Mit dem Zug nach Bastuträsk
Heute habe ich den 7:40-Zug nach Bastuträsk genommen. Um halb acht war ich an dem kleinen Bahnhof in Skelleftehamn, der Zug stand schon da. Wie ich schon erwartet habe, waren wenige Leute da, um den Frühzug zu erwischen, die meisten nehmen wohl eine der späteren Verbindungen. Prompt steuerte ich eines der noch leeren Erster-Klasse-Abteile an und setzte mich auf die weichgepolsterte, sofagleiche Bank ans Fenster. Und schon fuhr der Zug ab.
Bald schon hatte man Blick auf die Brücke nach Örviken und später auf den Fluss Skellefteälven. Nur eine Viertelstunde später kamen wir in Skellefteå an. Mit keinem anderen Verkehrsmittel ist man so schnell und umweltfreundlich in der Stadt.
Dort standen auch schon Passagiere am Bahnhof und warteten darauf, dass sich die Türen öffnen. Nach kurzem Aufenthalt ging es weiter, nun mit kurzem Zwischenhalt in Medle nach Bastuträsk, wo man Anschluss an die Bahn Göteborg – Stockholm – Kiruna – Narvik hat, allerdings nicht um diese Zeit. Nach einer weiteren dreiviertel Stunde waren wir da.
Spätestens jetzt wird sich meine Leserschaft gespalten haben. Während manche sich fragen, warum ich über irgendsoeine Zugfahrt einen Blogartikel schreibe, fragen sich andere vielleicht, ob ich nur geträumt habe und die Bilder aus dem Internet geklaut.
Lasst mich erklären. Ich bin heute wirklich Zug gefahren. Diese Strecke wurde allerdings schon 1990 stillgelegt und bis heute nicht wieder aufgenommen. Gestern allerdings war das große Jubiläum: 100 Jahre Skelleftebahn und deswegen fahren das ganze Wochenende Züge. Gerade jetzt ist wohl der letzte Zug eingefahren, das Zugsignal hört man bis hier.
Ich finde es nicht nur bedauerlich, sondern ein großes Manko, dass diese Strecke nicht mehr betrieben wird. Nicht nur wegen der Umweltfreundlichkeit und der Zeitersparnis, sondern auch, weil Bahnfahren Kultur ist. Hier sitzt man sich gegenüber, kommt ins Gespräch, Kinder klettern auf den Sitzen umher, Erwachsene holen sich einen Kaffee und eine Kanelbulle aus dem Restaurantwagen. Im Bus hingegen ist es langweilig, man schaut stur geradeaus oder spielt mit seinem Handy. Über das Auto gar nicht zu reden.
Liebe Investoren. Ich weiß, dass ihr mein Blog nicht lest, aber: Ich wette, die Strecke lässt sich gewinnbringend betreiben und wäre ein echter Gewinn für die Region. Das ist Eure Chance: Kohle machen und gut sein gleichzeitig! Wie wärs, wer will?
Wo war ich? Ach ja – immmer noch in Bastuträsk. Da bin ich aber nicht geblieben, sondern gleich wieder zurückgefahren. Wenn der Zug stand, habe ich Fotos von den herrlich alten Armaturen, Lampen, Aufhängern gemacht. Der zugehörige Waggon stammt aus dem Jahre 1942.
Draußen wurde die Landschaft an einem vorbeigezogen, vor allem die Fahrtabschnitte am und über dem Fluss fand ich schön.
Bald war ich schon wieder am Bahnhof in Skelleftehamn, bin dort aber nicht ausgestiegen, weil ich noch bis zur Endhaltestelle am Hafen gefahren bin. Und da war Tag der offenen Tür. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.
Zwei Fotos sind noch übrig, Welche? Ach ja …
8 Kommentare für „Mit dem Zug nach Bastuträsk“
Annika schreibt:
Ich liebe Zugfahren! Und bei solchen Zügen würde ich es noch mehr lieben!!! Bin zweimal mit dem Nachtzug durch Schweden gerattert (einmal von Abisko nach Stockholm und einmal von Stockholm nach Storlien), es hätte fast keinen schöneren Urlaubsauftakt bzw. ein schöneres Urlaubsende geben können :-)))
Olaf Schneider schreibt:
Ich fahre auch gerne Zug. In Deutschland war es normal, da ich dort nie ein Auto hatte, aber hier bekommt es etwas Besonderes. Leider! Es wäre schön, wenn hier Bahnfahren auch zum Alltag gehörte.
Mit dem Nachtzug zu fahren ist schon deswegen schön, weil es oft in den Urlaub geht. Das habe ich schon als Kind geliebt, wenn es mit dem Autoreisezug über Nacht gen Süden ging und die Waggons über die Weichen rappelten.
Pia schreibt:
Oh, ich liebe alte Züge! Diese schönen Details!
An meine deutsche WC-Tür habe ich vor vielen Jahren schon ein altes Emaille-Schild aus einem Zug gehängt: „Spottning pa golvet förbjuden“. Nostalgie kennt also keine Grenzen!
Sylvia Bolm schreibt:
Für das Abteil-Foto bist Du wohl hoch oben in die Gepäckablage geklettert, oder? Der Zug hat schon ein schönes Ambiente – um nicht zu sagen Luxus!
Hier in unserem kl. Ort wurde die Bahnstrecke 1987/88 stillgelegt. Mein Mann hat damals den allerletzten Zug mittels Pfiff und Kelle abfahren lassen. Die Stilllegung hat die Region ziemlich getroffen. Heute fahren an Sommerwochenenden (z.B. heute) Dampfloks mit Nostalgiehängern einen Teil der Strecke – na ja, wenigstens ein bißchen was. Danke für Deinen schönen Artikel
Olaf Schneider schreibt:
Ich mag die alten Züge auch gerne und könnte jedes Scharnier, jeden Knopf und jeden Griff einzeln fotografieren.
Geklettert bin ich aber nicht, den Job hat der ausgestreckte Arm zusammen mit dem Weitwinkel übernommen.
Julia schreibt:
Wenn Du alte Züge magst, wäre vielleicht das Vandrahem in Lund etwas für Dich. Da schläft man nämlich in einem Schlafwagenabteil eines alten Zuges.
Ich hatte allerdings die Luxusversion, d.h. habe es als Einzelzimmmer gebucht. Sonst hätten da bis zu 3 Leute in einem Pritschenabteil schlafen können. Das hätte allerdings Probleme mit meinem Gepäck gegeben, da ich irgendwie meinen halben Hausstand mal quer durch Schweden gefahren habe :-)
Das war ja meine erstre Vandrahemübernachtung überhaupt und als ich diese Pritsche gesehen habe, hätte ich nie gedacht, dass man da überhaupt schlafen kann. Aber ging problemlos und es war ein wirklich tolles Erlebnis.
http://www.svenskaturistforeningen.se/upptack/Omraden/Skane/Vandrarhem/STF-Vandrarhem-Lund/
Viele Grüße
Julia
Annika schreibt:
Oh, das ist ja schön, aber wenns nicht schaukelt, nur halb so toll ;-)
Olaf Schneider schreibt:
@Julia – danke für den Tipp. Allerdings ist es von hier aus näher zum Nordkapp als nach Lund. Ich glaube, nur zum im Zug Übernachten ist mir das doch ein bisschen weit weg.
@Annika – viel Geschaukel war nicht, dennoch war es eine urgemütliche Fahrt.