Entsetzen und Trauer
Eigentlich wollte ich erst wieder bloggen, wenn ich in Schweden bin. Und viele schöne Dinge über die Norwegenreise schreiben. Aber manchmal kommen die Dinge anders als erwartet.
Vorgestern sind Sonya und ich von einer Wanderung im norwegischen Fjell wieder in Innset angekommen. Die Rückkehr von der Einsamkeit in der Natur zurück zu Björn Klauers Huskyfarm haben wir uns allerdings anders vorgestellt. Bei einem Telefonat mit René, den wir in der Woche zuvor besucht hatten, haben wir von den schrecklichen Ereignissen im Süden Norwegens erfahren. An die hundert Tote hat es bei dem Bombenanschlag in Oslo und dem unfassbar brutalen Massaker im Jugendlager auf der Insel Utøya gegeben. Verursacht durch einen Menschen. Was für ein Grauen!
Heute sind Sonya und ich in Tromsø angekommen, rechtzeitig genug, um an dem Fackelzug zum Gedenken an die Opfer und Angehörigen teilzunehmen. Mehrere tausend Menschen sind dem Aufruf gefolgt und zogen mit Fackeln und mit Blumen durch die Innenstadt Tromsøs. Vor der Domkirka fand ein Gottesdienst mit Musik statt und am Kulturhaus haben viele Menschen Kerzen angezündet und Blumen gelegt.
Mich hat dieser ruhige Zug mit seinen friedlich gedenkenden Menschen – vom jungen Soldaten in Uniform bis zum alten Mann mit Blume im Haar – tief bewegt und auch ich gedenke heute der Opfer und ihrer Angehörigen.
Olaf
Auf dem Fjell erreichen weder gute noch schlechte Nachrichten den Wanderer. Ich bin auf der Tour krank geworden und Julia hatte uns mit einer Ferndiagnose geholfen. Daher hatte ich auch Samstag Abend bei ihr und René angerufen, um ihnen mitzuteilen, dass wir gut zurück gekommen sind. René war sehr still am Telefon und entschuldigte sich dafür, er sei noch so schockiert von den Ereignissen. Im ersten Moment habe ich gar nicht verstanden, was er meinte, so schlimm war das mit der Krankheit gar nicht. Bis mir klar wurde, dass er etwas anderes meinte. Auf meine Frage, was passiert sei, erzählte er von den Anschlägen in Oslo und Utøya.
Ich war entsetzt, wütend und traurig. Jugendliche aus allen Teilen Norwegens befanden sich auf der Insel Utøya. Es muss schrecklich sein, ein Kind zu verlieren, noch dazu aus den sinnlosesten Gründen, die man sich nur vorstellen kann. Meine Gedanken sind bei den Familien und Freunden der Verstorbenen und Verletzten.
Von dem Fackelzug heute haben wir durch Zufall erfahren. Ich las davon auf der Facebookseite von Tromsø Bed & Books, wo wir übernachten, zwei Minuten vor Beginn der Veranstaltung. Also sind wir schnell in unsere Schuhe und Regenjacke geschlüpft und zum Kulturhuset gelaufen. Ich war sehr ergriffen von der Menge an Menschen unterschiedlichen Alters, von den zwei Mädchen, die sich mit Tränen in den Augen lange umarmten, von den Liedern und der Stimmung, von den Kerzen und Blumen, die zum Andenken an der Domkirka und dem Kulturhuset aufgestellt wurden.
Sonya