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Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

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Reise nach Norwegen

Die letzte Juliwoche bin ich nach Norwegen gefahren, um Astrid und Hein, Fridtjof und Fredrik zu besuchen. Sie waren im März letztes Jahres bei mir und es wurde Zeit für einen Gegenbesuch. Die Freunde leben in Nord-Trøndelag in der Kommune Inderøy und damit recht genau westlich von mir. Auf dem Hinweg bin ich aber nicht quer rüber gefahren, sondern erst einmal auf der E4 in Richtung Süden.


Den ersten Zwischenhalt habe ich in Salusanden, einer kleinen Strandstelle südlich von Umeå gemacht. Ich war erstaunt, den Strand an einem warmen und sonnigen Sommersamstag mitten in der Ferienzeit so leer zu finden. Am Ufer lagen einige Tellmuschelnschalen, bei mir ist die Ostsee zu salzarm für Muscheln.

Der nächste Halt war der bekannte Fjällräven-Outlet in Örnsköldsvik, ein gefährliches Pflaster für Outdoorfans. Ein Klassenkamerad in der Fünften hatte nicht wie wir alle Tornister, sondern einen himmelblauen Kånken-Rucksack von Fjällräven. Ich erinnere mich noch gut, wie ich damals diesen Buchstabensalat aus Fj, V und zwei Ä-s bestaunt habe.

Der Küstenabschnitt südlich von Örnsköldsvik nennt sich die Höga kusten, die hohe Küste. Hier habe ich eine mehrstündige Wanderung durch diese herrliche Landschaft gemacht, aber davon erzählt ein anderer Artikel.

Nach der Wanderung, die länger als geplant wurde, habe ich mich ins Auto schlafen gelegt. Das nächste Mal klappe ich die ganze Rückbank um, denn beim Umdrehen war es ein bisschen eng, aber sonst war ich überrascht, wie viel Platz ich in meinem Auto habe. Sollte ich noch zum Saab-Fan werden, oder bin ich es schon ein bisschen?


Was passiert, wenn man nicht so gut schläft und früh wach wird? Man wird mit einer wunderbaren Morgenstimmung am Norrfjärden belohnt. Zu dem Blick gab es Apfelschorle und Nusskuchen zum Frühstück. Lecker! Ein guter Start in den zweiten Anreisetag.

Danach habe ich mich wieder ins Auto gesetzt. Nun ging es in Richtung Westen, dem schlechten Wetter entgegen. Nach einer Mittagspause im grau verhangenen Östersund war ich sehr auf Åre, das größte schwedische Skigebiet gespannt. Aber zumindest bei diesem trüben Regenwetter machte es einen extrem hässlichen Eindruck und ich habe nicht einmal angehalten. Von Åre war es gar nicht mehr so weit zur norwegischen Grenze. Hier gab es viele große offene Moorflächen. Schade, dass die Moltebeeren noch nicht reif waren. Parallel zur Autostraße gab es vermutlich einen alten Weg. Übrig geblieben sind die alten Steinbrücken, die jeden größeren Bach überspannen.

Nun war es gar nicht mehr so weit zu meinem Ziel. Ich wusste, dass meine Freunde nach in Oslo sind und erst am späten Abend des Folgetages wieder zu Hause waren, aber man kann ja auch ein Zelt im Garten aufschlagen und so hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Zeltplatz mit drahtlosem Internet. Daran kann man sich gewöhnen.

Meine Route: Skelleftehamn – Umeå – Örnsköldsvik – Docksta – Ullånger – Nyland – Bollstabruk – Bispgården — Hammarstrand – Östersund – Åre – Stormoen (Norwegen) – Verdal – Røra – Straumen – Utøya – Venneshamn.

Höga kusten

Auf meiner Reise nach Norwegen habe ich einen Zwischenstopp an der Höga kusten gemacht. Diese Region ist mir schon mehrmals empfohlen worden und nun, wo ich es endlich geschafft habe, im Skuleskogen Nationalpark eine kleine Tour zu machen, kann ich nur sagen, dass die Höga Kusten einen Besuch wert ist.

Nachdem ich mein Auto am „Entré Syd“ abgestellt habe, bin ich den orange/roten Wegmarkierungen gefolgt. Am Anfang lief ich über Holzstege, bald über Baumwurzeln. Dann bin ich abgebogen, um auf den Slåttdalsberget zu gehen. Der blau markierte Weg führt über den roten Granitfels, der die Landschaft hier prägt.

Von den riesigen Granitformationen hat man herrliche Blicke über die Ostsee und die Inseln. Am Gipfel habe ich eine Pause gemacht. Gut, dass außen an meinem Fotorucksack auch eine Wasserflasche und eine Tüte mit Nusskuchen befestigt werden können.

Bekannter als der Slåttdalsberget ist die Slåttdalsschlucht, die sich tief in den Granit einschneidet. Wenn man die dunkle Schlucht durchquert, denkt man an Abenteuerromane, Räuber, Hinterhalte und hofft, dass einem kein Troll Felsen auf den Kopf wirft.

Ich bin dann weiter um den See Tärnättvattnen gelaufen. Hier war auch einer der Plätze, an denen man im Nationalpark sein Zelt aufstellen und übernachten darf. Weiter ging der Weg an der Küste – mal etwas höher, mal fast direkt am Meer. Das letzte Stück zog sich ganz schön, zum einen, weil es schon recht spät – wenn auch noch lange nicht dunkel – war, zum anderen, weil der Proviant längst aufgefuttert war und ich einen Bärenhunger hatte. Nach vier Stunden nach Tourbeginn war ich wieder am Parkplatz und habe erst einmal etwas gegessen. Dabei wurde ich leider ziemlich von Knott umschwärmt, kleinen Mücken, die alle gerne mein Blut wollten. Aber bald habe ich mich ins Auto geflüchtet, wo ich auch geschlafen habe, ehe ich am nächsten Tag weiter nach Norwegen gefahren bin.

Mosvik

Nach einer zweitägigen Anreise bin ich in Norwegen angekommen. Da meine Gastgeber noch gar nicht da waren, habe ich mein Zelt aufgebaut und bin noch einmal an die Küste gefahren. Was für ein schönes Gefühl, mal wieder an der Nordsee zu sein, wo es nicht nur Ebbe und Flut gibt, sondern im Gegensatz zur nördlichen Ostsee auch Muscheln, Meeresschnecken und Seetang.

Am nächsten Tag habe ich eine kleine Runde mit dem Auto gedreht. An einer Bucht habe ich angehalten und fotografiert. Dabei musste ich feststellen, dass diese Bucht nicht sandig war, sondern sehr, sehr schlickig. Gut, wenn man nicht nur sich, sondern auch die Kamera wasserdicht eingepackt hat und vor allem auch weiß, wie man aus dem Zeugs wieder herauskommt.

An dieser Stelle – weiter oben, an der Straße – habe ich übrigens auch die Walderdbeeren gefunden.

Weiter ging der Weg per Auto zum Ende des Verrasundets, wo Sonne und Regenschauer sich abwechselten. Aber ich will mich nicht beschweren, denn zum Reisebeginn sagte der norwegische Wetterdienst yr sieben Tage Dauerregen vorher.

In der Nacht kamen Astrid, Hein und ihre Kids wieder und am nächsten Morgen sind wir gleich in den Wald gegangen. Denn wenn man mit Astrid und Hein unterwegs ist, dann immer auch, um Pfifferlinge, Blau- oder Moltebeeren zu pflücken oder Fische zu fangen. Am Abend haben wir aber nichts von den Funden gegessen, sondern Walfleisch gegrillt. Der Geschmack ist schwer zu beschreiben, aber man schmeckt, dass es sich um ein Säugetier handelt.

Norwegen ist eines der Länder, in denen Wal gefangen und verkauft wird. Die Quote liegt bei etwa 1000 Tieren pro Jahr, wird allerdings nie ausgeschöpft. Da der Bestand des Zwergwales sich in den letzten Jahren vermehrt hat und der Zwergwal im Gegensatz zu seinen Verwandten nicht bedroht ist, habe ich ehrlich gesagt ein besseres Gefühl, Wal zu essen als Schwein oder Huhn im Restaurant, welches vor seinem Tod vermutlich kein artgerechtes Leben führen durfte.

Die folgenden Tage waren ein schönes Gemisch aus Spielen mit den Kindern (und sie auseinander pflücken, wenn sie wieder das gleiche Spielzeug haben wollen), Beeren im Wald sammeln, mit Hein herumfahren, um französischen Käse vom katholischen Kloster(!) und Kartoffeln vom Bauern zu kaufen, sehr gut zu essen (von Elch mit Pfifferlingsoße bis hin zu Moltebeereneis) und abends zusammensitzen, bis ich irgendwann müde ins Bett fiel. Den Elch, der auf der Wiese hinter dem Haus graste, musste ich natürlich noch fotografieren. Schade, dass es schon so dunkel war und der Elch so scheu.

Viel zu früh musste ich wieder zurückfahren, aber am Montag geht die Arbeit wieder los und ich hatte ja auch wieder einiges an Strecke vor mir. Ich gehöre halt nicht zu den Typen, die gerne sieben-, achthundert Kilometer am Stück fahren und ein bisschen was auf der Fahrt sehen wollte ich ja auch.

Danke, Hein, Astrid, Fridtjof und Fredrik für Eure Gastfreundschaft. Jetzt seid Ihr wieder dran mit kommen ;-)

Rückreise nach Schweden

Nach einem guten Frühstück auf der Terrasse habe ich mich von meinen Freunden in Norwegen verabschiedet und bin mit dem Auto zurück nach Hause gefahren. Schön in Ruhe und mit Pausen, man will ja auch was sehen.

Die erste Pause habe ich südlich des Sees Snåsavatnet gemacht. Dort in Bøla gibt es eine alte Felszeichnung eines lebensgroßen Rens zu bewundern. Das Alter wird auf sechstausend Jahre geschätzt.

Noch in Norwegen lagen oft Schafe auf der Straße, sie dösten auf dem warmen Asphalt und öffneten noch nicht einmal die Augen. Der Rotfuchs, der später auf der Fahrt einen Rastplatz nach Essbaren durchsucht hat, war wachsamer, ließ sich aber doch noch gerne aus dem Auto heraus fotografieren.

Dann bin ich die Straße südlich des Sees weitergefahren, bis ich auf der E6 war, die ich aber schnell verlassen habe, um auf der E74 nach Gäddede in Schweden zu fahren. Dort bin ich in den nach Norden führenden Vildmarksvägen abgebogen. Am Anfang führte die Straße noch an Seen vorbei durch kleine Ortschaften, dann wieder durch Wald, doch die Straße wand sich immer höher und die ersten schneebedeckten Gipfel, die man schon seit Norwegen sehen konnte, kamen näher und näher. Bald lichtete sich auch der Birkenwald und ich fuhr durch das Kahlfjäll über der Baumgrenze. Am und zu lugte die Sonne durch die aufgezogenen Wolken und beschien einen Teich oder ein Schneefeld. Ich beschloss, mir bald einen Zeltplatz zu suchen.

Ich bin sehr empfänglich für diese etwas kargen Landschaften und habe bald einen schönen Parkplatz im Nirgendwo gefunden und beschloss, dort mein Zelt aufzubauen. Schon beim Kochen – ich hatte noch Dorsch mit Basmatireis und Hummersoße von Astrid und Hein vom Vortag – umschwärmte mich eine Wolke von Mücken und ich habe die Kapuze festgeschnürt, um den kleinen Blutsaugern möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Gegessen habe ich dann im Gehen …

Wie gut, dass so ein Innenzelt mückendicht ist (nur einige Knott haben sich anscheinend durchmogeln können), denn schon beim Zeltaufbau schauten mir sämtliche Mücken der Umgebung zu. Pünktlich nachdem ich im Zelt zum Schlafen verschwunden war, fing es an zu regnen, mal leicht und mal heftig und so manche Mücke suchte mein Zelt als warmes und trockenes Plätzchen mit Chance auf ein Frühstück auf. Als ich morgens das Zelt verließ, war das Außenzelt voll: Schätzungsweise achthundert Mücken saßen trocken und lauschig unter dem Außenzelt und warteten auf mich.

Ich habe aber mein Zelt nicht sofort verpackt, sondern erst eine kleine Runde gedreht und den Raavre (932 m) bestiegen. Doch darüber schreibe ich später.

Erst habe ich mein nasses Zelt nur so ins Auto schmeißen wollen, aber der Gedanke an viele hundert Mücken, die im Auto herumschwirren haben mich meinen Plan ändern lassen und ich habe das Zelt in seine Tasche gestopft und diese – glaubt mir! – sehr, sehr gut verschlossen. Dann ging die Fahrt weiter. Ich wusste noch nicht genau, wie ich weiterfahren sollte, da ich nicht wusste, ob mein Benzin für den direkten Weg nach Storuman reichen würde oder ich nach Vilhelmina fahren müsste. Eine kleine Tankstelle in Saxnäs hat mich dann aber gerettet. Auf Schleichwegen habe ich mich über Stensele bei Storuman über die Käffer in Richtung Heimat bewegt.

Es gab allerdings noch zwei Hindernisse auf dem Weg nach Hause, die waren allerdings willkommen: Zwei kleine Rentierherden. Während die erste noch die Straße überquerte, stand die andere nur da und ließ Autos nur widerwillig durch. Kein Problem für mich, schnell das Tele draufgesetzt und Rentiere fotografiert. Ist ja schön, wenn diese schönen Tiere mal nicht gleich in den Wald flüchten.


Hier noch ein Video, welches ich vom Auto aus gemacht habe. Schade, dass ich vergessen habe, den Blinker auszumachen und sofort die Fenster zu öffnen, damit man die Geräusche, die die Rentiere machen, besser hören kann.


Bald war ich wieder in bekanntem Gelände: Die 370 führt fast an Kusfors vorbei, wo ich gute Freunde habe. Ich wollte aber nur noch nach Hause und die letzte Stunde hinter mich bringen. Um vier war ich zu Hause – todmüde, aber sehr zufrieden. Die Reise nach Norwegen war toll, aber wieder zu Hause in Skelleftehamn zu sein, war auch schön.

Norwegen, ich komme gerne wieder!

Die Route: Mosvik – Steinkjer – Snåase – Sandvika – Gäddede (Schweden) – Stekenjokk – Saxnäs – Skarvsjöby – Stensele – Gunnarn – Norrbyberg – Kristineberg – Bjurträsk – Boliden – Skellefteå – Skelleftehamn. Hin und zurück: 1663,3 km.

Auf dem Kahlfjäll

Wo war ich – ach ja, auf der Rückreise nach Schweden. Nach einer Zeltnacht mitten im Kahlfjäll (aber an der Straße) habe ich noch den Raavre (932m) bestiegen. Leider hingen die Wolken so tief, dass man zwischendurch nicht viel gesehen hat. Aber dafür war es so windig, dass mich die vielen Mücken in Ruhe gelassen haben. Lieber Mütze als Mücke!

Wunderschön ist es auf dem Fjäll und während Nebel in der Stadt eher nervt, verleiht er hier der Landschaft etwas Geheimnisvolles. Mal blickt man nur in ein weißgraues Nichts, dann geben die tiefen Wolken plötzlich den Blick frei. Auf eine Bergkuppe, eine Wiese, einen Bach oder ein vom späten Winter übrig gebliebenes Schneefeld. Dann plötzlich hat man weite Sicht auf die karge Berglandschaft, ehe die nächsten Wolken durch das Tal heranziehen. Doch seht selbst.


Liebes Fjäll, wenn ich das nächste Mal zurückkomme, dann mit mehr Zeit. Versprochen! Du bist einfach zu schön, als dass man nur zwei Stunden durch Dich durchwandert. Doch jede Reise hat ein Ende und so auch meine Norwegentour. Morgen sitze ich wieder im Büro und arbeite. Und es gibt viel zu tun. Aber in drei, vier Wochen habe ich noch einmal eine Woche frei und dann geht es wieder nach Solberget in Lappland.