem selbst die Spikes der Winterreifen kaum fassen. So schleiche ich im Schritt-Tempo durch jede Kurve und das funktioniert dann auch ganz gut.

Gestern Abend bin ich doch vom Weg abgekommen: Mancher Weg hat ein leicht rundes Profil, zu beiden Seiten abfallend. Und wenn dann beide Räder auf der gleichen Seite fahren, kann es sein, dass das Auto trotz der Spikes langsam an den Rand rutscht. Dort fassen die Reifen wieder und man kann weiterfahren, aber es ist ein scheußliches Gefühl und ich fahre nur noch Wege, die ich sehr gut kenne und die keine Gräben haben.

Zu Fuß ist das Ganze nicht besser. Ich habe mich schon ein paar Mal auf den Hosenboden gesetzt und seitdem mache ich meistens die Spikesohlen unter die Stiefel. Wirklichen Spaß, mit den laut „kraatsch-kraatsch“-machenden Dingern zu Laufen macht es aber nicht und bei diesem Eis kommen auch die Spikes unter den Füßen an ihre Grenzen. Vielleicht doch Steigeisen, Bergsteigerhelm und Eispickel …?

Eispiste

Am Sonntag war es schön, Auto zu fahren. Nicht unbedingt, was die Straßenverhältnisse betrifft, denn der Schnee auf den einsamen Waldwegen verdeckt meistens nur das blanke, glatte Eis und es fordert eine gewisse Disziplin, vor jeder Kurve sanft abzubremsen, damit man nicht doch irgendwann einmal von der Straße rutscht, um mit fast unsichtbaren Steuerbewegungen in die Kurve zu fahren, kaum spürbar gerade zu ziehen und danach ebenso sanft wieder zu beschleunigen.

Schön war es, weil schönes Wetter war und im Inland fünf bis zehn Zentimeter Schnee lagen. Alle Seen waren zugefroren, nur an den Mündungen der kleinen, lebhaften Flüsschen war das Wasser noch offen. Und an den Rändern der Seen liefen die Leute Schlittschuhe oder saßen mit ihrer kleinen Plastikangel vor einem Eisloch. Auch der Sumpf, den ich mitten im Nirgendwo (bei Brännvattnet) gefunden habe, war schon so weit zugefroren, dass man ihn zum Fotografieren betreten konnte.

Abenddämmerung am eisbedeckten SeeSumpf bei Brännvattnet

Irgendwann habe ich auch mal aus dem Auto einen x-beliebigen Waldweg geknipst. Dieser war schön breit, aber es gibt auch Wege, die ganz schön schmal sind. Und prompt kam mir auf so einem Weg ein Auto entgegen. Zum Glück für mich und ihn ist der andere Autofahrer freiwillig und sehr lässig ein ganzes Stück zurückgesetzt, bis ich vorbei passte. Ich hätte wahrscheinlich zehn Mal so lange gebraucht und dabei fünf Mal den Motor abgewürgt. Danke, Du netter unbekannter Autofahrer!

Einer von zigtausend Wegen durch den Wald

Heute hätte ich mich mit dem Auto solche Wege nicht entlanggetraut, denn es ist wärmer geworden und es hat gepladdert. Und der kalte Regen ist auf dem Eis der kleinen Nebenstraßen festgefroren und hat sie noch glatter gemacht. Die Straße, die auf dem folgenden Foto zu sehen ist, liegt keine 50 Meter von meinem Haus weg, aber ich habe mir Spikessohlen unter die Stiefel geschnallt, damit ich da überhaupt hinkomme. Zum Glück sind alle größeren Straßen frei.

Eispisten in Skelleftehamn

Drei Millimeter Schnee

Es fällt auf, wenn es Abends draußen plötzlich heller wird – Entweder fährt jemand mit Fernlicht oder es fällt Schnee auf die eisbedeckte Straße und reflektiert alles Licht.

Selbst wenn – wie gestern Abend – nur drei Millimeter herunterfallen, machet das einen Unterschied. Vor allem der eisbedeckte Fluss und das Meer hinter der nahen Insel Storgrundet sehen völlig anders aus als gestern oder vor drei Tagen.

Einige Fotos von heute morgen:

Storgrundet in Richtung SüdostStorgrundet in Richtung SüdostStorgrundet in Richtung NordwestFlusseis

Das Eis trägt

Wie so oft die letzten Wochen, war ich heute vor Sonnenaufgang an der Küste. Der Schnee ist weg, das Wasser noch offen, aber vorne auf den kleinen Buchten liegt Eis, welches von den Wellen hin- und hergetrieben wird. Und hinten, am Horizont, liegt eine dunkelgraue Wolkenwand, die in Richtung Sonnenaufgang rotviolett beschienen wird. In Skellefteå nennt man diese Wolken, die vor allem am Anfang des Winters oft über dem Meer liegen „Vinterväggen“ – die Winterwand, weil sie so kompakt wie eine Wand aussehen.

Morgendlicher Blick auf die Ostsee

VinterväggenWeit draußen – fünfzehnfach vergrößert

Neugierig bin ich auf die hohe Brücke nach Örviken gefahren. Letzten Sonntag hat der Sturm Hilde das Flusseis komplett aufgebrochen, danach war es allerdings kalt. Ob man wohl noch paddeln kann? In Richtung Sonnenaufgang und Meer ist die Flussmündung bis auf die Ränder eisfrei, aber der Blick nach Westen in den Fluss hinein hat mich erstaunt: Der Fluss ist komplett eisbedeckt. Na gut, dann bleibt das Kajak in der Garage und ich fahre mit dem Auto zum Winterschwimmen.

Blick zum Meer nach OstenBlick nach Westen

Eine Stunde später stehe ich an unserem Badeplatz und blicke auf das Eis. Kurze Zeit später kommen Jarkko und Tiina und zu meiner Überraschung betritt Jarkko direkt das Eis, um ein Eisloch zu sägen. Ich bin doch ein bisschen erstaunt, dass das Eis trägt. Während Jarkko zu Ende sägt, unterhalte ich das Feuer in der kleinen Sauna, damit wir es nach dem Eisbaden warm haben. Vier Winterbader sind wir heute und Tony macht ein Foto von mir, während ich mein zweites Eisbad der Saison nehme.

Unsere WinterbadestelleJarkko sägt ein EislochDer Saunaofen heiztEisbad – herrlich! (Foto: Tony Mäki)

Am Rand haben sich wieder kristalline Eisstrukturen gebildet. Kaum kommt die Sonne hinter dem „Vinterväggen“ hervor, ändert sich das Licht auf dem Eis von kaltblau zu warmorangegelb. Nein, ich traue mich nicht, dort das Eis zu betreten (erst recht nicht mit meiner Kamera), aber ein Bild mit ausgestrecktem Arm gelingt und erweitert meine Fotoserie Eisstrukturen.

Eismuster im SchattenEismuster in der Sonne

Eismuster, Detail

Während wir das Eis nur betreten, um zu baden, nutzen andere den schönen Tag auf dem Eis: Die ersten zwei Eisfischer wagen sich weit auf den Fluss hinaus, erst vorsichtig mit Leine gesichert, dann sitzen sie und angeln. Von Osten her kommen Vater und Sohn mit Eishockeyausrüstung souverän auf Schlittschuhen heran geglitten und bestaunen unser Eisbad.

Der erste EisfischerEishockey auf dem Fluss

Der Fluss gehört mir!

Wieder fühle ich mich dem Winter ein bisschen näher und ich bin gespannt, wann ich das erste Mal zu Fuß zur nahen Meerinsel Storgrundet hinüberlaufen kann.


Kleiner Nachtrag zum Fotografieren: Heute habe ich etwas gelernt: Man soll keinem Kind den Kopf abschneiden, auch wenn es nur eine Spiegelung ist. Anstatt den Gesamteindruck des Bildes im Sucher zu sehen, habe ich mich zu sehr auf das eigentliche Motiv – den Jungen – fokussiert und daher nicht auf das Spiegelbild geachtet, welches ich im Nachhinein gerne komplett auf dem Bild gehabt hätte. Viel Zeit für solche Überlegungen war allerdings nicht, denn die beiden Eisläufer waren ganz schön flink.

Ein kalter Tag

Die Nacht war klar, die Temperatur sank kontinuierlich und heute morgen zeigte das Thermometer -9.6 °C an. Bis um drei pendelte die Temperatur um -10 °C, jetzt, gegen vier, bezieht es sich und es wird ein kleines bisschen wärmer.

Die geschützten Buchten der Ostsee fangen jetzt an zuzufrieren, aber der kleine Bootshafen „Tjuvkistan“ ist noch fast eisfrei.

Tjuvkistan vor Sonnenaufgang

Das geschützte Meer hinter der Insel Storgrundet ist hingegen schon komplett eisbedeckt. Ich finde es jedes Mal wieder erstaunlich, wie schnell das geht – manchmal von einem Tag auf den anderen. Immerhin war die gleiche Stelle am Sonntag noch von zappeligen Wellen bedeckt, nachdem sich Sturm Hilde ausgetobt hatte. Heute morgen, keine vier Tage später sah es hingegen so aus:

Storgrundet in Richtung SüdostStorgrundet in Richtung Nordwest

An dem Stein sieht man gut, dass der Wasserspiegel mehrmals seine Höhe gewechselt hat und jedes Mal ist an der Oberfläche das Wasser festgefroren.

Jetzt bin ich ein bisschen unschlüssig: Soll ich eher darauf hoffen, dass ich noch einmal paddeln kann oder lieber darauf, dass ich bald zu Fuss über das Eis laufen kann. Vermutlich muss ich für einige Zeit sowohl auf das Eine als auch auf das Andere verzichten. Daher hoffe ich auf Schnee, denn auf die erste kleine Runde mit Skiern freue ich mich auch schon.

Eisumkranzter Grashalm