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Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

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2011

Erster Januar; viertel vor zehn. Die sieben Freunde aus Deutschland, mit denen ich gestern Silvester gefeiert habe, liegen noch alle in den verschiedenen Zimmern und Ecken und schlafen. Leider gehörte Ausschlafen nie zu meinen Stärken und so bin ich – wie so oft – als erster auf und wundere mich noch ein bisschen, dass jetzt das Jahr 2011 ist. Es kam so plötzlich …

Eigentlich wollte ich direkt nach dem Aufstehen hier einen Jahresrückblick schreiben. Nun – zehn Minuten wacher – finde ich das ein bisschen überflüssig, schließlich ist das gesamte Blog, welches ich am 4. April letzten Jahres begonnen habe, ein kompletter Rückblick über mein Leben hier in Schweden und ich würde hauptsächlich von mir selber abschreiben. Und eine Auflistung aller Artikel gibt es ja schließlich auch noch.

Deswegen fasse ich das letzte Jahr mit meinen Umzug nach Schweden nur kurz zusammen mit:
Sehr fordernd, aber genau die richtige Entscheidung. Je ne regrette rien / jag ångrar ingenting.

Nun ist also 2011 und ich überlege, was ich in diesem Jahr alles machen möchte:

Besser Schwedisch lernen. Nein, seien wir ehrlich. Ich möchte die Sprache besser können, das Lernen ist nur notwendiges Übel. Denn in der Zeit könnte man ja auch

Mehr Ausflüge machen. Ich bin zwar seit Ende April hier, war aber noch nicht oft im Inland, gar nicht in den Bergen, nicht in Luleå, nicht in Kiruna, nicht in Finnland. Für das meiste muss ich aber vorher

Ein Auto kaufen. Am besten einen Volvokombi, in den auch Skier passen und den jeder dritte Schwede reparieren kann. Dazu muss ich aber erst einmal wieder

Auto fahren lernen, denn ich bin seit Ewigkeiten nicht mehr gefahren. Und Ewigkeiten ist keine Übertreibung. Schließlich bin ich mein halbes Leben mit Öffentlichen, mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs gewesen und seit Wochen kann man hier sogar zu Fuß zu den näheren Ostseeinseln herüber laufen. Im Sommer wird das schwer, da werde ich mir wohl

Ein Seekajak kaufen. Es muss toll sein, die Inseln per Kajak zu besuchen, aber ein bisschen Technik möchte ich vorher noch lernen, also werde ich demnächst

Mitglied im Kanuklub werden. Da finde ich dann hoffentlich auch Menschen, die wie ich gerne viel draußen in der Natur sind, so dass man auch zusammen Touren machen kann.

Das soll als kleiner Ausblick erst einmal reichen. Man sollte keinem zu viel versprechen, auch sich selber nicht.

Euch allen wünsche ich ein grandioses Jahr 2011.
/Olaf

Acht Freunde

Und plötzlich ist es wieder ruhig im Haus. Ich hatte am 30. Juni letzten Jahres unter dem Motto „6 Monate noch …“ neun Freunde aus Deutschland eingeladen und sieben waren tatsächlich über den Jahreswechsel bei mir zu Besuch. Zwei sind gestern schon abgereist, vier sitzen jetzt im Nachtzug nach Stockholm, Sonya ist noch für ein paar Tage da.

Für mich ist es Reichtum, ein Haus zu besitzen, in dem man ohne Probleme sieben Menschen unterbringen kann. Und es ist ein großes Glücksgefühl, wenn das Haus dann wirklich voller Freunde ist. Tatsächlich ist mein Haus so groß, dass keiner im Wohnzimmer schlafen musste und jeder sich mal zum Lesen, Schlafen oder Computern zurückziehen konnte.

Ich könnte vermutlich drei Blogartikel alleine über die kulinarischen Höhepunkte der letzten Tage schreiben. Eine große Küche, Freunde die gerne – und hervorragend – kochen und mein Appetit passen einfach toll zusammen! Es gab Lussekatter, Pilzrisotto, Eis mit warmen Moltebeeren, Elchbraten zu Silvester, Couscous mit Huhn und Tahina, Blaubeerpie und Kanelbullar, um hier nur eine Auswahl der letzten Tage zu nennen. Ich werde mich die nächsten Wochen definitiv nicht auf die Waage stellen.

In der Neujahrsnacht haben wir zu acht in meinen Outdoorpool, den ich alleine eigentlich nie benutze, gesessen, uns über die wechselnden Farben amüsiert und über den Whirlpool gefreut. Acht Deutsche mit Mütze im Pool bei Schneefall gaben bestimmt ein lustiges Bild ab und vermutlich weiß halb Skelleftehamn davon. Eine Freundin hat beim im Schnee rollen einen weißen Badelatschen verloren, den ich vor April nicht suchen muss, denn hier liegen immer noch gut 70 Zentimeter Schnee und ein wenig Neuschnee kommt auch gerade dazu.

Das könnte jetzt so klingen, als seien wir nur zu Hause gewesen. Aber natürlich haben wir auch schöne Touren hier in der Umgebung gedreht, sind gemeinsam zu Fuß zur Insel Storgrundet gelaufen, mit Schneeschuhen durch den Wald gestapft oder haben einen Spaziergang durch Skelleftehamn gemacht. Bei fünf Spiegelreflexkameras auf acht Personen gab es so manche Fotopause mit lustigen fotografischen Verrenkungen. (Das kann ich aber auch ganz gut …)

Am letzten gemeinsamen Tag sind wir zum Snesviken, dem nah gelegenen See gelaufen und haben auf der Eisfläche Kubb gespielt. Erst haben wir mit den mitgebrachten Schneeschiebern den Schnee geräumt und dann vier lange Runden gespielt, ehe einige kalte Zehen bekommen haben und wir wieder nach Hause gelaufen sind.

Leer wird das Haus sein, wenn am Freitag auch Sonya wieder nach München zurückkehrt und meine Freunde wieder zwei-, zweiein­halb­tausend Kilometer entfernt sind. Ich bin ein bisschen traurig darüber, freue mich aber auch über die gemeinsame Zeit und die schönen Erlebnisse, die wir hier miteinander teilen konnten.

Liebe Freunde: Vielen Dank für die schöne Zeit, die wir hier hatten. Liebe Freunde, die ihr nicht kommen konntet: Ja, Ihr habt gefehlt.

Luleå

In Luleå -25 °C um 10:00 und -22 °C um 16:00. In Skelleftehamn am Abend -18 °C.

Einer meiner „Vorsätze“ für 2011 war, mehr zu reisen und mehr von Nordschweden zu sehen. Das haben Sonya und ich vorgestern gleich zum Anlass genommen, mit dem Bus nach Luleå zu fahren.

Dazu mussten wir leider um sechs aufstehen, um nach drei Stunden Busfahrt nicht zu spät in Luleå anzukommen. Schon im Doppeldeckerbus konnte man erahnen, dass der Tag kalt werden würde. Wir saßen ab Byske vorne oben und hatten damit eigentlich die idealen Sightseeingplätze. Aber im gleichen Maße, wie es draußen heller wurde, wuchsen innen Eisblumen auf der Windschutzscheibe und so konnte man bald nur noch durch das Seitenfenster schauen.

Luleå empfing uns mit ziemlich ungemütlichen Wetter: Es war den ganzen Tag trübe, Schneestaub fiel vom Himmel und mit Temperaturen zwischen -25 und -22 °C konnte man den Tag auch nicht als übermäßig warm bezeichnen. Gut, dass wir warme Klamotten dabei hatten. (Ein Dank an Eddie Bauer für Ihren Superior Polar Parka, den ich vor Jahren günstig bei Ebay ersteigern konnte.)

Zum Anfang haben wir uns die Innenstadt angeschaut. Luleå liegt direkt an der Ostsee und überall hat man Blick auf die großen Eisflächen. Da ich aber die Ostsee selber vor der Tür habe, sind die beiden großen Outdoorläden viel interessanter (und gefährlicher) für mich. Mittags haben wir im ZAN eine ausgezeichnete Lasagne gegessen. Schade, dass der Dom geschlossen war.

Danach haben wir den Bus zur Gammelstad, dem alten Stadtzentrum Luleås genommen. Während dort draußen kein Mensch zu sehen war, standen in der alten Kirche die ersten Gäste einer Hochzeit. Wir wurden von der Mutter der Braut gleich eingeladen, Platz zu nehmen und Ihrer schwedischen Hochzeit beizuwohnen, aber wir wollten uns Gammelstad noch genauer anzuschauen, bevor es richtig dunkel wurde. Die vielen schneebedeckten alten Häuser, die Kirche und das Freiluftmuseum geben wunderschöne Fotomotive ab, aber ohne Stativ war die Ausbeute bei dem vorherrschenden diesig-dämmrigen Licht eher mager.

Da in der alten Stadt kein Café offen hatte und in Luleå die Cafés schon um vier schlossen, haben wir um halb fünf den Bus wieder zurück nach Skellefteå und dann nach Skelleftehamn genommen.

Luleå werde ich mir auf jeden Fall diesen Winter noch einmal anschauen. Bei besserem Wetter und mit Fotostativ. Und einer Einkaufsliste für die Outdoorgeschäfte …

Wieder allein

Immer wärmer, Maximum heute bei -3.5 °C, jetzt -4 °C. Seit gestern starke Schneeschauer und etwa 10 cm Neuschnee.

Heute ist mit Sonya der letzte Besuch aus Deutschland abgereist und ich muss mich erst einmal wieder daran gewöhnen, alleine zu sein. Das Haus kommt mir plötzlich so riesig vor. Vor ein paar Tagen waren wir noch zu acht und jetzt gehört der ganze Platz wieder mir alleine und ich frage mich, wie ich ihn nutzen soll.

Aber die Antwort ist ja ganz einfach: Um jederzeit wieder Gäste beherbergen zu können!

Das Bild zeigt nicht mein leeres Haus, sondern die Ostsee, wie sie heute bei starkem Schneefall aussah. Sonya und ich haben eine letzte gemeinsame Schneeschuhtour zu Björkskär, einer ufernahen Insel gemacht. Da wir immer in Ufernähe waren, habe ich den Kompass nicht gebraucht. Aber war ich bei diesem Wetter froh, ihn dabei zu haben.

Schon schade, dass der Himmel die letzten Wochen oft eher trübe war. Die Landschaft sieht bei Sonne einfach schöner aus und man hätte auch vermutlich einige Male Polarlicht sehen können. Hoffentlich klappt‘s nächstes Mal …

Winter gibt es viele

Wie in Deutschland, so ist auch hier das Wetter recht sprunghaft, nur mit dem kleinen Unterschied, dass es durchschnittlich so zehn, zwölf Grad kälter ist. Auch hier ist dieser Winter früh gekommen, kälter und vor allem schneereicher als üblich. Ein kleiner Rückblick auf die erste Woche im neuen Jahr 2011, beginnend mit dem 3. Januar:

Montag

Grauer Himmel, recht windstill. Die Temperatur fällt von -6 auf -10 Grad. Das Wetter ist angenehm für Touren, aber die Landschaft wirkt ein wenig eintönig und farblos.

Dienstag

-13 °C bis -15 °C. Die tief stehende Sonne scheint durch die dünne Wolkenschicht und erinnert an Jupiter.

Mittwoch

Kalt und bedeckt. Schneestaub liegt in der Luft. In Luleå -22 °C bis -25 °C, in Skelleftehamn mit -17 °C bis -23 °C nicht wesentlich wärmer. Das ist schon ganz schön ungemütlich, sowohl vom Wetter als auch von der Optik. Dennoch ein schöner Ausflug.

Donnerstag

Weiterhin trüb, es wird wärmer. Morgens -11 °C, abends nur noch -6 °C und beginnender Schneefall. Ideales Wetter, um es sich zu Hause gemütlich zu machen.

Freitag

Der Himmel ist weiterhin bedeckt. Temperaturen um -4 °C. Starke Schneeschauer. Die eine fünfhundert Meter entfernte Insel war zeitweise nicht mehr auszumachen. Schwarzweißwetter. Manchmal auch nur weiß.

Samstag

Schlechtes Timing: Der erste Tag ohne Gäste und jetzt ist morgens der Himmel blau bei -15 °C. Tieforange geht die Sonne auf und beleuchtet immer größere Teile des kaltblauen Ostseeeises. Vor manchen Inseln leichte Nebelschwaden. Aber schon einige Stunden später zieht es sich wieder zu und das Thermometer steigt. Abends um zehn sind es nur noch -3 °C.

Sonntag

Schneefall bis zum Mittag. Seit Donnerstag Abend schätzungsweise 15 Zentimeter Neuschnee, der zum ersten Mal recht pappig ist. Damit liegen in meinem Garten jetzt etwa 80 cm. Um drei nur noch 0 °C, danach mit + 0.5 °C leichtes Tauwetter und der erste Tag mit Plustemperaturen seit dem 11. November. Hoffentlich wird es bald wieder kälter, dann werden die Ski bestimmt schön gleiten im Wald.

Was in dieser Woche eindeutig fehlte, waren klare und knackig-kalte Wintertage mit blauem Himmel, wie zum Beispiel am Heilig Abend in Båtfors. Aber der Winter dauert noch ein paar Monate an, da wird bestimmt auch wieder besseres Fotowetter kommen.

Eine Stunde mehr

Keine drei Wochen nach der Wintersonnenwende ist es heute am 11. Januar schon eine Stunde länger hell. Die Sonne ist zwar auch nur 4 Stunden, 47 Minuten über dem Horizont, aber das macht schon einen spürbaren Unterschied aus, da es nach dem Mittagessen nicht mehr sofort dunkel wird. Und so ändern sich die Tageslängen in den nächsten Wochen:

21. Dezember 2010 3 Stunden, 47 Minuten
30. Dezember 2010 ca. 4 Stunden
11. Januar 2010 4 Stunden, 47 Minuten
13. Januar 2011 ca. 5 Stunden
23. Januar 2011 ca. 6 Stunden
2. Februar 2011 ca. 7 Stunden
11. Februar 2011 ca. 8 Stunden
19. Februar 2011 ca. 9 Stunden

Ich bin selber erstaunt, wie schnell die Tage jetzt länger werden. Ungefähr alle neun Tage ist es eine Stunde länger hell und heute in einem Monat ist die Sonne schon wieder acht Stunden über dem Horizont.

Dann kann ich auch mal wieder richtige Tagestouren machen – wenn ich denn früh genug aus dem Bett komme.

Einen graphischen Vergleich der Tageslängen zwischen München und Skelleftehamn habe ich übrigens vor einem halben Jahr in dem Artikel Hell und Dunkel gezogen.

Ein herrlicher Wintertag

So mag ich das. Am Freitag klart es auf und es wird kälter. Der Samstag präsentiert sich dann in herrlichster Winterlaune: Das Thermometer zeigt -24 °C ¹, es ist windstill und über Skelleftehamn spannt sich ein klarer, blauer Winterhimmel. Um zehn vor neun sind meine üblichen Dinge im Rucksack verstaut und ich breche auf. Im und am Rucksack befinden sich neben Kleinkrams:

  • Mein Fotoapparat. Ersatzakkus sind in der Hosentasche
  • Erste Hilfe und Biwaksack. Zum Nichtbenutzen
  • Tee aus frischem Ingwer und Proviant
  • Ein Fotostativ
  • Meine Isdubbar
  • Heute mal ein GPS zum Weg mittracken
  • Karte und Kompaß. Benutze ich aber fast nie
  • Ersatzhandschuhe und -socken
  • Ein kleines Thermometer
  • Eine warme Daunenjacke (heute nicht gebraucht)

Im Wald sitzt ein Baum voller runder Vögel. Ich könnte ein Foto machen. Aber zum einen habe ich kein Tele dabei, zum anderen zieht es mich auf die Ostsee. Also laufe ich weiter und die Vögel fliegen auf. Bald bin ich schon am Ostseeufer und laufe quer über das Eis zur Insel Klubben, von da aus weiter nach Flottgrundet, ein bisschen weiter nach Gråsidan, dort nach einer kleinen Teepause am gesamten Nordostufer entlang und dann wieder auf dem Rückweg nach Bredskär.

Wie immer begeistert mich das Licht auf der Ostsee und die schneebedeckten Flächen, in die der Wind verschiedene Strukturen und Texturen hinein geblasen hat. Dieses Mal komme ich aber auch in Gebiete, wo die Inseln von bis zu zwei Meter hohen Eisformationen umgeben sind. An manchen Stellen haben sich kleine Tropfsteinhöhlen gebildet. Ich komme mir vor wie einer Ausstellung mit sorgfältig von der Natur geformten Skulpturen. Am Ufer von Gråsidan hat man Blick auf das zusammengefrorene Packeis und später auf weitere Eisformationen. Es erfordert einiges an Disziplin, nicht jede einzelne Skulptur, jeden Eiszapfen und jeden Felsen fotografisch zu kartografieren, sondern sich in der Motivanzahl zu beschränken. Nachdem ich zu Hause aber gerade fast 30 Gigabyte überflüssiger Fotos auf dem Rechner gelöscht habe, gelingt mir das recht gut. Zumal ich weiß, dass mir manche Motive auch nicht wegrennen.

Auf Bredskär passiert es dann! Ich sehe einen anderen Skiläufer! Und ich dachte schon, dass ich der einzige bin, der bei jedem Wetter in der Natur unterwegs ist. Wir sind wohl beide neugierig und steuern aufeinander zu. Ich treffe auf einen Lehrer, der weiter draußen auf der See Blankeis suchen möchte, damit er dort Schlittschuh laufen kann. Nach fünf Minuten Gespräch lädt er mich schon im Sommer zu einer gemeinsamen Kajaktour ein, er hat zwei Seekayaks. Wir laufen dann gemeinsam einen guten Kilometer auf das offene Meer hinaus und man sieht nur Eis, Eis, Eis. Blankes Eis finden wir allerdings nicht und wir kehren um. Ich habe echte Mühe, Schritt zu halten, denn der Lehrer hat eine extrem gute Kondition, ist ziemlich schnell in diesem Gelände und benutzt dabei noch nicht einmal die Stöcke. Wie macht der das?

Bei einer Kaffeeeinlandung in sein Haus wird es mir klarer: Zum einen ist das Haus voller Sportgeräte und Outdoorausrüstung, zum anderen erzählt er von den vielen Touren, die er schon gemacht hat. Ich komme mir ziemlich unsportlich vor, freue mich aber riesig, dass es hier Gleichgesinnte gibt und dass man sie auch trifft. Und vielleicht ergibt sich ja wirklich mal etwas. Ich bin mir nämlich nicht immer so sicher, wie schnell man Einladungen zu einer eventuellen Kajaktour hier in Nordschweden auch annehmen darf.

Zu Hause ziehe ich mir erst einmal trockene Sachen an und hänge den Rest der Kleidung zum Trocknen auf. Heute hatte ich an:

  • Woll-Funktionsunterwäsche von Aklima. Genial! Das Oberteil hat eine Sturmhaube als Kapuze
  • Pullover aus Powerstretch-Fleece. Anfangs zu warm, später war ich froh, ihn anzuhaben
  • Dünne winddichte Mikrofaserjacke mit Kapuze und Fellrand. Hat man die Kapuze auf, vereist sie. Sonst vereisen Haare, Nase und Wimpern
  • Ein Schlauchschal (Buff) vor dem Mund
  • Zweilagige Fingerhandschuhe. Heute gerade noch warm genug. Nächstes Mal Fäustlinge
  • Eine x-beliebige Skihose
  • Warme Socken
  • Zur Skibindung passende Lederstiefel. Die sind leider nicht sehr warm und der schwächste Ausrüstungsgegenstand

Als ich dann um sechs einkaufen wollte, waren draußen immer noch -24 °C. Ich hatte aber eigentlich mehr Lust auf gemütliche Wärme und habe deshalb zum ersten Mal hier meine Canada Goose Daunenhose und den passenden antarktistauglichen Daunenparka dazu getragen. Das ist so, als ob man sein eigenes Heizkraftwerk mit sich herumträgt und man sollte keine großen Strecken laufen, weil es einem sonst zu warm wird. Egal bei welcher Temperatur! Jetzt sitze ich aber wieder schön im Warmen; das hat doch auch was!

¹ Wer meint, das sei kalt: Bei einem Freund, der 50 km landeinwärts wohnt, waren es heute -34 °C. Wem immer noch kalt ist: In der letzten Stunde ist die Temperatur hier um 5 Grad angestiegen. Morgen Nachmittag sollen es nur noch -6 °C sein und es soll 10-20 cm Neuschnee geben. Mal schaun …

Gehäuftes Auftreten von Schnee

Höchsttemperatur heute: -14.4 °C, Tiefsttemperatur -21.5 °C. Damit einmal wieder wesentlich kälter als prophezeit. Etwa 80-90 cm Schnee.

Heute habe ich nur einen halben Tag gearbeitet und von zu Hause aus gearbeitet. Das herrliche Wetter verführte zu sehr, sich einmal wieder auf das Fahrrad zu setzen und eine kleine Runde zu drehen. Der Schnee auf der Straße ist fest, es ist zwar kalt, aber windstill und ich freue mich über die Sonne und den knallblauen Himmel. Wenn kaum Schnee auf der Straße ist, dann muss er woanders sein. Und das ist er: In großen Haufen haben die Räumfahrzeuge ihn an jeder freien Ecke und auf jedem freien Platz aufgetürmt; an manchen Stellen sind die Schneehaufen über drei Meter hoch.

Ich habe es hier übrigens noch nie erlebt, dass der Bus mal mehr als zwei, drei Minuten zu spät kam. Selbst bei tagelangen Dauerschneefall sind alle größeren Straßen immer gut geräumt. Jetzt, drei Tage nach dem letzten Schnee, sind nicht nur die kleineren Straßen, sondern auch die Rad- und Fußwege geräumt und das Radfahren macht richtig Spaß. Was mich allerdings ein bisschen wundert, dass doch einige Autos bis zur Unkenntlichkeit zugeschneit sind. In dem rechten Foto sind beispielsweise vier Autos zu sehen – soweit man von sehen reden kann. Sind das alles Zweitwagen oder haben einige im Winter einfach keine Lust zum Autofahren? Ich weiß es nicht.

Und sonst?

  • Am Montag habe ich meinen Outdoorpool mal alleine genutzt. Das werde ich auch gleich noch mal machen, aber mit Mütze, denn es sind -18 °C.
  • Mein Schwedischunterricht hat wieder angefangen. Schwerpunkt: Aussprache. Drei Mal habe ich noch.
  • Gestern habe ich Vertretung beim Badminton gespielt. Hat riesigen Spaß gemacht, auch wenn wir alle Spiele verloren haben.
  • Der Vollmond gestern war phantastisch. Auf allen Bäume ist Rauhreif, der im Mondlicht silbrig-golden glänzt. Leider keine Fotos.

Skellefteå Bird Race

Heute hatte ich die Gelegenheit, bei dem alljährlich im Januar stattfindenden Vogelbeobach­tungs­wettbewerb dabei zu sein. Die Regeln sind einfach: Von 8:00 bis 15:00 versucht man so viele Arten wie möglich in der Kommune Skellefteå zu sichten. Acht Zweierteams sind heute angetreten und ich durfte bei Patrick und Joakim im Auto mitfahren.

Gulsparv – Goldammer

Ich fand es interessant, dass die beiden spezielle Stellen kannten, wo eine besondere Vogelart, zum Beispiel turkduva oder stenknäck vorkommt. Sehr schade, dass wir den kungsörn, den Steinadler nicht zu Gesicht bekamen.

Nach ausgiebigen Fahrten zu Vorgärten und Futterstellen in der Stadt sind wir erst ein kleines Stück nordwärts gefahren und dann in den Südwestzipfel der Kommune. 245 Kilometer haben wir an dem Tag im Auto zurückgelegt. (Und etwa 200 Meter zu Fuß im Tiefschnee.)

Interessant – wenn auch nicht verwunderlich – war, dass Arten wie Amsel oder Buchfink, die in Deutschland sehr häufig sind, hier lange gesucht werden müssen und auch nicht von jedem Team gesichtet wurden. Umgekehrt gilt es aber auch: Wer hat denn in Deutschland schon mal einen Seidenschwanz gesehen?

Wir haben in der Zeit 33 verschiedene Arten gesichtet. Da dieses Jahr wegen der früh vereisten Ostsee keine Seevögel zu beobachten waren und zudem an jedem Wegrand meterhoch Schnee lag, haben wir damit wohl recht gute Gewinnaussichten.

Abends um halb sieben haben wir uns erst zum Essen getroffen (Gilt Curryhühnchen eigentlich als eigenständige Vogelart?) und dann wurde in eine Tabelle systematisch eingetragen, welches Team welchen Vogel gesehen hat und Fundstellen ausgetauscht. Knapp war es, aber wir haben tatsächlich gewonnen. Ich schreibe hier nur deshalb „wir“, da ich mit im Auto saß, denn beitragen konnte ich zu dem Ergebnis nicht.

Ein schöner, interessanter und spannender Tag, bei dem ich wieder neue Schwedischvokabeln gelernt habe. Schade, dass man Worte wie „Wasseramsel“ im Alltag nicht so oft braucht.

Für die, die es interessiert (mj, liest Du mit?), diese Vögel haben wir im Team heute gesichtet:

schwedisch deutsch
Gräsand Stockente
Duvhök Habicht
Sparvhök Sperber
Järpe Haselhuhn
Tamduva Straßentaube
Turkduva Türkentaube
Gråspett Grauspecht
Större hackspett Buntspecht
Sidensvans Seidenschwanz
Strömstare Wasseramsel
Koltrast Amsel
Björktrast Wacholderdrossel
Talltita Weidenmeise
Svartmes Tannenmeise
Blåmes Blaumeise
Talgoxe Kohlmeise
Nötskrika Eichelhäher
Skata Elster
Nötkråka Tannenhäher
Kaja Dohle
Kråka Aaskrähe
Korp Kolkrabe
Gråsparv Haussperling (Spatz)
Pilfink Feldsperling
Bofink Buchfink
Grönfink Grünling (Grünfink)
Gråsiska Birkenzeisig
Mindre körsnäbb Fichtenkreuzschnabel
Domherre Gimpel (Dompfaff)
Gulsparv Goldammer
Nötväcka Kleiber
Stenknäck Kernbeißer
Sångsvan Singschwan

Nachtrag (27.01.):

Und das sind die sieben Vogelarten, die von anderen Teams gesichtet wurden:

Mindre hackspett Kleinspecht
Orre Birkhuhn
Spillkråka Schwarzspecht
Tofsmes Haubenmeise
Tretåig hackspett Dreizehenspecht
Trädkrypare Waldbaumläufer
Varfågel Nördlicher Raubwürger

Alltagsbeobachtungen

Einen Teil dieses Artikels habe ich letztes Jahr im Oktober geschrieben. Es wird Zeit, dass ich ihn mal online stelle.

ICA, der Lebensmittelladen in Skelleftehamn hat auch am Sonntag geöffnet. An der Kasse häuft man seine Lebensmittel nicht möglichst platzsparend aufs Band, sondern legt alles hintereinander in eine Schlange.

Bargeld kommt hier viel weniger zum Einsatz als in Deutschland. Auch kleine Beträge unter 100 Kronen werden im Restaurant, im Bus oder im Lebensmittelladen überwiegend mit Karte bezahlt.

In vielen schwedischen Häusern gibt es noch gemusterte Tapeten. Vom altmodischen Blümchen­muster bis zum 70er-Jahre-Dekor ist alles dabei. Auch wenn ich nicht jede einzelne Tapete wirklich schön finde, abwechslungsreicher als die in Deutschland allgegenwärtige Rauhfasertapete ist es in jedem Fall.

Busfahrkarten aus Papier sind unbekannt. Stattdessen bekommt man eine computerlesbare Karte, die man mit zehn Fahrten oder einer Monatskarte auflädt. Und die hält man nur kurz ans Lesegerät vorne beim Busfahrer.

Ein Taxi braucht man schon manchmal, wenn man kein eigenes Auto hat. Wenn man hier telefonisch ein Taxi bestellt, kommt es. Oder auch nicht …

Briefumschläge sind hier so dimensioniert, dass man A4 nur einmal knicken muss. Die Origamikünste, Briefe in einen DIN-Lang-Umschlag zu bekommen, sind hier nicht vonnöten.

Bordsteine sind meistens abgeschrägt, so dass man eigentlich überall mit dem Fahrrad hochfahren kann, ohne sich gleich eine Delle in die Radfelge zu hauen.

Als ich jetzt im Januar den letzten Absatz lese, muss ich ein bisschen lachen. Zur Zeit sind nämlich alle Bordsteine unter dem Schnee verschwunden, auch auf den geräumten Straßen. Und viel Fahrrad fahren tue ich zur Zeit auch nicht gerade.

Mobilität

Leider ist die Bahnstrecke von Skelleftehamn—Skellefteå—Bastuträsk schon vor vielen Jahren stillgelegt worden. Eine Wiederinbetriebnahme ist nicht in Sicht. Vielleicht wird irgendwann tatsächlich mal die Norrbotniabanan gebaut, die dann Skellefteå mit Umeå und Luleå verbinden würde, aber das kann viele, viele Jahre dauern, bis diese Strecke geplant, genehmigt, gebaut und in Betrieb genommen ist.

Von Skellefteå fahren Busse in viele Richtungen, unter anderem durchgehend nach Bodø in Norwegen, aber viele Orte sind nur mit mehrmaligem Umsteigen zu erreichen und die Fahrtzeit beträgt so viele Stunden. Viele andere Stellen kann man ohne Auto überhaupt nicht erreichen.

Wann man also an einem normalen Wochenende mehr von Schweden sehen möchte, dann bietet es sich an, mit dem Auto zu fahren. Dazu braucht man (a) ein Auto und man muss (b) fahren können.

Ich habe meinen Führerschein vor über zwanzig Jahren gemacht und seitdem habe ich nicht mehr hinter dem Lenkrad gesessen. Auch so etwas gibt‘s! Während ich aber in den deutschen Großstädten ein Auto nie vermisst habe, wünsche ich es mir hier in Nordschweden doch schon sehr. Also habe ich beschlossen, wieder mit dem Autofahren anzufangen. Und weil das so lange bei mir her ist, habe ich mich bei einer Fahrschule angemeldet.

Und heute hatte ich meine erste Fahrstunde. Ich bin positiv überrascht, dass ich mich doch an so manches noch erinnere, obwohl ich ja nie eine wirkliche Routine im Autofahren entwickelt habe. Ich habe eine hervorragende Lehrerin erwischt, die mich immer wieder wiederholen und üben lässt und gute Bilder hat. Ich freue mich auf die Fahrstunde Nummer zwei am Montag und bin gespannt, wann ich mich so sicher fühle, dass ich mir ein eigenes Auto kaufe und mehr von Nordschweden erfahren kann. Und mit dem fünften Gang klappt nächste Stunde bestimmt auch besser …

Warm ist es

Ich habe mich daran gewöhnt, dass sich die Temperaturen hier in beide Richtungen schnell ändern können. Im Laufe von zwölf Stunden kann es hier in Skelleftehamn schon einmal 15 Grad wärmer oder kälter werden. Auf die Spitze getrieben hat das Nikkaluokta, welches am Dienstag mit -33.4 °C den kältesten Wert in Norra Norrland gemessen hat, und am nächsten Tag mit -2.5 °C den wärmsten Wert. Das sind mal eben gut dreißig Grad an einem Tag.

Auch bei uns ist es gestern wieder wärmer geworden und heute hatten wir Temperaturen um vier, fünf Grad plus. So warm war es hier seit fast drei Monaten nicht mehr! An allen Eiszapfen läuft das Wasser herunter und durch ein Dachfenster tropft es in den Büroflur. Auch auf der Holztreppe vor meinem Haus taut es und bei der hinteren Treppe schimmert sogar die unterste Stufe wieder durch den Schnee. Ansonsten ist der Schnee zwar noch ein bisschen mehr zusammengesackt, aber nur oberflächlich angetaut. 80 Zentimeter verschwinden zum Glück nicht so schnell.

Wir haben wohl ein bisschen mit Deutschland getauscht: Während hier das Thermometer um sieben Uhr morgens +3 °C anzeigte, wurden zur gleichen Zeit am Flughafen meiner Heimatstadt Bremen -6 °C gemessen. Also von mir aus können wir gerne tauschen. Allerdings müsst Ihr dann auch den leichten Regen nehmen, der für die zweite Nachthälfte vorhergesagt ist.

Denn auf Regen mitten im Januar in Nordschweden habe ich ja so was von keine Lust!

Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein Tiefsttemperaturenfanatiker bin. Alles über -30 °C ist einfach noch nicht wirklich kalt. Seit dem 6. November habe ich immer wieder die Außentemperaturen am Haus aufgeschrieben.

Da ich als Webprogrammierer viel mit JavaScript zu tun habe, habe ich dann mithilfe des canvas-Elements eine Funktion programmiert, die aus den Messwerten eine Zickzackkurve macht. Benutzer des Internet Explorers bleiben leider außen vor; der kann das nämlich noch nicht.

Die Seite mit der Temperaturkurve findet Ihr auch oben im Menü unter dem Punkt Temperaturen. Da kann man dann auch sehen, dass das Thermometer die -25 °C nur mal touchiert hat. Nach meiner Auffassung war es also noch nicht wirklich kalt hier, aber der Winter ist ja auch noch lange nicht zu Ende.

Vårvinter

Vårvinter heißt auf deutsch Frühlingswinter. Und obwohl der Frühling noch weit weg ist, hatte der heutige Sonntag schon einen „frühlingswintrigen“ Charakter.

Die Wärme der letzten beiden Tage und der lebhafte Wind, der die letzte Nacht im Schornstein heulte, haben alle Bäume vom Schnee befreit. Da neben einigen kahlen Birken hier hauptsächlich Nadelbäume wachsen, wirkte der Wald lichter und grüner als sonst. Dort konnte ich bei Temperaturen um -5 °C auch ohne Mütze und Handschuhe laufen, bloß auf der Ostsee waren die Sachen doch sehr angenehm, da es doch immer ein bisschen windig ist.

Eigentlich wollte ich heute hinter den Inseln weiter auf das Meer hinauslaufen, aber zum einen war am Horizont ein breiter dunkelblauer Streifen zu sehen – offenes Wasser?, zum anderen war meine linke Wade vom Badmintonspiel am Mittwoch immer noch leicht beleidigt und wollte an einer längeren Tour nicht teilhaben. So bin ich nur ein bisschen um ein paar Inseln gelaufen und habe mich über das Licht und über hohen Eiswände vor den Inseln gefreut. Aber erst zu Hause ist mir beim Betrachten der Fotos bewusst geworden, wie hoch sich das Eis an manchen Stellen so aufgetürmt hat.

Einige Stunden später zu Hause: Was ist das? Ist da jemand im Schnee verschüttet? Muss jemand ausgebuddelt werden? Habe ich es beim Tiefsnow stapfing übertrieben?

Nein, ich kann beruhigen: Ich habe heute das Dach vom Wintergarten so weit es ging vom Schnee befreit. Ich habe mir vom Nachbarn eine Leiter geborgt und sie ringsherum angelehnt. Die ersten beiden Schritte haben nicht mich hoch befördert, sondern die Leiter in den tiefen Schnee gedrückt. Dann konnte ich hochklettern und mit dem Schneeschieber von der Leiter aus den meisten Schnee vom Dach wegräumen. Und das war doch eine Menge. Hm, mal ausrechnen: ca. 3 Meter × ca. 6 Meter × ca. 40 Zentimeter sind ca. 7 Kubikmeter. Bei einer angenommenen Dichte von 200 Kilo pro Kubikmeter sind das also knapp anderthalb Tonnen, von denen jetzt bestimmt eine Tonne um den Wintergarten herum liegt. Kein Wunder, dass ich ins Schwitzen geraten bin und die Jacke irgendwann in den Schnee geworfen habe. Ja, und da hat sie dann doch noch einigen Schnee vom Dach abbekommen. Also: Keiner verschüttet, alles ist gut! Und auch dem Kunststoffdach des Wintergartens tut es bestimmt gut, einen Großteil seiner Last losgeworden zu sein.

Jokkmokksmarknad · Teil 1

Heute gegen zehn bin ich in Jokkmokk angekommen, wo gestern von der Kronprinzessin Viktoria der 406. Jokkmokksmarkt eröffnet wurde.

Ich mag die Stimmung auf dem Markt schon sehr. Dieses kunterbunte Gemisch aus samischer und schwedischer Kultur –  ein Stand hat Kunsthandwerk, der nächste Fellmützen, der darauf kleine Plastikruten zum Eisfischen. Danach folgen Stände mit Messern, Lakritz, Wollunterwäsche, Küchenzubehör, Rentierfellen und handgefertigten Stiefeln, aber auch mit hässlichen T-Shirts, wie man sie auf jedem Markt Europas findet. Und dazwischen laufen, stehen, schauen Menschen vieler Nationen. Manche in samischer Tracht, die nächsten in aufgeplusterten Daunenjacken, andere im knöchellangen Pelzmantel oder im Skioverall – Hauptsache warm.

Dabei ist es heute mit Temperaturen von knapp über -10 °C gar nicht so kalt und es schneit die ganze Zeit vor sich hin. Wer aber doch fröstelt, der geht in die Schulen, denn auch dort sind Stände, vor allem mit Kunsthandwerk. Unter Basketballkörben und neben Sprossenwänden findet man elegante Mode, Schmuck mit alten samischen Motiven, sehr schöne – und lange – Holzski, naturgetreue Vogelmodelle aus Holz und manches mehr.

Um zwei startet das Rentierrennen auf dem See. Jeweils zwei Teams treten gegeneinander an: Ein Ren zieht einen Schlitten, auf dem ein Mensch kniet oder liegt und rennt eine kleine Runde, ehe es dann mit ein bisschen Mühe wieder zur Ruhe gebracht hat. Vielleicht mache ich morgen einen kleinen Film, denn es sieht zu lustig aus, wenn Rens galoppieren.

Mit dabei ist Kronprinzessin Viktoria, die der Mittelpunkt vor allem aller Kamerabesitzer ist. Als das Rennen zu Ende ist, läuft sie einfach an allen Menschen vorbei, winkt hier, sagt dort „Hej“ und auch später auf dem Markt sieht man sie wieder.

Eigentlich stelle ich ja keine Fotos von Personen ohne deren Genehmigung online. Zum einen wäre das hier aber ein bisschen schwierig, zum anderen findet man aber schon jetzt so viele Fotos von Ihr heute auf dem Jokkmokksmarkt, dass ich mal eine Ausnahme mache. Ich denke, Kronprinzessinnen sind das gewöhnt.

Gegen vier ist es dunkel und obwohl die Stände alle noch aufhaben, leert sich der Markt spürbar. Später am Abend sind noch einige kulturelle Veranstaltungen in Restaurants, Schulen und den großen samischen Zeltkoten, aber viel ist auf den Straßen nicht mehr los.

Meine Pläne für morgen:

  • Die alte, kleine Kirche anschauen
  • Zum Joik-Workshop ins Aitte-Museum
  • Rentierfelle kaufen
  • Und davor: Ausschlafen

Danke an Cecilia, die mir hier für zwei Tage eine nette Privatunterkunft bei einer Freundin besorgt hat.

Jokkmokksmarknad · Teil 2

Temperaturen um -12 °C, leichter bis mäßiger Schneefall.

Was macht man an einem langen Tag auf dem Jokkmokksmarkt, wenn man am Vortag auch schon die ganze Zeit geschaut hat?

Kaufen Am Anfang habe ich einige antiquarische Bücher gekauft und in meine Unterkunft gebracht. Dann ein großes, getrocknetes Rentierfell. Wenn die Felle nur getrocknet sind, muffeln sie zwar ein bisschen, aber dafür kann man sie im Gegensatz zu den gegerbten einfach draußen auf den Schnee legen. Zum Schluss habe ich noch warme Wollfäustel gekauft. Diese extra zu groß, denn wenn sie bei 30 °C in der Maschine gewaschen werden, laufen sie ein, passen (hoffentlich) und sind dann noch wärmer.

Fotografieren, heute mit selbst gestellter Aufgabe: Von acht nebeneinander liegenden Ständen je zwei Fotos machen und je eines davon hier online stellen, egal ob gut geworden oder nicht. Nikonlinse 50mm/1.4. Bitte schön:

Schauen Erst habe ich mir die kleine alte Kirche angeschaut, dann war ich in der Samenschule, einem Heim und anderen Gebäuden, wo es von Ziegenkäse und Lachs über wunderschönen und entsprechend teuren Holzgefäßen, Mode und Gemälden auch wieder den Stand mit Schmuck aus Menschenhaar gab. Und wenn jemand einen Schlüpfer aus dem gleichen Material braucht: Auch den gibt‘s dort. Ich kann gut darauf verzichten.

Tourist sein, und dazu gehört, dass man den Zug der Rentiere fotografiert, der jedes Jahr auf dem Markt stattfindet. Bitte schön:

Mittagsschlaf Ein herrlicher Luxus, mal kurz zwanzig Minuten die Augen zuzumachen und danach in zwei Minuten wieder auf dem Markt zu sein.

Joiken Um drei Uhr nachmittags war ein Joikworkshop. Dort haben wir einige Tierjoiks gelernt, so den vom Hasen, der Krähe, dem Elch und dem Wolf. Das war ziemlich interessant. Ich werde in den nächsten Tagen ein Video online stellen.

Essen Zu empfehlen: Die Waffeln mit Moltebeerenmarmelade und Sahne im Café Gasskas.

Tanzen Ich war Abends noch mit Freunden meiner Gastgeberin zum Volkstanz. Dort haben wir versucht, uns den Schottischen abzuschauen, sind aber bei den schnellen Drehungen gescheitert und eine Schwedin hat mir gezeigt, wie ein Walzer im Volkstanz geht. Gut, dass ich vorher meine dicken Winterstiefel ausgezogen habe … . Die Musik wird ausschließlich von Geigen gespielt und ich mag diesen tänzerisch, leichten Klang sehr gerne.

Heute stand ich dann ein bisschen doof am Busbahnhof, denn der Bus nach Luleå fuhr gar nicht. ResRobot, Die Reiseauskunft auf meinem iPhone hat nämlich nicht gerade darauf aufmerksam gemacht, dass der 10:25-Bus ab Jokkmokk gar nicht am gleichen Tag, sondern erst am Sonntag fährt. Und für heute auch keine Verbindungen mehr gefunden. Toll! Zum Glück gibt es noch eine etwas umständlichere Verbindung über Arvidsjaur, aber ich habe ja Zeit und freue mich, dass ich heute Abend zu Hause bin.

… vorausgesetzt, unser Bus bleibt auf der Spur, denn kurz hinter Jokkmokk hat der Busfahrer der Gegenrichtung den Bus in den Tiefschnee gesetzt. Er hing schräg neben der Straße im Graben. Alle Passagiere saßen noch im Bus und passiert ist zum Glück nichts.

NB: Da drücke ich bei WordPress einmal versehentlich „Publizieren“ statt „Vorschau“ und schon finde ich meine eigenen Schreibfehler drei Minuten später bei Google wieder. Jetzt ist Café Gasskas aber richtig geschrieben.

Wieder zu Hause

Plan A: Um 10:35 in Jokkmokk den Bus zu nehmen, zwei Mal umzusteigen und 16:25 zu Hause.

Geht aber nur am Sonntag, also:

Plan B: Um 10:45 von Jokkmokk nach Arvidsjaur, 2½ Std. warten, dann nach Skellefteå, 1 Std. warten, weiter nach Skelleftehamn und um 19:00 zu Hause.

„Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht
und mach dann noch ‘nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht.“

(Bertold Brecht, Dreigroschenoper)

Zu Hause war ich nämlich um halb eins in der Nacht.

Im Bus nach Arvidsjaur zuckelte ich bequem durch die neu verschneite Landschaft und habe sogar das Kitajaur VildmarksCafé wiedererkannt, in dem ich Pause gemacht habe, als ich 2005 das erste Mal in Nordschweden war. Eine schöne Erinnerung.

Leider hatte ich ja in Arvidsjaur zweieinhalb Stunden Aufenthalt. Der Wartesaal hat geschlossen. Das Café an der einen Straßenecke auch. Bibliothek und Touristbüro ohnehin. Aber ich habe das türkische Restaurant Afrodite gefunden. Dort habe ich nicht nur gutes Essen bekommen, auch die Leute waren total nett und ich konnte die ganze Zeit dort warten, bis der Bus kam.

Die Busfahrt nach Skellefteå war zuerst sehr schön, weil aus einem dunkelblauen Dämmerungshimmel Schnee fiel, der oberhalb der Windschutzscheibe vom Bus angestrahlt wurde. Das sah wirklich schön aus. Dann wurde die Fahrt doch ein bisschen lang, aber um kurz vor halb sechs war ich wieder in Skellefteå.

Um nicht eine Stunde draußen herumzustehen, gehe ich ins Büro, denn dort kann man sitzen und es gibt WLAN. Und dort treffe ich Leif. Ich höre, dass er heute zusammen mit einem Freund groß Geburtstag gefeiert; ich habe wohl eine SMS nicht bekommen. Also bleibe ich in der Stadt, um dann mit über 60 Leuten zu feiern und dabei viele Bekannte und auch Freunde zu treffen. Was für ein großer Zufall und auch Glücksfall, dass ich dabei sein kann.

Ich bin leider ziemlich müde und nehme deswegen den 23:50-Bus nach Skelleftehamn. Und dort freue mich einfach nur, wieder zu Hause zu sein. Der Weg zum Haus ist wieder völlig zugeschneit und es liegen so um 95 cm Schnee im Garten – 20 cm sind also bestimmt in den Tagen, in denen ich weg war, dazu gekommen. Das sieht einfach wunderschön aus.

Und zum Abschluss der kurzen aber ereignisreichen Jokkmokk-Reise noch zwei Fotos, die es nur aufgrund ihres quadratischen Formats nicht in die vorhergehenden Jokkmokk-Artikel geschafft haben. Die Fotos passen natürlich so gar nicht zusammen, aber gerade das illustriert eigentlich den Markt wiederum ganz gut, da dieser eben völlig unterschiedliche Eindrücke auf engstem Raum bietet.

Outdoorpool

Heute morgen -9.3 °C, jetzt -21.3 °C und weiterhin abnehmend.

Eigentlich wollte ich meinen Outdoorpool ja verkaufen, denn was der an Energie frisst, um das Wasser auch im Winter konstant auf 39 Grad zu heizen, da reden wir lieber nicht drüber.

Aber so lange ich ihn noch nicht verkauft habe, kann ich ihn ja auch nutzen, denn das macht doch mehr Spaß, als ich ursprünglich gedacht habe.

Auch heute habe ich den Pool aufgeklappt, mich drinnen von Wohnungskleidung auf Badehose umgezogen und bin barfuß durch den kalten Schnee zum Pool gelaufen. Dann schnell rein, ehe die Füße abfrieren. Herrlich! Entgegen der Wettervorhersage war der Himmel klar und ich konnte vom Pool aus die Wintersternbilder betrachten. Orion stand im Süden und der Löwe war auch schon aufgegangen. Allerdings dampfte der Pool ganz schön, denn heute war erstmalig die Temperaturdifferenz 60 Grad: -21 °C Luft, +39 °C Wasser.

Das Licht benutze ich nicht, das ist mir alleine zu dämlich, aber die Massagedüsen sind toll. Und wenn einem zu warm ist, dann liegt ja massig Schnee in Reichweite. Der Kopf bleibt dank meiner 99-Kronen-Polyesterfellmütze mit Ohrenklappen schön warm und sowohl das Gefühl im Pool als auch das danach ist immer herrlich.

Vor dem Gefühl danach kommt aber noch meine kleine Übung: Nass und barfuß den Pool wieder abdecken. Heute wollte die Abdeckung nicht richtig und meine Füße waren dann so kalt, als ich wieder im Haus war, dass ich sie erst einmal wieder unter heißes Wasser halten musste.

Pulka

Immer noch recht kalt, jetzt um 20:20 gerade -19 °C.

Im Herbst 2009 habe ich im Allgäu günstig eine gebrauchte Pulka kaufen können. Das ist eine Art Transportschlitten für Wintertouren, der als Basis eine flache Kunststoffwanne mit Kufen hat. Am Montag ist das Zuggestänge gekommen, welches ich endlich mal letzte Woche bestellt habe, damit ich die Pulka auch vernünftig ziehen kann. Das Zuggestänge klinkt man dann in einen Hüftgurt ein und kann den Pulkaschlitten dann mehr oder minder bequem hinter sich herziehen.

Die Bremse, die hinten an der Pulka ist, braucht man nur, wenn die Pulka von ein, zwei Hunden gezogen wird. Das geht nämlich auch. Da ich aber keine eigenen Hunde habe, kommt die Bremse vor der ersten größeren Tour ab.

Vorhin habe ich die Pulka mal zu Fuß ausprobiert und drei prall gefüllte Umzugskisten Altpapier weggebracht. Auf dem gut geräumten Fußweg zu ICA läuft die Pulka trotz des wackeligen Aufbaus herrlich, allerdings gibt es wahrscheinlich auch keinen leichteren Untergrund. Am Wochenende werde ich sie mal im Wald und auf der Ostsee testen. Dann packe ich aber etwas realistischer, denn die Dinge sollen ja in und nicht auf die Pulka.

Im Garten zelten?

Im Zelt im Garten: Gestern um 23:00 -25 °C, jetzt um 2:45 -27 °C.

Gestern habe ich nicht nur meine Pulka getestet, sondern auch bei ICA ein Paket abgeholt. Darinnen war ein Zelt, ein Tatonka Alaska 2. Das musste ich natürlich gestern noch aufbauen, und da Tunnelzelte nicht von alleine stehen, sondern abgespannt werden müssen, bot sich der Garten natürlich als Testgelände an. Leider habe ich keine Schneeheringe, also mussten neben zwei paar Skiern auch diverse Skistöcke und Schneeschaufeln zum Abspannen herhalten. Aber bei der Windstille brauchte ich nicht viel zu machen.

Ins Zelt kamen dann das in Jokkmokk gekaufte Rentierfell, darüber eine Isomatte und mein ganz warmer Schlafsack, denn ich habe mir die bislang kälteste Nacht des Winters ausgesucht: Um 23:00 waren draußen im Zelt -25 °C. Dazu kamen dann noch Tee und Kopfkissen, schließlich soll es gemütlich sein.

Gemütlich? Und warum sitze ich jetzt drei Stunden später drinnen im Computer und schreibe einen Blogeintrag?

Zum einen: In der ersten Zeltnacht schlafe ich nie sehr gut. Ich bin Seitenschläfer und das geht mit dickem Schlafsack irgendwie so gar nicht. Und das Kopfkissen rutscht auch immer weg. Zudem fehlte mir nach dem Bürotag auch die Bewegung, die einem auf Tour sonst dennoch gut schlafen lässt.

Zum zweiten: Ich hatte Hunger. Zu wenig Abendbrot.

Zum dritten: Man mag es glauben oder nicht, aber obwohl im Zelt kaum über -20 °C waren – ein bisschen isoliert das Zelt ja schon – war mein dicker Schlafsack „Mountain Equipment Everest“ zu warm! Beim Einschlafen war das ja noch angenehm, dass man überhaupt nicht fror, aber ich kam mir zum Schluss wie im Backofen vor. Wenn ich mal auf Tour gehe, dann brauche ich vielleicht doch zwei Schlafsäcke, wenn die Temperaturem im Fjäll zwischen 0 °C und -40 °C wechseln können.

Jetzt, wo die Tage länger werden – heute steht die Sonne erstmalig wieder mehr als acht Stunden über dem Horizont – werde ich bestimmt ein Wochenende eine schöne Zweitagestour machen und dann auch die Nacht im Zelt verbringen. Aber jetzt ziehe ich zumindest den Luxus des Bettes meinem Zeltplatz vor. Als Erinnerung nehme ich Schlafsackdaunen und Rentierhaare mit ins Bett.

Einkaufen

Heute überwiegend freundlich mit einem kurzen Schneeschauer. -8 Grad um halb zwei , jetzt zwei Stunden später -15 Grad. Es wird kälter.

Heute morgen bin ich mit dem Rad zu ICA gefahren, um Lebensmittel und Shampoo einzukaufen. Nachdem ich dann alles in die Küche gestellt hatte, habe ich ein Foto vom heutigen Einkauf gemacht. Ich glaube, zu Tomaten oder Apfelsaft brauche ich nichts zu schreiben, aber ein paar abgebildete Produkte gibt es in dieser Form meines Wissens in Deutschland nicht.

  • Hähnchen kann man hier schon zubereitet kaufen. Eine praktische Sache für Kochfaule wie mich.
  • Nygårda Hallonsoda ist eine Himbeerbrause, die ich vor kurzem wiederentdeckt habe.
  • „Gille havre“ sind leckere Kekse. Die gibt es auch in der 750-Grammpackung, aber das ist mir zu gefährlich …
  • Chicken Tikka Spice Mix ist eine erstaunlich gute indische Gewürzmischung.
  • Marabou ist hier die Schokoladenmarke. Heute: Milchschokolade.
  • Nöt & Bär mix, eine Art Studentenfutter. Das nehme ich gerne auf Tour mit.
  • a-fil ist ökologische Filmjölk, ein in Deutschland unbekanntes Milchprodukt, welches ich statt Milch zum Müsli esse.
  • Bregott liegt vom Geschmack irgendwo zwischen aus Butter und Margarine und ist gesalzen.

Heute nicht mit dabei: Brot (hell und weich, aber lecker wenn warm), Eier, Speck für Sonntagsfrühstück, Käse (meist in Kiloportionen verpackt), Schinken, Lakritz, Müsli, Blaubeermarmelade, Sill (eingelegter Hering) und manches andere …