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Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

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Raureif 70-200mm

Zwei Gründe gab es, heute vor der Arbeit, und dann noch einmal mittags zum Fotografieren draußen zu sein: Zum einen der herrliche Raureif, der sich vor allem um die filigranen Zweige der Birken gelegt hat, zum anderen ist gestern mein neues Nikon-Teleobjektiv gekommen, welches ich natürlich sofort ausprobieren wollte.

Vermutlich werde ich bald irrsinnig starke Handgelenke vom Halten haben, denn alleine das Objektiv wiegt anderthalb Kilo. Ich muss mich jetzt daran gewöhnen, das Tele und nicht die Kamera am Stativkopf zu befestigen, denn sonst nickt die Kamera vorne über.

Aber genug vom Fotografieren, hier kommen drei Bilder von heute morgen in Skelleftehamn und Ursviken:

Raureif ummantelt die Birken am MeerGåsören dunstig und eisumschlossen

Der Kanuverein an der „Kanubucht“ in Ursviken

Nach der Mittagspause war ich noch am Fluss. Die Sonne bestrahlte den eisbedeckten Fluss, der fürchterlich knarkste und krachte, und die beraureiften Baumreihen.

Zwei Flosse vor Skellefteås Flussinseln Ytterholmen und Karl Fredriksholmen

Wenn es trocken und kalt ist, dann rieselt oft feinster Eisstaub aus dem Nichts. Normalerweise würde man den gar nicht sehen, wenn das Eis nicht so in der Sonne glitzern würde. In Richtung Sonne bildet sich dann oft eine Lichtsäule, die durch die Reflektionen der horizontal schwebenden Eisplättchen entsteht. Schwer zu fotografieren, da die Lichtsäule immer genau in Richtung Sonne steht, aber auf dem folgenden Bild sieht man es zumindest ein bisschen im Detail, auch wenn das goldene Glitzern fehlt.

Auf dem Bild mit Floß und Flussinseln kann man nicht nur die Lichtsäule, sondern auch am rechten Bildrand einen schwachen regenbogenfarbigen Streifen sehen. Das ist keine Reflexion im Objektiv, sondern diesen farbigen Streifen konnte man auch in Natura sehen.

Feiner Eisstaub reflektiert die Sonnenstrahlen und bildet eine Lichtsäule

Rund um die Kälte.

Ich mag Winter, Schnee und Kälte, mein Auto hingegen weniger. Ich habe mich gestern, als ich das Auto bei Långhällan im Schnee geparkt habe, ein bisschen im Schnee festgefahren, war aber nach einer Minute Schaufelei wieder frei. Zum Glück habe ich immer eine Schneeschaufel im Kofferraum.

Dann fährt man los. Und atmet. Die Scheiben beschlagen sofort und die Feuchte friert direkt fest. Es ist dann ein bisschen Jonglage, abwechselnd die Lüftung voll auf die Frontscheibe zu steuern und dann wieder auf die Seitenscheiben, damit man auch den Seitenspiegel sieht, denn der Rückspiegel ist wertlos, weil auf der Heckscheibe immer irgendwelcher Schnee klebt. Aber nach ein paar Minuten hat man meist freie Sicht und dann macht das Autofahren durch die helle, weiße Landschaft Spaß.


Tipp: Wenn man dann aus dem Auto steigt, um zu fotografieren, immer Handschuhe anziehen. Immer! Gestern meinte ich mal wieder klüger zu sein und war keine zwei Minuten ohne draußen. Die nächste viertel Stunde habe ich die Kleinfingerspitzen vor die warme Lüftung gehalten, damit sie wieder auftauen. Und selbst heute, einen Tag später, spüre ich es links noch ein bisschen. Fotografen, achtet auf Eure Finger!


Gestern nachmittag wurde ich spontan in die Stadt eingeladen. Das Auto sprang auch bei -25 °C nach zweieinhalb Sekunden an, der Saab-Kombi ist da hart im Nehmen. Aber der Kofferraum schloss nicht. Das Schloss war auf „zu“ und wollte sich partout nicht öffnen und rastete deswegen nicht ein. Da nützte kein Spray, kein Rütteln und auch der Badezimmerfön ließ das Schloss kalt. Mit offenem Kofferraumdeckel wollte ich nicht fahren, Also musste ich schauen, wann am Sonntag ein Bus fährt und habe mich nochmals in meine dicken Daunensachen geworfen. Auf dem Rückweg hatte ich es gut und wurde mitgenommen.


Gestern vormittag: Skellefteå 30 °C kälter als MünchenHeute morgen habe ich das Auto in die Werkstadt gebracht. Da es weiterhin kalt sein sollte, so um -20 °C, war ich wieder warm eingepackt, denn ich wusste nicht, wie lange ich auf den Bus warten müsste. Aber die Wetterprognose hat gut daneben gelegen, denn überraschenderweise stieg die Temperatur in der Stadt innerhalb von elf Stunden von -27 °C (4:00) auf – 8°C (15:00). Fast zwanzig Grad mehr, das ist ein Unterschied, den man deutlich merkt. Die Nasenhaare frieren zum Beispiel nicht mehr ein und Handschuhe sind nicht mehr so wichtig.


Morgen und übermorgen sollen angeblich immer noch Temperaturen um -20 °C sein, aktuell haben wir aber hier immer noch -8°C und ich habe ein bisschen den Glauben an die Wettervorhersage verloren. Ich bin gespannt …

Packeisküste

Canada Goose – ein Traum für Winterfotografen

Wenn ich mir das Photo anschaue, dann könnte ich auch behaupten, ich hätte gerade zu Fuss Grönland durchquert. Ihr könntet entgegnen, dass könne ja jeder sagen, es sei ja noch nicht einmal sicher, ob ich überhaupt in der Jacke drinstecke. Darauf hätte ich nichts zu entgegnen, also bleibe ich lieber bei der Wahrheit.

-26 °C im GartenEigentlich sollte es das ganze Wochenende bewölkt sein, aber das Wetter hat sich nicht an die Prognose gehalten und es war schön und klar. Und wenn es klar ist, kann es kalt werden. -26 °C zeigte das Thermometer heute morgen am Haus und das war für mich das Zeichen, nicht nur zum Fotografieren hinauszufahren, sondern mich auch warm anzuziehen. Denn im liebe zwar Winter und Kälte, bin aber im Grunde ein Weichei und habe es gerne warm. Das Bild oben ist also nicht in Grönland, sondern bei Långhällan an der Ostsee entstanden. Kalt war es aber auch.

Wie man auf dem Bild sieht, liegt vor Långhällan kein glattes Eis, sondern zusammengefrorenes Treibeis, welches fahl von den Dämmerungsfarben angestrahlt wird. Zwei Stunden stand ich bestimmt da, schaute und mache Photos, aber am Schönsten war es, als die Sonne herauskam und anfing, immer größere Teile der eisummantelten Küste und des Packeises zu bestrahlen.

Packeis vor LånghällanBald geht die Sonne aufSonnenaufgangNun ist das Eis sonnenbestrahlt

Einen kleinen Schwenk mit dem Auto habe ich noch gemacht. Am schönsten fand ich die Sicht von der Brücke über den Bureälven, aber auch den Zaun um den Flugplatz fand ich sehenswert, obwohl ich Stacheldraht fürchterlich finde. Nach Mittagstemperaturen um -22 °C fiel das Thermometer wieder, aktuell (15:30) liegt es bei -25 °C.

Brücke über den Bureälven bei Östra Falmark

Flugplatzzaun

Nachtrag

Jetzt ist es 0:00, der Sonntag ist vorbei und mit Temperaturen zwischen etwa -22 °C und -26 °C ist er der kälteste Tag der Saison und der erste, dessen Maximum unter -20 °C lag. Auf der Seite Temperaturen 2013/14 kann man ganz gut sehen, wie die Temperaturen innerhalb von elf Tagen um etwa 30 °C sanken.

Wenn Ihr denkt, das sei kalt: In Karesuando und anderen Orten an der Nordspitze Schwedens lagen die heutigen Temperaturen den ganzen Tag unter -35 °C und teilweise unter -40 °C. Das ist dann wirklich kalt und sieht auch dementsprechend aus.

Tegsnäs 8′

Heute bin ich endlich mal dazu gekommen, die Tegsnässki, die ich vor einem Jahr gekauft habe, auszuprobieren. Diese Holzski sind für Wald und lockeren Schnee gemacht, 7.5 cm breit aber vor allem lang: Zwei Meter vierzig misst mein Modell! Ich brauchte gar nicht so weit zu laufen, bis ich den Wald erreicht habe:

Mein Eingang in den Wald

Anfangs waren noch Fußstapfen und Skooterspuren zu sehen, dann Tierspuren von Hase und Reh. Man konnte immer wieder Stellen sehen, wo die Rehe mit den Hufen nach Futter gescharrt haben, doch die wurden, ebenso wie die Spuren, bald weniger. Finden die Wildtiere vielleicht mehr Futter nahe der Zivilisation als mitten im Wald? Der Winter kann hier eine harte Zeit für die Tiere im Wald sein und wenn er lang ist, treibt der Hunger die Rehe auch in die Wohnstraßen. Ich brauchte mir um Futter keine Sorgen zu machen, schwieriger war es hingegen, sich mit den langen Skiern einen Weg durch den dichten Wald zu bahnen. Ich fürchte, ein paar Zweige mussten heute dran glauben, als ich mich durch irgendwelche Lücken gequetscht habe.

Große verschneite KiefernMitten im verschneiten WaldHier haben Rehe nach Futter gesuchtHier habe ich einen Weg gesucht

Bald stand ich am See Snesviken, den ich dann mit den Skiern überquert habe. Inzwischen klarte es langsam auf und die Sonne schien warm durch die Wolken. Ich hatte gleichzeitig blauen Himmel über mir und Schneefall. Und das ist vielleicht mein Lieblingswetter: Schnee aus klarem Himmel, der von der orangefarbenen Sonne goldfunkelnd beschienen wird. Und so stand ich am Ufer, schaute zurück auf meine Spur und freute mich.

Genau am richtigen Platz: Hütte zum Objektiv wechselnAber ich hatte ein Luxusproblem, ein fotografisches Luxusproblem: Das würde ja viel schöner aussehen, wenn ich das mit dem Tele fotografiere, aber bei Schneefall wechsele ich keine Objektive. Fünf Schritte schob ich meine Skier an Land, da sah ich sie: Die freistehende Fotografen-Objektivwechsel-Hütte! So konnte ich mein Foto machen, ehe ich wieder auf mein „Immer-Drauf“-Weitwinkel gewechselt habe.

Schnee und Sonne über dem Snesviken

Weiter bin ich durch den Wald gelaufen, das Gestrüpp wurde immer dichter und der Weg schwieriger. Dabei hätte ich die Ski gar nicht gebraucht, denn der Schnee ist innerhalb einer Woche von ca. 70cm auf handliche 30cm zusammengesackt. Doch bald stand ich dort, wo ich hinwollte: Am Meer!

Die Ostsee, unendliche Weiten. Und zugefroren bis zum Horizont. Ob ich es wagen soll, über das Eis …? Nein, lieber nicht. Doch links läuft jemand mit Skiern übers Eis, rechts gehen zwei zu Fuß zu ihrer Stuga auf die Insel, dann wird das Eis auch meine Monsterski halten. Und so bin ich ein kleines Stück das Meer hinaus gelaufen, ein kleines Stück Außenkante der Insel Storgrundet, und dann über die Insel, um dann den Heimweg anzutreten.

Auf das Meer hinausStuga auf der Insel Storgrundet

Nach Hause? Warum? Es ist doch noch nicht einmal zwölf! Doch ich habe einen entscheidenden Fehler bei dieser Tour gemacht: Keine Schokolade! Auf das komische Maisbrot, was ich auf die Schnelle eingepackt habe, hatte ich keine Lust, denn bei Skitouren bin ich wie eine Wespe im August: Ausschließlich auf Süßes fixiert! Und so war ich, wie die Rehe vor ein paar Jahren, selbst auf Futtersuche und bin nach Hause gelaufen. Bei ICA habe ich erst einmal Kekse und Schokolade gekauft. Kekse für sofort und Schokolade für die nächste Skitour.

Etwas ganz besonderes hatte diese Tour: Ich war nie als weiter von zu Hause weg als 1500 Meter Luftlinie! Und das erste Foto ist gerade mal 300 Meter von meinem Haus entfernt. Es gefällt mir immer besser, so naturnah zu wohnen und auch wenn ich mir vorstellen könnte, nah am Fjäll zu wohnen, so liebe ich es doch, hier die Ostsee vor der Tür zu haben.


Langsam fällt das Thermometer. -15 °C hatte es heute morgen, -17 °C heute mittag und -19 °C um vier. Ich bin noch einmal mit dem Auto losgefahren, dieses Mal zum Strand Harrbäckssand in Ursviken. Mir war ein bisschen fröstlig, denn bei Skitouren habe ich immer wenig an, damit ich nicht schwitze. Mache ich aber viele Fotos, so rächt sich das ein bisschen. Nun war ich zum Fotografieren draußen und habe mich angezogen, als wären es -40 °C: Daunenhose, Canada-Goose-Daunenparka und über die dicken Fingerhandschuhe noch Daunenfäustel. Das heizt! A popros -40 °C: Diese Temperaturen hat es jetzt ganz im Norden Schwedens und der Zug nach Narvik fährt heute nur bis Kiruna, der Kälte wegen. Eine schöne Gelegenheit für das Aftonbladet, eine reißerische Schlagzeile aufs Titelblatt zu platzieren: „Snökaos & Extremkyla“ – Schneechaos und Extremkälte. Während die ganz normale alljährliche „Extremkälte“ den hohen Norden trifft, wird der Schnee in Südschweden erwartet und dort bedeutet Schnee leicht einmal Chaos, ähnlich wie in Deutschland.

Ein Foto noch von Harrbäckssand heute nachmittag:

Wer schaukelt mit mir?

Weiße Weiten

Die Kälte der letzten 7 Tage – erst um -10°, dann um -15 °C – hat das Meer zufrieren lassen und ein paar Zentimeter Schneefall haben das Eis weiß bedeckt. Stand man vor zwei Wochen am Meer, so sah man Wasser und Wellen; steht man jetzt am Meer, so sieht man eine weiße, weite Fläche bis zum Horizont. Vielleicht eine eingefrorene Eisscholle hier, eine erste Tierspur dort. Und am Horizont die Insel Gåsören, scheinbar zu Fuß schon sicher zu erreichen.

Die Ostsee. Am Horizont die Ostseeinsel Gåsören

Doch es wird noch dauern, bis man sicher über das Eis zur Insel laufen kann. Das sieht man schon daran, dass hier noch keine einzige Skooterspur über das Eis führt.

Lichtsäulen

Heute Nachmittag fiel Eisstaub aus dem klaren Himmel. Dann bilden sich oft Lichtsäulen, wie auch gestern schon. So deutlich wie heute habe ich das aber selten gesehen und deswegen habe ich ein Foto von Rönnskär gemacht. Kurze Zeit später ging der Eisstaub in größere Eiskristalle über und der schöne Lichteffekt war schon wieder vorbei.

Lichtsäulen über Rönnskär

Gleissende Lichter am Horizont

Kurz vor Mitternacht hätte ich natürlich auch ins Bett gehen können. Ich bin eher Frühaufsteher und war schon ziemlich müde. Aber der klare Sternenhimmel und der Vollmond, der klar und hell die verschneite Umgebung beschien, da wollte ich noch mal raus. Nur kurz mit Kamera zum Meer. Warmen Parka anziehen empfiehlt sich aber dennoch, bei -21 °C. Doch als ich zehn Minuten später am Meer stand, war alles bewölkt. Wo kamen die Wolken her? Es war nicht so, dass irgendwoher die Wolken aufziehen, sondern „knips!“ – waren sie da.

Na gut, aber am Meer ist es auch bewölkt schön und der Mond schaffte es auch noch durch die Wolken durch und beschien die von Schnee und Eis ummantelten Felsen.

Wintervollmond am gefrorenen Meer

Danach hätte ich natürlich auch nach Hause fahren können, aber Lichter am Horizont machten mich neugierig. Bohrplattformen haben wir nicht, eine Stadt liegt da auch nicht, also ist es vermutlich ein Schiff. So war es dann auch. Als ich an der Lotsenstation stand und die Landzunge hinausging, um zu fotografieren, traf mich von hinten das Scheinwerferlicht eines anderen Autos. Eine in Neongelb bekleidete Figur lief zum Steg und kurze Zeit später konnte man hören, wie das kleine Lotsenboot sich ruckhaft den Weg durch die vereiste Fahrrinne bahnte. Es war auf dem Weg zu dem Schiff. Bei dem Foto sieht man sehr schön, wie sich bei der kalten Luft sofort Eisnebel über dem offenen Wasser bildet.

Nachtschiff am Horizont

Auch weiter nördlich waren die starken Strahler eines Schiffes zu sehen. Der Strahler war nicht zum Himmel gerichtet, sondern durch die Reflektion des Lichtes an Eisplättchen entstand vermutlich eine sogenannte Lichtsäule. Nun weiß ich also, wo Skelleftehamns Nachtleben stattfindet: Auf dem Meer!

Lichtsäule auf See

Meine Güte, zehn vor drei und das mir! Und ich muss morgen arbeiten. Schnell den Artikel veröffentlichen und dann ins Bett.

Wer das Foto vom Schiff nicht so richtig toll findet, darf mir gerne ein besseres Objektiv schenken. Postadresse steht unter Kontakt ;-)

Alltag: Ein Januarmittwoch

Ich habe festgestellt, dass ich hauptsächlich über meine zugegebenermaßen recht zahlreichen Freizeitaktivitäten berichte. Das will ich ein bisschen ändern und beginne mit einer Alltagsreihe. Heute ist

Mittwoch, der 15. Januar 2014

Um halb acht klingelt der Smartphone-Wecker. Schön für ihn, ich bin nämlich schon eine viertel Stunde wach. Mein erster Blick geht immer auf das Thermometer: -15.4 °C, einige Grad wärmer als am Vorabend, ein Zeichen dafür, dass es sich zugezogen hat. Mein Frühstück besteht aus Müsli mit Filmjölk, einem Art Sauermilch, die ich sehr gerne esse.

Dann das Anziehen: Skihose, Winterstiefel, Polarparka, Mütze und Handschuhe angezogen und auf geht es zum Bus, das sind nur fünf Minuten von mir. Dort räumt gerade ein Bagger Schnee von A nach B. Und bald kommt der Bus, wo beim Fahrer eine Fahrt von meiner Plastikkarte abgebucht wird.

Ein Bagger räumt SchneeWarten auf den Bus

Heute gibt es kein WLAN im Bus, etwa die Hälfte hat das schon, aber das macht nichts, denn auch über das Handynetz lässt sich gut im Internet unterwegs sein, zum Beispiel um Zeitung zu lesen oder bei Facebook zu schauen. Heute bin ich auch mit Fotografieren beschäftigt. Nach einer guten halben Stunde Fahrt – der Bus fährt Umwege und hält fast überall – bin ich in der Stadt. Normalerweise gehe ich jetzt durch die fußbodenbeheizte Fußgängerzone zur Arbeit, heute jedoch mache ich einen kurzen Abstecher zum Fluss, wo in dreieinhalb Wochen das Winterschwimmen stattfinden soll. Der Fluss ist teilweise noch offen und ich glaube nicht, dass wir dort in ein paar Wochen festes, begehbares Eis haben.

Busfahrt in die StadtDer Fluss ist teilweise noch eisfrei

In der Küche erfahre ich, dass wir zwei große Projekte zugesagt bekommen haben. Das sind natürlich gute Neuigkeiten, zumal ich die Projekte interessant finde. Die meisten trinken erst einmal einen Kaffee, denn Schweden ist ein Land der Kaffeetrinker. Dann fange ich an zu arbeiten.

Gegen zwölf gehen wir zum Mittagessen. Fast alle anderen arbeiten heute zu Hause oder sind in Meetings verschwunden und so sind wir nur zu dritt. Typisch wäre folgendes Mittagessen gewesen: Fleisch, Kartoffeln, braune Soße, Salat und ein „Måltidsdrick“, ein Mischung aus zu viel süßem Sirup und zu wenig Wasser. Danach einen Kaffee und einen Keks. Heute hingegen gehen wir ins „Café lilla Mari“, welches verschiedene kleine Gerichte hat und die vermutlich größte Auswahl an Kuchen und herrlich gemütlich ist.

Verlockungen an der KasseUnser Essen kommt!Mein heutiges MittagessenIm Café Lilla Mari

Eine normale Mittagspause mit Hin- und Rückweg dauert exakt eine Stunde. Ob „Der Schwede an sich“ das im Gefühl hat oder er das so gut abpasst, weil er ohnehin dauernd aufs Smartphone schaut, habe ich noch nicht ergründet. Danach arbeite ich weiter. (Webseiten mit DOM und XPath parsen, um damit eine JSON-API zu bauen, die ein Dienst im Webview unserer App anrufen kann. Nun wisst Ihr Bescheid.) Gegen halb sechs beende ich meinen Arbeitstag. Meistens höre ich aber schon eher auf, fange allerdings auch früher an.

Weil noch Platz ist: Unsere Kissenecke im BüroAbkürzung zur Fußgängerzone

Ich gehe kurz in die Stadt, um nach Winterstiefeln zu schauen. Nicht, dass ich nicht schon drei sehr warme Paar besitze, aber das sind alle hohe Stiefel und sie sehen mir ein bisschen zu sehr nach Extremoutdoor aus. Aber ich finde nichts. Dann kaufe ich bei ICA – der schwedischen Lebensmittelkette das übliche Käseschinkenbrötchen, was ich oft esse, wenn ich danach noch in der Stadt etwas vorhabe.

Heute haben wir unser regelmäßiges Mittwochstreffen mit „Dark & Cold“. Da wir nun in der heißen Phase der Winterschwimmeisterschaftsplanung sind, sitzen wir drei Stunden da und diskutieren. Über Dinge wie Eisdicken, Polizeigenehmigung, Plakate, Pressearbeit, Sponsoren, Rettungstaucher und vieles mehr. Die anderen gehen davon aus, dass der Fluss in ein paar Wochen fest zugefroren sein wird. Sie haben mehr Erfahrung damit als ich und ich glaube es ihnen einfach einmal. Nach dem Treffen habe ich es gut, weil ich von Freunden nach Hause gebracht werde, obwohl das für sie ein Umweg ist. Unterwegs zeigt das Thermometer -21 °C an und auch in Skelleftehamn sind es -20 °C, der kälteste Abend bisher in diesem Winter, als ich zu Hause ankomme.

Heute morgen am Meer

Eisbedeckt bis zur Insel Storgrundet

Nun ist die Ostsee also eisbedeckt und die Stellen, die gestern noch offen waren, sind auch zugefroren. Kein Wunder, denn innerhalb einer Woche ist das Thermometer von +3 °C auf -18 °C gefallen, also drei Grad pro Tag. Dabei ist es hier sogar noch mild im Vergleich: Am Flugplatz wurden -23 °C gemessen, Freunde in Kusfors – 70 Kilometer im Inland – hatten heute Abend -28.4 °C und im Norden Schwedisch Lapplands lagen die Minima vielfach unter -35 °C.

Ein ganzer Tag frei

Liebe Blogleser: Kennt Ihr schon den Artikel Ein halber Tag frei? Da fängt diese Geschichte an. Also hier erst weiterlesen, wenn Ihr das andere gelesen habt. Versprochen?


… gleich geht’s aber wirklich los zur Arbeit. Nur noch mal bei der Lotsenstation schauen.

Und ich habe geschaut, noch einmal geschaut und dann bei Hello Future angerufen, um den ganzen Tag frei zu bekommen. Denn es ist ein wunderschöner Anblick, wenn die Ostsee beginnt, zuzufrieren und da es heute gerade so klar und schön war, wollte ich noch den Rest des Tages draußen bleiben. Erst habe ich von Land fotografiert, dann auch vom flachen Wasser aus. Es war aber gar nicht so einfach die Eiskante herunter- und wieder hochzuklettern, denn auch wenn sie nicht an allen Stellen zwei Meter hoch ist, glatt ist sie überall.

Eiskante vor der Halbinsel NäsgrundetMeereiszapfen

Warme Sonne, kaltes Eis. Gåsören am Horiziont

Und so sah ich nach den Fotos aus: Wathose gegen kaltes Ostseewasser, warme Jacke gegen die kalte Luft, und rundum zufrieden. Ich musste zwei Anläufe für dieses Foto machen, denn das Eis war so glatt, dass ich beim ersten Mal hinsetzen mich nicht halten konnte und sitzend langsam wieder herunter zur Kamera schlitterte.

Zufrieden und erfüllt

Danach fuhr ich erst einmal zum ICA, Lebensmittel einkaufen und nach Hause, denn ich hatte seit dem Frühstück weder etwas gegessen oder getrunken und mein Magen knurrte ungehalten. Aber dann bin ich noch einmal losgefahren, zu der gleichen Stelle wieder. Denn das schöne Pfannenkucheneis am Damm zur Halbinsel wollte ich noch ablichten.

Pfannkucheneis

Zwei Bilder möchte ich noch zeigen, dieses Mal nicht Natur, sondern Menschgemachtes: Erst (von der ersten Runde) die Lotsenstation vom Wasser aus und dann (von der zweiten Runde) die Industrieanlagen auf der Halbinsel Rönnskär.

Die Lotsenstation aus NäsgrundetRönnskär am Nachmittag

Na gut, ein Bild habe ich noch. Was macht man, wenn man einen wasserdichten Overall und eine wasserdichte Kamera hat: Fotos nah am Wasser. Wenige sind etwas geworden, denn es war fast zu dunkel für die kleine Kamera, um vernünftig zu fokussieren. Wie ein merkwürdiger Traum war es, auf dem weichen Eis zu liegen, halb im Wasser, und zu sehen, wie der Mond, von Jupiter begleitet, seine Strahlen über die vereiste Ostsee schickt.

Traum

Mein Dank geht an Hello Future, dessen fast grenzenlose Flexibilität mir diesen Tag heute ermöglicht hat. Tack så mycket, E., J. und L.