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Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

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Autowandern

Dieses Wochenende bin ich mit meinem neuen Auto kreuz und quer durch die Gegend gefahren. 311,5 Kilometer oder (klingt schwedischer) „so etwa 30 Meilen“. Das Wetter war herrlich: Blauer Himmel und vor allem gestern überraschend warm. (Ich finde knapp 10 Grad und Sonnenschein überraschend warm). Deshalb habe ich gestern Nachmittag einen Teil meiner Holzterrasse vom Schnee befreit und konnte tatsächlich im T-Shirt draußen sitzen. Das fühlte sich schon so sehr nach Sommer an, dass ich ein Foto – sagen wir ein wenig manipuliert habe, um meinem Der-Sommer-kommt-bald-Gefühl Ausdruck zu verleihen.

Aber wieder zurück zum Autowandern. Ich weiß nicht, ob irgendjemand von Euch dieses Wort in seinem aktiven Wortschatz hat. Hatte ich auch nicht. Aber ich fand, es trifft meine beiden Ausflüge ganz gut. Ich wusste gestern nur, dass ich in Richtung Kåge und heute, dass ich in Richtung Bureå aufbrechen wollte. Der Rest hat sich einfach ergeben, meist in dem Sinne „Oh, dort sieht‘s nett aus.“. Mein Auto ist jetzt pottendreckig, denn ein Teil der Straßen und Wege sind unbefestigt, zur Zeit ziemlich weich und mit tiefen dreckwassergefüllten Pfützen bestückt. Auf den meisten kleinen Straßen war ich allein unterwegs und da ich nicht immer in die Karte geschaut habe, war es immer spannend, ob man den Schotterweg nach einer Meile wieder zurückfahren muss oder nicht. Aber meistens geht es irgendwie weiter und wenn man dann plötzlich ein Vorfahrtschild und eine Asphaltstraße sieht, dann weiß man, dass man nicht umkehren muss.

Ich habe keine Ahnung, ob es damit zusammenhängt, dass ich Fahranfänger bin oder nicht, aber ich finde manche Geschwindigkeitsbegrenzungen nun ja … optimistisch. Gerne taucht das Tempo-70-Schild mit Warnung vor Bodenwellen und Warnung vor kurvenreicher Strecke auf, auf denen ich höchstens 50 fahre. Aber ich weiß, es sind ja Höchstgeschwindigkeiten.

Fotografieren

Eigentlich wollte ich ganz viele und ganz tolle Fotos machen. Und was passiert: Der nahe Adler ist wieder Weg, eh ich das Tele auf der Kamera hatte und übrig bleiben zwei Postkartenmotive von der Kirchen in Kåge und der Friedhofskapelle in Bureå. Na toll.

Ich finde es wirklich nicht einfach, mit dem Auto zum Fotografieren unterwegs zu sein. Sicher, es gibt manches schöne Motiv am Straßenrand, aber das sieht man immer erst, wenn man schon halb vorbei ist. Und es ist nicht immer einfach, das Auto irgendwo zu parken. Gleichzeitig merke ich aber auch, dass ich mich bei so manchem Motiv frage, ob ich dafür das Auto parken, die Autofahrschuhe gegen Stiefel wechseln und die Kamera nehmen soll, um ein Foto zu machen. Und so bin ich an den drei verbeulten Milchkannen genau so vorbei gefahren wie an dem knallroten Auto, von dem nur die rechte Hälfte zu sehen war, weil die linke komplett im Schnee streckte. Und bei dem Hochsitz war ich so faul, dass ich das Foto sitzend durch die Windschutzscheibe gemacht habe. Dekadent, oder? Für die beiden nächsten Fotos vom Bootshafen in Kåge bin ich aber ausgestiegen …

Ich stelle fest, dass dieses Dinge-an-der-Straße-knipsen mit dem Fahrrad leichter ist. Man sieht noch mehr, da man langsamer ist und man muss nicht aussteigen, um ein Foto zu machen. Auf der anderen Seite erweitert sich der Aktionsradius im Auto natürlich erheblich. Und man kann so viele Sachen dabei haben. Gummistiefel, kein Problem. Schneeschuhe, ab in den Kofferraum. Stativ, na klar!

Beim Fahren habe ich nach einer Alternative zum Auto überlegt. Auch wenn er im Winter Nachteile haben mag, wäre mein derzeitiger Favorit ein fliegender Teppich. Hat zufällig jemand einen zu verkaufen?

10 Kommentare für „Autowandern“

Lussekatt schreibt:

Ach herrlich! Solche Ausflüge sind toll – einfach fahren und sich überraschen lassen, was so am Wegesrand auftaucht! Noch toller wird es ja im Frühsommer, wenn überall die Loppisar wie Pilze aus dem Boden sprießen. Das tun sie jedenfalls bei uns und da kann man ganz tolle Sachen finden.
Und die Dinger heißen übrigens „spark“ von „sparka = treten“ und die mit nur einer Kufe „enmedig spark“ also einkufiger Treter. Oder so.

Olaf Schneider schreibt:

Spark kannte ich natürlich, denn damit sind hier im Winter viele unterwegs. Aber die einkufigen Dinger waren mir neu.
Dann bin ich gespannt, wann hier die Loppis-Saison beginnt, denn ich liiieeebe Flohmärkte.

Sylvia Bolm schreibt:

Das manipulierte Foto ist schon ein „starkes Stück“. Ich habe keine Ahnung, wie man sowas macht, frage mich allerdings, welchem Foto man noch trauen kann.
Der Begriff „Autowandern“ gefällt mir sehr gut, allerdings ist das Fotografieren problematisch und man hält immer seltener an – entweder ist man schon eigentlich vorbei oder zu faul oder beides – das wird immer schlimmer. Ich habe neulich mal ein Elektro-Fahrrad getestet – das hat mich schon sehr beeindruckt, ist aber auch schweineteuer.

Snowdog schreibt:

Hi Olaf,
Autowandern, na klar – das machen wir jedes Jahr in Scandinavien. Da sieht man viel und leider wird man trotz der nordischen Gelassenheit und leeren Straßen ab und zu zum Verkehrshindernis.
Habe sogar schon mal erlebt das ein Schwede gehupt hat.
Wir fahren dann meist die kleinen Straßen. Da ergeben sich so manches mal tolle Ausblicke und Erlebnisse. Konnte dadurch letztes Jahr mal ne Hundeschlittentour kostenlos mitmachen – Wahnsinn… Das mit den Schotterpisten ist echt ecklig. Das Auto danach wieder sauber zu bekommen dauert…

Sonya schreibt:

Autowandern ist ein nettes Wort, auch wenn ich zugeben muss, dass es komisch klingt zu sagen, „Olafs Autowanderung“. Ich hätte nie gedacht, dass du mal „begeisterter“ Autofahrer wirst.

Ich denke beim Fotografieren mit Auto ist es einfacher, sich Stellen rauszusuchen und sich dort auch die notwendige Zeit zu nehmen. Ein Bekannter von mir unternimmt mit seinem umgebauten Postbus solche Foto-Autowanderungen. Für ein Roadtrip ist wohl Film geeigneter. Wenn du also mal Lust auf ein gemeinsames Roadmovie bekommen solltest, lass es mich wissen. Ich bin dabei.

Olaf Schneider schreibt:

@Sylvia Photoshop hilft einem schon ganz gut bei Photomontagen und -manipulationen. Aber zu genau darf man bei meiner Montage auch nicht schauen …

@Snowdog Momentan bin ich auch noch der langsamste Fahrer Nordschwedens. Nein, halt, der zweitlangsamste. Denn gestern habe ich das erste Mal auf der E4 überholt.

@Sonya Mich erinnert der Begriff Autowandern an die fünfziger Jahre. Ich habe aber keine Ahnung, ob der wirklich aus dieser Zeit stammt. In Zukunft werde ich bestimmt auch planerischer sein, wenn ich fotografieren möchte und entweder bestimmte Stellen anfahren oder auch mal mit einem Thema im Kopf losfahren.
Roadtrip klingt gut. Ich habe aber keine Ahnung, ab wann mir langweilig wird, wenn ich längere Zeit nur im Auto sitze. Könnte man ja mal probieren …

P.S.: Ich habe gerade noch mal nach dem Begriff Autowandern gegoogelt und bin mit diesem vor zwölf Stunden veröffentlichten Artikel jetzt schon auf Platz 21. So geläufig scheint der Begriff also nicht zu sein.

sabine schreibt:

huhu olaf, na klar kenn ich autowandern! meine eltern sind meister in diesem fach – und ich assoziiere den begriff auch mit den 50ern, wirtschaftswunder, mit der isetta über die alpen in’s sehnsuchtsland italien.
autowandern kann herrlich sein – du sagst ja selbst, der radius wird größer. aber die an einem vorbeifliegenden fotomotive…das kenn ich (leider) auch und bevor man dann reagiert, ist man schon wieder 500 m weiter bzw. kann man je nach verkehr womöglich gar nicht halten und verpasst den moment. macht aber nix – es warten neue abenteuer hinter jeder kurve!
lieben gruß und gute fahrt!

Wiebke schreibt:

Mensch, bei den Temperaturen tau(ch)t ja dann bestimmt bald mein zweiter Latschen wieder auf :-)

Und was das Fotografieren unterwegs angeht… mach doch einfach diese Stopmotion-Dinger aus dem Seitenfenster raus!

Sommerlichste Grüße aus München!
Wiebke

Olaf Schneider schreibt:

@sabine: Das mit der Isetta ist ein schönes Bild. Danke dafür.

@Wiebke: Gerade vor zehn Minuten habe ich geschaut. 40 cm Schnee liegen im schattigen Garten noch. Am Pool liegt ein Sektkorken und erinnert an Silvester. Deinen zweiten Latschen habe ich aber noch nicht entdeckt.