Всенощное бдение от Сергей Рахманинов
Dieses Wochenende hatte ich meine ersten Auftritte mit dem Skellefteå Kammarkör: Gestern in der großen Kirche in Burträsk, heute in Skellefteå in der Sankt-Olov-Kirche. Und ich bin gleich mit einem sehr anspruchsvollen Programm eingestiegen, den „Vespers von Sergei Rachmaninow“. Die 15 Stücke haben es wirklich in sich, denn zum einen haben die wenigsten feste Taktarten und teilen oft die Stimmen, und zum anderen ist das Kirchenslawisch auch mit lateinischer Umschrift schwer zu singen.
Dafür, dass der Chor dieses Werk in kaum mehr als zwei Monaten einstudiert hat, können wir mehr als zufrieden mit dem Ergebnis sein. Ich war schon bei den Proben imponiert, wie gut viele Choristen vom Blatt singen. Ich finde es dennoch ein bisschen schade, dass wir nicht mehr Zeit zum Üben und Proben hatten, denn der Chor könnte das Stück noch wesentlich besser singen, wenn er sich sicherer fühlen würde.
Ein paar Dinge waren übrigens anders als meine früheren Chorauftritte in Deutschland oder England.
Positiv: Die Kirchen sind wohnzimmerwarm beheizt. Der dicke Rollkragenpullover, den ich wegen früherer Fröstelerfahrungen in eiseskalten deutschen Kirchen mitgenommen hatte, konnte getrost im Auto liegen bleiben.
Positiv: Die Kirchen haben passend zurechtgesägte Podeste für die Männer, die erhöht hinter den Frauen stehen und so alle problemlos den Dirigenten sehen (wenn sie nicht wieder ihre Nasen in die Noten vergraben).
Negativ und für mich extrem irritierend: Beide Male wurde das Werk durch eine Predigt unterbrochen. Ich habe schon in Gottesdiensten gesungen, dann ist man natürlich in den Ablauf eingebettet, aber dass bei einem richtigen Chorkonzert plötzlich mitten im Stück der Pastor kommt und von Heil und Jesus spricht und betet, finde ich extrem befremdlich. Heute wurde sogar mit dem Publikum ein Choral gesungen. Mit Orgelbegleitung! Und dann singen wir danach mit dem Kammerchor weiter, als wäre nichts gewesen. Für mich ist so eine christliche Werbeunterbrechung extrem störend und gehört meiner Meinung nach nicht in so ein Konzert! Ein Tenor, den ich darauf ansprach, fand das hingegen völlig normal. Es scheint aber auch so, dass die Kirche durch die unterbrechende Predigt irgendwelche Fördermittel bekommt, die ihr aus einem reinem Konzert nicht zuständen. Ja, das liebe Geld …
Mir haben die Konzerte auf jeden Fall großen Spaß gemacht und ich freue mich schon auf den nächsten Dienstag, denn dort wird die erste Probe für das Weihnachtskonzert sein. Ich hoffe, dass meine Basskollegen sich trauen, meine schwedische Aussprache zu verbessern, denn die klingt noch sehr deutsch.
Übrigens: Wer – so wie ich – den russischen Titel dieses Blogartikel nicht lesen kann, er bedeutet: „Vespers von Sergei Rachmaninow“
Übrigens: Wer wissen will, wo ich stehe und singe: Ich bin jener mit der am Abstand am schlechtesten gebundenen Krawatte.
16 Kommentare für „Всенощное бдение от Сергей Рахманинов“
evi schreibt:
Na ja, Krawatte ein wenig rechtslastig, aber sonst schaut Ihr alle farbig
recht gut aus! Nun, wenn es ums liebe Geld geht………aber,
Du hast Recht, die Konzentration geht nach so einer Unterbrechung
verloren, denn normalerweise steigert man sich innerhalb des
Konzertes, oder?!?
Olaf Schneider schreibt:
Oft ist das so, aber dieses Stück braucht – auch des Textes wegen – so viel Konzentration, dass man aufpassen muss, zum Ende keine Durchhänger zu haben.
evi schreibt:
Ich habe mir das Bild noch mal genau angeschaut, es sind tatsächlich
nur 3 oder vier Damen und keiner der Herren, die den Dirigenten anschauen!
Habt Ihr auch Tonaufnahmen von den Konzerten?
Dann wird das Weihnachtskonzert hoffentlich etwas „leichtere“ Musik
bringen?
Olaf Schneider schreibt:
Das Bild wurde bei Facebook auch schon mit „Mycken notläsning i detta verk ♫“ (viel Notenlesen in diesem Werk) kommentiert. Ich schiele zwar immer mit einem Auge auch in Richtung Dirigenten, aber es ist wirklich viel hier zu lesen.
Ich bin übrigens ein entschiedener Gegner von jeglicher Rechtslastigkeit, aber bei Krawatten lasse ich das gerade noch mal durchgehen.
Ingela schreibt:
Hur knyter man på distans? Det verkar extremt svårt.
Tjusig kör, det lät säkert bra. Känner faktiskt igen ett par stycken, undrar om jag inte känner din stämkamrat på vänster sida också, visste inte att han sjunger i kammarkören. Men han kommer från en väldigt musikalisk familj så jag är inte förvånad. Om jag nu ser rätt.
Det är knepigt det där med att det oftast är en andakt när man sjunger i kyrkan. Det bästa är om man kan samarbeta med den som ska hålla den så att musiken och temat för andakten hänger ihop. I min kör har vi gjort så ibland att vi ber att någon av oss håller andakten också. Då är man på den säkra sidan.
Annika schreibt:
Haha, „christliche Werbeunterbrechung“, die Formulierung ist klasse!
Jaja, die Konzertgottesdienste/Gottesdienstkonzerte mit integriertem Allsång… bei uns spricht unsere Chorleiterin (Kirchenmusikerin und mit einem Pfarrer verheiratet) bei solchen Anlässen immer ein paar besinnliche Worte. Natürlich erteilt sie keinen Segen oder so, aber der andächtige Rahmen wird gewahrt, gleichzeitig kann man sicher sein, dass ihre predigtähnliche Ansprache irgendwie Bezüge zur Musik herstellt und damit nicht völlig aus dem musikalischen Rahmen fällt.
Ich vermisse auch manchmal reine „Musikkonzerte“, sowohl als Musiker als auch als Zuhörer. Zumal, wenn – wie leider so oft – die Conferenciers sich selbst nicht wirklich wohl fühlen in ihrer Rolle und die Moderationen dem Konzert keinerlei Mehrwert zuführen, sondern eher den Spannungsbogen zerstören.
Aber freut mich, dass ihr so ein tolles Werk aufgeführt habt, ich habe vor Jahren an der Hochschule mal einzelne Sätze daraus gesungen und habe seither vergeblich gehofft, dass einer meiner Chorleiter mal das ganze Werk ausgräbt…
Olaf Schneider schreibt:
Ingela: Vad menar du med ”Hur knyter man på distans”?
Annika: Dies waren meine ersten Kirchenkonzerte in Schweden überhaupt. Du kannst Dir meine Verblüffung vorstellen, als kurz vor dem ersten Konzert angesprochen wurde, wo die Unterbrechung ist. Da ist mir ehrlich gesagt die deutsche (französische, englische …) Art lieber, denn dort darf die Musik für sich selbst sprechen. Aber auch daran werde ich mich gewöhnen. Wie an schwedisches Brot ;-)
HCD schreibt:
Und, ist der Bass richtig schön in den Keller herabgestiegen?
Olaf Schneider schreibt:
Die Armen tiefen Bässe! Kontra-B (deutsches B) steht einige Male in den Noten und das ist ja schon hübsch tief. Wenn der Chor allerdings vorher schon einen Ganzton gesunken ist, dann kommt von hinten nur noch heiße Luft, denn Kontra-As schaffen unsere tiefen Bässe auch nicht mehr.
Sylvia schreibt:
Die“ Werbeunterbrechung“ hätte mich auch sehr gestört. Allen Kirchenchören gemeinsam scheint offenbar zu sein, dass man sich an die Noten und Texte klammert und nicht zum Chorleiter guckt. Ich glaube, ich habe noch nie selbst eine Chorprobe erlebt, in der nicht mindestens einmal der Kantor sagt, wir sollen zu ihm hingucken. Werde heute abend mal drauf achten.
Olaf Schneider schreibt:
Wir würden alle gerne mehr nach vorne schauen, aber dazu müsste man so ein schwieriges Werk viel länger proben. Wobei ich glaube, dass ich auch nach fünf Jahren Probe noch nicht alle Texte auswendig könnte. Mir hat das trotzdem Spaß gemacht, aber ich hoffe auf einfachere Stücke für das Weihnachtskonzert.
Ingela schreibt:
Det var nog jag (som inte kan tyska) som missförstod det där om hur din slips var knuten…
Dagmar schreibt:
Tolles Blog, gerade erst entdeckt! Wir (mein sambo und ich) sind auch ständig in Skandinavien und wir haben uns das mit der Übersiedlung auch schon ein paar Mal durch den Kopf gehen lassen. Aber der Leidensdruck ist nicht so da, deswegen kommen wir im Urlaub immer wieder her und genießen die wunderbare Natur und die entspannten Menschen – alles ganz lagom eben ;-) Das nächste Jahr planen wir mal wieder eine Tour mit Seekajaks entlang der Höga Kusten, und dann noch etwas Wandern im Härjedalen, soweit die Planung bis jetzt steht.
Und im Chor singe ich auch! Das mit den Werbepausen kenne ich als Ausnahme, habe ich in Österreich schon mal erlebt. Ist bei mir gleich um die Ecke.
Hälsningar från Bodensjön (den stora i södra Tyskland)
Dagmar
Olaf Schneider schreibt:
Hallo Dagmar,
Seekajaks entlang der Höga Kusten klingt toll. Nächstes Jahr möchte ich auch endlich mal eine Mehrtagestour machen und hoffe, dass ich noch jemand anderes dafür begeistern kann.
doXanize klingt ja interessant. Ist das Dein Unternehmen? Wie viele seid Ihr? Ich bin auch gerade dabei, für ein Produkt, welches wir bei Hello Future machen, eine technische Doku zu erstellen, und grabe gerade meine xslt-Kenntnisse wieder aus.
Schöne Grüße an den Bodensee,
Olaf
P.S.: Interessant, dass die Mittendrin-Andacht kein rein schwedisches Phänomen ist.
Dagmar schreibt:
Hi,
ja, doXanize ist mein Unternehmen, allerdings war ich immer alleine unterwegs. Und inzwischen bin ich wieder zu 80% angestellt und einen Tag in der Woche habe ich einen festen Kunden. Also nicht mehr viel mit Unternehmerei ;-)
Mit XSLT bin ich auf jeden Fall auf Du und Du, also falls Du mal ein Problem hast…
Schreibe weiter so schöne Beiträge mit tollen Fotos!
Grüße aus Süddeutschland,
Dagmar
Olaf Schneider schreibt:
Ich war mal recht fit mit xslt, auch was rekursive Funktionen und so angeht, aber für die jetzige Doku ist das Stylesheet recht einfach.