Wahlsonntag
Heute ist Wahl in Schweden und das gleich dreifach. Denn im Gegensatz zu Deutschland wird in Schweden alles gleichzeitig gewählt: Kommune, Landsting und Reichstag. Wie schon vor vier Jahren darf ich an der Kommunalwahl und der Wahl zum Landstinget teilnehmen, jedoch nicht am Reichstag, da ich kein schwedischer Staatsbürger bin.
Viele, die ich kenne, sind unzufrieden mit der Politik der Allianz der letzten 4 Jahre und wünschen sich einen Wechsel. Allianz ist keine Partei, sondern ein Parteibündnis aus vier bürgerlichen Parteien, welches seit 2006 besteht. (Das wäre in Deutschland mit seinen Koalitionsbildungsritualen vermutlich völlig undenkbar.) Drei Fragen finde ich heute spannend:
- Wird es einen politischen Wechsel geben? Die Prognosen tendieren recht klar zu einem Ja.
- Wird die Feministiskt Initiativ (F!) die Vierprozenthürde knacken? Laut Prognose wird es sehr knapp, obwohl sie bei der Europawahl 5,3 % der Stimmen bekommen hat.
- Wie viel werden die Sverigedemokraterna (SD) bekommen? Die Prognosen sagen um 10% und das macht mir Angst!
Die nationalistische und rassistische SD hat zur Zeit 20 der 349 Sitze im Reichstag – das entspricht 5.7 % und das ist schlimm genug. Sollten die Prognosen eintreffen, wäre das erschreckend und alarmierend. Das würde heißen, dass jeder zehnte Wähler gegen Ausländer ist, gegen Moslems, gegen Homosexuelle und gegen was weiß ich noch alles. Ein Schlag ins Gesicht für ein so frei denkendes und tolerantes Land wie Schweden!
Wer mehr wissen möchte, findet auf der Wikipediaseite Wahl zum Schwedischen Reichstag 2014 mehr Informationen.
Nachtrag
Es ist halb elf und die meisten Stimmen sind schon gezählt. F! wird es wohl nicht schaffen, sie liegen bei 3.1 %. Die konservativen Moderaterna (M) sind von 30 % auf etwa 23 % abgestürzt, was mich freuen könnte, wenn nicht, wenn nicht …
Es ist schlimm. SD hat 13 % der Stimmen erhalten, das ist mehr als doppelt so viel wie vor vier Jahren. Fast jeder siebte hat damit dieser nationalistischen, rassistischen, islamfeindlichen, homophonen und ausländerfeindlichen Partei seine Stimme gegeben. Selbst im traditionell sozialdemokratischen Västerbotten kam sie auf 7.5 % und in Skelleftehamn Ö (meinem Wahlbezirk) sogar auf 10 %. Heißt das, das mich jeder zehnte hier nicht will? Dass sie mich zurück nach Deutschland wünschen? Oder Schlimmeres? Oder bin ich eben doch der gute und erwünschte Ausländer, weil ich hellhäutig und germanisch bin? Aber ganz ehrlich – macht das einen Unterschied?
Mit diesen düsteren Gedanken verabschiede ich mich für heute.
Ein Kommentar für „Wahlsonntag“
Annika schreibt:
Im deutschen Fernsehen haben sie nur die wahrscheinliche Regierungsübernahme durch die Sozialdemokraten erwähnt, nix davon, dass 13% meinen, dass der rechte Rand sie besser vertritt. Aber vielleicht waren sie auch noch mit den braun getönten Landtagswahlen beschäftigt :-(
Aber klar: germanisch, hochqualifiziert und dann auch noch integriert bist Du, besser gehts ja nicht. Gute und schlechte Ausländer halt :-(