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Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

Zu den Funktionen

Organisieren, Teil 1

Natürlich muss man irgendwann auch mal einen Umzug planen, wenn man von Deutschland nach Schweden möchte, vor allem aber muss man mit der Meldebehörde, der Krankenkasse, der Gewerbebehörde, dem Finanzamt, der IHK und vielen anderen sprechen.

Das Tolle ist: Alle sind freundlich, kompetent und hilfsbereit. Das macht die Organisation doch recht einfach und entspannt. Das einzig störende ist, dass man sich in Deutschland nicht zu einem Zeitpunkt in der Zukunft abmelden kann. „Ich möchte mich zum 30. April in Deutschland abmelden“ gibt’s nicht. Schade eigentlich.

Vielen Dank schon einmal an die vielen Damen und Herren, die mir die Bürokratie doch recht leicht machen. Weiter so …

Jetzt warte ich noch auf eine schwedische Adresse, unter der ich erst einmal erreichbar bin, dann kommt die Abmeldung in Deutschland und die Anmeldung in Schweden dran.

Wie kommt man nach Skellefteå?

„Wie kommt man nach Skellefteå?“, das frage ich mich seit einigen Wochen. Mitfahrgelegenheiten auf dieser Strecke finde ich nicht – das wäre ja auch ein riesiger Zufall. Nun gut …

Ein nicht näher genannter Autovermieter bietet an, ein Auto in München zu leihen und in Skellefteå abzugeben. Die dabei anfallende Einweggebühr beträgt allerdings fast 2000 Euro. Nun gut …

Fliegen wäre eigentlich gar nicht so teuer. Für rund 300 Euro kann ich von München (MUC) nach Skellefteå (SFT) fliegen. Allerdings schlägt das Übergepäck, welches ich garantiert reichlich haben würde, mit 11 Euro pro Kilo zu Buche. Nun gut …

Heute bin ich mit dem Fahrrad zum Bahnhof Pasing geradelt. Die erste Überraschung im Reisezentrum erinnert schon sehr an Schweden: Man muss erst einmal eine Nummer ziehen. An Schalter 1 werde ich dann bei dem Stichwort „Schweden“ gleich an Schalter 4 weiter verwiesen. Dort überrascht mich dann der Bahnmitarbeiter mit einer Geschwindigkeit und einem Tarifwissen, wie ich es noch nie erlebt habe. In Sekundenschnelle füllt er Zahlencodes in die Suchmasken, gibt Zwischenbahnhöfe ein, sucht nach günstigen Alternativen und kann mir zum Schluss die Strecke München—Sundsvall für knapp 175 Euro anbieten. Mit Platzreservierungen und Liegewagen. Gekauft!

Zu Hause sehe ich im Netz, dass ich für die sechsstündige Busfahrt Sundsvall—Skellefteå noch umgerechnet etwa 36 Euro zahlen muss, also bin ich für gut 210 Euro dabei. Mit so viel Gepäck, wie ich tragen kann.

Bloß die Frage nach einer möglichen Fahrradmitnahme entlockte dem Tarifprofi nur ein müdes Lächeln, gefolgt von einem leichten Kopfschütteln. Man kann eben nicht alles haben …

Also, am Mittwoch, den 21. April steige ich um 9:15 in München in den ICE und wenn ich alle Anschlüsse bekomme, steige ich am nächsten Tag um 16:15 nach schlappen 31 Stunden Fahrt in Skellefteå aus der Buslinie 100 und bin da.

Und für alle, die es ganz genau wissen wollen:

München Hbf 21.04. ab 09:15
Hamburg Hbf an 14:54
Hamburg Hbf ab 15:25
København H an 20:11
København H ab 21:03
Malmö Central an 21:38
Malmö Central ab 22:48
Stockholm Central 22.04. an 05:56
Stockholm Central ab 06:30
Sundsvall Central an 09:52
Sundsvall Central ab 10:05
Skellefteå busstation an 16:15

Ich bin abgemeldet

Abmeldung bei der MeldebehördeAlso, Ihr Ämter, Ihr verblüfft mich, wie einfach und schnell alles geht. Bei der Meldebehörde abmelden: zwei, drei Minuten. Reisepass abholen: zwei. Änderungen beim Gewerbe: so um die fünf Minuten. Nach siebzig Minuten war ich mit allem durch und da sind die 7,5 Radkilometer vom Bürgerbüro Pasing zum Kreisverwaltungsreferat schon enthalten.

Flug nach Bremen

Seit gestern Abend bin ich nicht mehr in Schweden, sondern in Deutschland. Seit heute Vormittag ist auch mein Gepäck hier. Bis zum 28. Juli bin ich erst ein paar Tage in Norddeutschland und dann in München.

Gestern um 13:20 bin ich in Skelleftehamn in den Bus gestiegen und nach Skellefteå gefahren. Dort hatte ich eine gute Stunde Zeit, bevor der „Flygbuss“ mich zum Flughafen gebracht hat. Dieser fährt eine Stunde vor Abflug jedes Fluges in der Stadt ab*, so dass man dreißig Minuten vor Abflug zum Check-In da ist. Und das reicht auch locker aus. Und eine gute Stunde nach dem Start bin ich auch schon in Stockholm leicht verspätet gelandet. Ein zügiger Gang durch SkyCity zu Terminal 5, Boarding Time war schon und wupps! sitze ich im Flieger nach Kopenhagen. Dort erfahren wir dann, dass wir zwar Starterlaubnis haben, die Landung sich aber verzögern wird, weil sich über Kopenhagen einzelne Gewitter entladen und die einzelnen Zellen umflogen werden. Und zum Schluss kurven wir auch um und durch die quellenden Cumuli. Ein wunderschöner Anblick, mit vielen unterschiedlichen Lichtstimmungen von der zum Anfassen nahen Haufenwolke bis zur grauen Suppe. Aber wenn man in Kopenhagen nur 45 Minuten Umsteigezeit hat, wird man doch ein bisschen nervös. Schließlich landen wir. Na toll, mein Anschluss nach Bremen geht in 13 Minuten und noch hat keiner die Maschine verlassen. Doch bald bin ich draußen und renne (schon einmal in Tewa-Sandalen gesprintet? Klingt wie Taucherflossen.), so schnell es geht zum nächsten Terminal zum Gate C3. Dort drückt mir eine Frau nur noch einen Zettel mit SCHNEIDER/OLAFMR in die Hand und ich renne weiter. Im Bus bin ich so außer Puste, dass ich erst einmal keuche wie andere nach einem Triathlon. Aber rennen ist halt nicht meins, erst recht nicht bei dieser Hitze.

Der Bus kurvt dann über das Rollfeld und bleibt bei einer kleinen zweimotorigen Maschine stehen und jetzt beginnt der schönste Flug, den ich bis jetzt jemals hatte. Der von der OLT eingesetzte Fairchild Metroliner hat genau 19 Sitzplätze und ich sitze ganz vorne. keine zwei Meter vor mir sitzen Pilot und Copilot im offenen Cockpit und ich schaue die ganze Zeit fasziniert zu. Auf dem Platz neben mir auf der anderen Gangseite ist ein Korb festgeschnallt, in dem zwei Thermoskannen stehen. Kaffee? Ostfriesischer Tee? So eine Art Fliegen hat schon was. Fast schade, dass wir irgendwann wieder landen müssen, aber ich freue mich riesig, dass ich nicht in Kopenhagen übernachten musste und meine Eltern sehe.

Das Gepäck hat es natürlich nicht mehr geschafft, es ist heute mittag mit dem Taxi vorbeigebracht worden. Jetzt sitze ich draußen in Garten der Eltern, die Schauer am Mittag haben die Temperaturen unter 30° gedrückt und gleich gibt’s Abendessen.

Anhand der Instrumente auf dem Foto könnt Ihr sehen, wie Ihr das Flugzeug von Kopenhagen nach Bremen steuert: Kurs 220°, Reisehöhe 18000 Fuss, Maschine gerade halten. Bei der Landung nicht mehr als 1500 Fuss/Minute fallen und schon seid Ihr da. Einfach, oder?

___
* Achtung: Samstags nicht.

Der Führerschein

Erster Tag: Da rief ich also beim Kreisverwaltungsreferat – Kraftfahrzeugzulassung und Fahrerlaubnisbehörde an.
Ich: „Ich möchte einen EU-Führerschein.“
Sie: „Wofür brauchen Sie den denn?“
Ich: „Ich lebe jetzt in Schweden und denke, dass das einfacher so ist. Außerdem habe ich früher noch eine Brille getragen und die brauche ich nicht mehr. Einen Sehtest habe ich gemacht.“
Sie: „Dann brauchen Sie den alten Führerschein, einen Ausweis und die Sehtestbescheinigung.“
(Prima, klingt einfach.)
Sie: „Wo wurde der Führerschein ausgestellt?“
Ich: „In Bremen.“
Sie: „Dann brauche ich eine Karteikartenabschrift aus Bremen, die an die Faxnummer 233-undsoweiter gefaxt werden kann.“
(Aha.)

Ich: „Wie lange dauert es, bis der Führerschein fertig ist?“
Sie: „Vier bis sechs Wochen“
Ich: „Kann das ein Bevollmächtigter abholen?“
Sie: „Ja, aber nur mit Ihrem Originalausweis“.
(Bitte was?)
Sie: „Sie können auch den Reisepass verwenden“
(Den brauche ich in Schweden, also soll mein Perso jetzt ein, zwei Monate bei einem Freund herumliegen. Na toll.)

Mit der Führerscheinstelle Bremen kann man sich nur über die Telefonzentrale verbinden lassen, sie hat keine öffentliche Rufnummer. Dumm nur, wenn den ganzen Tag keiner dort abhebt. Ich erhalte dann aber den heißen Tipp, am nächsten Tag noch einmal zwischen zwei und drei anzurufen, da am Nachmittag kein Publikumsverkehr ist. Um 14:00 ist die Mittagspause zu Ende, um 15:00 die Kernarbeitszeit. Dazwischen sei gut.

Nächster Tag 14:43: Tatsächlich, ich erreiche einen extrem netten Mitarbeiter, der auch nach kurzer Plauderei direkt die Karteikartenabschrift nach München faxt.

Heute: Der Wecker klingelt um 6 (in Worten sechs). Ich suche meine Sachen zusammen, finde aber meine wunderbaren biometrischen Passbilder nicht. Also setze ich mich verspätet ohne die Passbilder aufs Fahrrad und fahre durch den Regen zur Führerscheinstelle des KVR. Um 7:25 bekomme ich die Wartenummer 50 und mache neue Passfotos. Dann laufe ich nach oben und sehe auf der Anzeigetafel die Nummern 12, 380, 381 und 538 oder so ähnlich. Hmm. Nach zwei Stunden wird dann tatsächlich die 50 angezeigt. Toll! Selbstbewusst und mit allen Dokumenten ausgestattet öffne ich die Tür, um den neuen Führerschein zu beantragen. Dort erfahre ich dann, dass ich ja gar nicht mehr in Deutschland gemeldet sei (ach was) und den nur in Schweden bekäme. Das sei eine EU-Regelung und sie könnte nichts tun. Mist!

Wenn die freundliche, aber schusselige Telefondame am ersten Tag zugehört hätte, hätte sie mir das auch telefonisch mitteilen können und ich hätte mir die dreieinhalb Stunden mit Anfahrt heute sparen können. Also einmal kurz und heftig mit dem Ärger kämpfen, bis sich dieser in ein kleines, blasses Rauchwölkchen aufgelöst hat und wieder nach Hause fahren. Wie schön, es regnet wenigstens kaum noch.

Und jetzt: Kisten packen!!!

Umzug von München nach Skelleftehamn

Seit Montag ist viel passiert und so ist dieser Blogartikel ein bisschen länger geworden. Viel Spaß beim Lesen!

Teil 1: München

Also. Die Kisten waren gepackt und am nächsten Tag kam dann Xxxxx mit dem Möbelwagen. Wer nicht kam, waren die drei Packkräfte, die er in München gemietet hat. Nach einer Stunde haben wir dann herumtelefoniert und schließlich zwei Packkräfte bekommen. Und die haben ordentlich herangeklotzt, so dass nach einigen Stunden Keller und Wohnung leer und alle Sachen verladen waren.

Da ich die letzten Nächte nicht so toll geschlafen habe, war ich todmüde. Zum Erholen blieb aber keine Zeit, denn direkt danach war schon das Malern dran. Gut, dass einige Freunde geholfen haben, denn alleine hätte ich dreihundert Mal so lange gebraucht und Spaß hätte das auch nicht gemacht. Nun, ein Hobby wird das Streichen für keinen von uns. Desto mehr gilt mein Dank fürs Helfen an alle.

Nach einer Übernachtung und einem ruhigen Frühstück bei Freunden bin ich wieder in meine Wohnung gefahren, um sauberzumachen. Und das hat viel, viel länger gedauert als veranschlagt. Am liebsten hätte ich den Vermieter, der um sechs kam, wieder für zwei Stunden nach Hause geschickt. Aber weil er nett und entspannt ist, haben wir die Übergabe dann doch gemacht und ich habe danach erst den Rest geputzt und dann die Schlüssel bei ihm vorbeigebracht. Also geht auch ein Dank an meinen Vermieter für sein Vertrauen.

Die letzte Nacht durfte ich bei einer guten Freundin schlafen. Die hatte die tolle Idee, am Donnerstag vor meinem Abflug noch ein Weißwurstfrühstück zu machen. Super, auch wenn wir dafür um fünf aufstehen mussten. Aber es war einfach schön, noch einmal zusammen draußen auf dem kleinen Balkon zu sitzen, bevor ich mich auf den Weg zum Flughafen gemacht habe. Einen Riesendank für das Abschiedsweißwurstfrühstück!

Und um neun Uhr saß ich auch schon im Flieger in Richtung Kopenhagen …

Teil 2: Abschied

Vem kan segla förutan vind?
Vem kan ro utan åror?
Vem kan skiljas från vännen sin
Utan att fälla tårar?

Jag kan segla förutan vind,
Jag kan ro utan åror.
Men ej skiljas från vännen min
Utan att fälla tårar.

Wer kann segeln ohne Wind?
Wer kann rudern ohne Ruder?
Wer kann scheiden von dem-Freund seinen
Ohne zu vergießen Tränen?

Ich kann segeln ohne Wind,
Ich kann rudern ohne Ruder.
Aber nicht scheiden von dem-Freund meinen
Ohne zu vergießen Tränen.

Teil 3: Skelleftehamn

… und um neun Uhr saß ich auch schon im Flieger in Richtung Kopenhagen.

Der Rückflug war entspannt, da ich dieses Mal sowohl in Kopenhagen als auch in Stockholm mehrere Stunden Aufenthalt hatte und so haben ich und mein Gepäck die Anschlüsse nach Stockholm und Skellefteå bekommen und gegen neun war ich in meinem Haus.

Das war vielleicht komisch. Jetzt, wo das Haus so leer stand wirkte es so klein und so fremd und erinnerte an eine neue Zahnfüllung, die sich noch so komisch im Mund anfühlt und wo die Zunge immer wieder testet, ob alles seine Ordnung hat. Habe ich das richtig gemacht mit dem Hauskauf? Ich weiß nicht.

Da im meinem Haus kein Bett stand, habe ich die letzte Nacht noch in meinem alten Zimmer übernachtet. Am nächsten Tag bin ich dann nach Skellefteå gefahren, um bei der Bank die letzten Papiere zu unterzeichnen. In der Stadt habe ich dann alle Kollegen getroffen, die schon einige Stunden vor dem Telia-Laden kampierten, um das neue iPhone zu bekommen. Nach der Bank bin ich dann mit dem Taxi zum Haus gefahren, wo Xxxxx schon mit dem Möbelwagen wartete. Zu der Schwierigkeit, in Skellefteå ein bestelltes Taxi auch zu bekommen, schreibe ich hier mal nichts …

Nach einer halben Stunde kamen dann zwei Männer von Skellefteå Stadsbud, die schnell und routiniert den Flügel entladen und in meiner Wohnung aufgestellt haben. Für die sechs Jahre Lager ist er auch gar nicht so arg verstimmt. Dann kamen die restlichen Möbel und Kartons dran. Um drei waren wir fertig und Xxxxx konnte sich wieder auf den Weg nach Xxxxx machen.

Und jetzt, wo der weiße Yamahaflügel seinen Platz gefunden hat, mein Bett steht und viele Bücherkisten klarmachen, dass ich jetzt hier wohne, da war das so fremde Häuschen von gestern plötzlich mein Haus und es fühlte sich gut an!

Dann habe ich Internet bestellt und drei Minuten später war ich online. (@Deutsche-Internet-Provider: Schaut Euch mal an, wie einfach und schnell das gehen kann.) Und dann habe ich erst einmal geschlafen.

Heute, am Tag danach ist das Wetter fies: Es ist stürmisch und regnet. Also werde ich einiges wegschaffen. Die Küche ist schon eingerichtet.

Doch nun, wie gewünscht, einige Fotos:

Ich habe außerdem gestern ein kleines Rundgang-durch-das-Haus-Video gedreht. Die Qualität ist unter aller Sau und YouTube schlägt mir als Schlagworte „horror movie“ und „weapons“ vor. (Schluck!). Aber für einen kleinen Eindruck ist es vielleicht doch ganz nett.

Nachtrag (23. März 2011)

Da ich mit dem Menschen, der den Umzug gemacht habe, im nachhinein riesigen Ärger hatte – er schuldet mir bis heute Geld – habe ich mich entschlossen, den Namen unkenntlich zu machen. Tja, es gibt auch Menschen, die nicht gut sind.

Deutsche Grüße

Das Bild von dieser herrlichen Wurstverpackung, die ich heute bei coop Konsum gesehen habe, wollte ich Euch nicht vorenthalten. Der Text in etwa: „Eine Wurst reich an Geschmack, mit Kümmel und Knoblauch gewürzt“. Ferner ist die Wurst frei von Gluten, Laktose, Ei, Soja, Milch und Erbsenprotein(?).

Ich habe dann aber doch zum gravad lax gegriffen.

Noch ’ne Herbstfarbe: grau

Der Sonntag verregnet
ist dir schon oft begegnet¹

Wozu dient ein grauer, nieselregnerischer Sonntag, an dem es nicht richtig hell wird? Er bietet die ideale Kulisse für die Steuererklärungen 2009. Inzwischen bin ich so routiniert, dass ich nur noch etwa sechs Stunden brauche, um die acht verschiedenen zwei- bis vierseitigen Formulare ESt, EÜR (2×), Anlage G, Anlage S, GewSt, USt und Anlage Vorsorgeaufwand auszufüllen, deren schwarz-weiß wieder ganz prima zu dem farblosen Wetter da draußen passt. Gegen fünf habe ich dann den Brief zu ICA² gebracht, der erstens auch am Sonntag geöffnet hat und zweitens auch Briefmarken verkauft. Allerdings nur für inländische Briefe à 6 Kronen. So mussten dann also 8 Briefmarken auf den dicken Brief nach Deutschland. Und schon sah alles wieder bunt aus, denn die schwedischen Marken können – im Gegensatz zu deutschen Steuererklärungen – dem trüb-tristen Wetter Paroli bieten.

Freiberufler werden es in Schweden auch nicht völlig formularlos haben, aber die Nachbarin von gegenüber macht die Steuererklärung per SMS!

___
¹ aus „So ein Regenwurm hat’s gut“
² der örtliche Lebensmittel-und-alles-mögliche-Laden

Die Sache mit der Geduld …

Ich mag ein paar positive Eigenschaften haben, Geduld zählt leider nicht dazu. Und ich habe den Eindruck, dass ich diese noch mehr als in Deutschland brauche. Denn auf meiner Todo-Liste steht vor immer mehr Zeilen ein w und das bedeutet Warten. Warten darauf, dass die potentielle Schwedischlehrerin gesund ist, warten darauf, dass der Vorbesitzer auch die restlichen Dinge am Dach repariert. Warten darauf, dass langsam aus der kleinen Baustelle im Erdgeschoss wieder ein kleines Bad im Erdgeschoss wird. Warten darauf, dass ein Bekannter Zeit findet, kleinere Reparaturen vorzunehmen und warten darauf, dass der rörläggare, also der Installateur wieder gesund wird. Und seit heute auch warten darauf, dass Ikea auf meine E-Mail antwortet, warum die Bestellung von Bett und Regalen beim Bezahlen immer abbricht.

Ich weiß, ich bin erst seit sieben Wochen im neuen Haus, aber – habe ich schon erzählt, dass Geduld nicht meine Stärke ist – der Eindruck, dass nichts voran geht, ist dennoch vorhanden. Bin ich so deutsch? Ist das überhaupt ein Unterschied Deutsche—Schweden oder eher ein Unterschied Olaf—Schweden oder gar Olaf—andere Menschen. Ich weiß es nicht.

Und dann komme ich zu Dingen wie Äpfel im Garten ernten oder Geschirrhandtücher kaufen und dann stand das noch nicht einmal auf der Todo-Liste und ich kann wieder nichts durchstreichen. Doof.

Deutschland – Schweden

Nein, ich schreibe hier nicht über das gestrige Fußballspiel; ich habe es noch nicht einmal gesehen. Ich wollte bloß kurz meinen letzten Tag in Bremen dazu nutzen, zwei kleine fotografische Vergleiche anzustellen: Wohnstraßen und das Weihnachtssortiment in Supermärkten. Bitteschön:

Rückreise

Mir ist das Reisen per Flugzeug glaube ich zu schnell. Es ist zwar nett, wenn ich von Haustür Bremen zu Haustür Skelleftehamn „nur“ elf Stunden brauche, aber meine Gedanken hängen noch halb im regnerisch-grauen, kühlen Bremen, während der Körper das Fahrrad über den platten Schnee zu ICA steuert. Ich bin zwar – wie schon nach der Norwegenreise – wieder zu Hause, aber noch nicht vollständig angekommen.

Mein Koffer hat schon in Frankfurt mit mir sympathisiert und ist dort geblieben. Vielleicht ist er eben schon mit der Sieben-Uhr-Maschine in Skellefteå eingetroffen, das weiß ich noch nicht. Ich erwarte ihn recht ungeduldig, denn er enthält nicht nur das Ladegerät für mein iPhone, sondern auch eine nicht unwesentliche Menge Nusskuchen …

Mein Küchen- und mein Schlafzimmerthermometer derweil sind sich uneins, wie kalt es die letzten sieben Tage war. Sie haben sich zwar beim Minimum auf -13.1/-13.2 °C geeinigt, aber die Küche meint, dass es zwischendurch mal +1.5 °C gewesen sei, während der andere Temperaturmesser steif und fest behauptet, über -2.3 °C sei mal überhaupt nichts gelaufen. Nun, ich war nicht dabei und kann den Streit nicht schlichten. Aber nachdem es im Inland immer mal unter -25 °C war, nehme ich einfach mal die -2.3 °C, der Dramatik wegen.

Auf Dramatik machte auch die heutige Ausgabe des Aftonbladet, die heute „Köldchock. Det blir orimligt kallt’. Vinter i hela landet“ als Schlagzeile hatte. Auf deutsch: „Kälteschock. Es wird übermäßig kalt. Winter im ganzen Land“. Ich lasse mich überraschen. Die Wintersachen hängen griffbereit.

(Bildquelle: Facebookseite von Fjällräven)

Nachtrag:

Just eine Minute nach dem Publizieren – um 19:45 – ist gerade mein Koffer angekommen. Das ging aber fix! Nusskuchen!

Deutsche Sprache

Viele Schweden sprechen und verstehen deutsch, und manche besser, als sie zugeben wollen. Die gute Bescheidenheit halt. Manchmal ist es aber lustig, was ich so an deutschen Brocken zu hören bekomme.

Meine Lieblingsphrase ist immer noch „Achtung, bitte!“. Das sagt ein Freund gerne mal. Und es zeigt ja auch sehr schön, dass wir Deutschen gar nicht so unhöflich sind. Wir können auch nett und freundlich Befehle erteilen. Geht doch!

Ich habe auf Facebook die Schweden gefragt, was Ihnen zuerst einfällt, wenn sie an die deutsche Sprache denken. Und das sind die Antworten:

Du bist eine esel mit lange, lange eren
Eine Erinnerung aus Kindergartenzeiten. Dort gab es auch deutsch sprechende Kinder. Und diese Beschimpfung blieb wohl unvergessen.

Und dann arbeiten wir!
Das bekam ein Schwede öfters von einem Hochschullehrer aus Wien zu hören. Das Wort „arbeiten“ scheint überhaupt als typisch deutsch zu gelten.

Staubsauger
Das stammt aus einer Diskussion um lustige Worte. Ich frage mich, ist das wirklich das Lustigste, was die deutsche Sprache zu bieten hat?

Fingerspitzengefühl
Ein überraschendes Wort, völlig abseits aller Klischees.

Geschwindt
Es gehört wohl auch zu den deutschen Klischees, dass wir es immer eilig haben. Dafür ist das Wort „Geschwind“ eigentlich richtig gemütlich.

Achtung!
Scheint bei Schweden als eines der wichtigsten deutschen Worte zu gelten. Ich habe den Verdacht, dass die meisten Deutsch nicht in der Schule, sondern beim Schauen von Hollywoodfilmen gelernt haben: Nazis sind blond, heißen Hans und rufen immerzu „Achtung!“.

aus-auser-bei-mit-nach-seit-von-zu
Mit dieser herrlichen Liste von deutschen Präpositionen kamen gleich zwei Schweden an. So lernt man also deutsch im Ausland. Mir blieb das zum Glück erspart.

Ich habe Sauerkraut in meine Lederhosen.
Wohl ein Filmzitat aus Top secret. Mehr bajuwarisch-deutsches Klischee in einem Satz geht kaum.

Lacht mit Willi!
Das ist der Titel eines Deutschlehrbuchs für die achte Klasse. Klingt für mich ja eher wie der Titel einer altmodischen Fernsehunterhaltungssendung aus den siebziger Jahren. Ich wüsste ja zu gerne, wie dieses Buch aussieht …

Ich bin so müde, ich bin so matt, Ich habe dieser nacht, eine kind gemacht
Ein wirkliches Kleinod unbekannter Quelle. Ob die Schwedin, die das bei Facebook geschrieben hat weiß, was das heißt?

Das waren die Worte und Phrasen, die meine schwedischen Facebook-Freunde gesammelt haben. Ein Rätsel bleibt: Der oben erwähnte Freund (der mit „Achtung bitte!“) kam neulich plötzlich mit dem Wort „Schwanzhund“. Er kennt aber weder Loriot im Allgemeinen noch den Film Ödipussi im Speziellen. Mir ist es ein absolutes Rätsel, woher er dieses Wort kennt.

Ein Leben ohne Mops

Normalerweise schreibe ich hier über mein Leben in Schweden, doch heute liegt mein Fokus auf Deutschland. Denn dort ist gestern einer der Großmeister der Beobachtung, des Dialogs und des Timings gestorben: Loriot.

Dieser phantastische Künstler hat mein Fernsehleben begleitet, ob durch seine Figur des Hundes Wum (knapp drei Jahre nach mir geboren), seine grandiosen Sketche oder auch seine beiden Filme Ödipussi und Papa ante Portas. Als ich Kind war, lief auf meiner Musiktruhe „Ich wünsch’ mir ’ne kleine Miezekatze“ in heavy rotation und mein kleines Loriotbüchlein war fleddrig und abgegriffen vom immer wieder hineinschauen.

„Schau mal Opa, das schöne Klavier!“

„Ich will einfach nur hier sitzen“

„Nicht das, Dicki!“

„Wir haben uns für Aschgrau entschieden“

„Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken“

„Holleri du dödl di, diri diri dudl dö.“

Loriot

Lieber Loriot, vielen Dank für die vielen Meisterwerke, die Sie uns hinterlassen haben. Ohne Sie wird die Welt ein bisschen grauer sein.

Wer mehr über die Schweden wissen will, kann gerne Schwedenblogs lesen. Wer mehr über die Deutschen wissen möchte, der muss einfach Loriot schauen.

Und das tue ich jetzt …

In Deutschland

Seit Freitag Abend bin ich in Deutschland, Familie und Freunde besuchen. Erst war ich ein paar Tage in Holzgerlingen bei Stuttgart, bin dann heute nach Augsburg gefahren und am Freitag fahre ich noch für ein paar Tage nach München. Am Montag geht es dann wieder mit dem Flieger nach Hause.

Das letzte Mal in Deutschland war ich vor einem Jahr und es ist ein seltsames Gefühl, nach dieser recht langen Zeit das erste Mal wieder hier, in der alten Heimat zu sein. Vieles ist so anders und doch noch so vertraut, schließlich habe ich fast mein ganzes Leben hier verbracht. Und so sehe ich viele Sachen, die früher völlig normal waren, aber mir jetzt besonders auffallen, da es diese in Skellefteå und umzu nicht gibt:

  • Amtsdeutsch
  • Apfelschorle
  • Biergärten
  • Buchenwälder
  • Bäcker
  • Fachwerkhäuser
  • Höckerschwäne
  • Kastanien
  • Kondensstreifen
  • Kürbiskernbrötchen
  • Laugengebäck
  • Maultaschen
  • Nahverkehrszüge
  • Platanen
  • Rauhfasertapete
  • sechsspurige Straßen
  • viele Menschen
  • Weihnachtsgebäck
  • Wirtschaften

Manche dieser Dinge mag ich, auf andere kann ich hingegen gut verzichten. Aber ich bin ja nicht nach Deutschland gekommen, um Laugengebäck zu essen, sondern um meine Eltern, meine Geschwister mit Ihren Familien und einige Münchener Freunde wiederzutreffen. Und das ist toll!

Dieses Mal – ganz untypisch – zwei Fotos aus Deutschland mit Dingen, die ich so in Nordschweden nicht fotografieren könnte, weil es sie dort nicht gibt.

Nun hoffe ich nur noch auf Schnee für zu Hause, der dieses Jahr allerdings noch gar nicht in Sicht ist. Und so wird es wohl, wenn ich wieder in Skelleftehamn bin, schon um halb vier stockfinster sein.

zu Hause

Nach elf Tagen Süddeutschlandreise bin ich wieder in Skelleftehamn angekommen. Und so toll die Zeit mit Familie und Freunden war, so sehr freue ich mich doch, wieder zu Hause in den eigenen vier Wänden angekommen zu sein.

Eine Tradition aus dem letzten Jahr hat sich fortgesetzt: Wie bei meinem damaligen Rückflug von Bremen sind meine Koffer reisefreudiger als ich und noch irgendwo unterwegs. Das liegt daran, dass die gute Frau heute beim Check-In statt der Teilstrecke Stockholm—Skellefteå die andere Richtung eingebucht hat. Nun, Irren ist menschlich, das kann passieren, aber warum warnt das Computerprogramm nicht, wenn man so idiotische Verbindungen wie „München—Stockholm“ und direkt danach „Skellefteå—Stockholm“ eingibt. Und warum weiß man in München immer noch nicht, dass Gepäck doch durchtransportiert wird und nicht auf dem Flughafen Stockholm eigenhändisch durch den Zoll geschoben werden muss? Das war schon vor einem halben Jahr nicht anders.

Aber etwas ist anders als bei meinem Rückflug vor einem Jahr: Dieses Mal empfängt mich keine weiße Winterlandschaft, sondern ein frost- und schneefreies Nordschweden. Und oft war es hier die letzten Tage wärmer als in München. Und so wird es ohne Schnee morgen ganz schön schnell dunkel werden, wenn um zehn vor drei die Sonne untergeht.

Schön war die Zeit, sehr schön sogar. Es ist toll, Zeit – wenn auch zu wenig – mit Familie und guten Freunden verbringen zu dürfen. Aber die Stadt München ist mir fremd geworden. Dass ich da mal sechs Jahre gelebt habe! Aber das ist ein anderes Thema und darüber schreibe ich ein anderes Mal. Das kann aber ein bisschen dauern, denn diese Woche wird recht tough. Auch dazu später mehr.

deutsche Nachlese

Seit einigen Tagen bin ich wieder zu Hause, und da ich zur Zeit viel um die Ohren habe, scheint die Deutschlandreise schon in weite Ferne gerückt. Dabei war ich vor genau drei Tagen noch in München auf dem Flughafen.

Was mich nach Deutschland zieht, ist einfach: Familie und Freunde. Schade, dass ich es immer nur schaffe, einen kleinen Teil zu besuchen, und oft zu kurz.

Was mich aber gar nicht mehr nach Deutschland zieht, ist das Land selbst. Die Stadt München, in der ich sechs Jahre gelebt habe, ist mir egal geworden. Und das finde ich schon sehr seltsam. So sauwohl ich mich in meiner neuen Heimat im Norden fühle, so ging es mir doch auch in München sehr gut, auch wenn ich dort niemals wirklich heimisch geworden bin.

Es war seltsam, die Tage wieder durch München zu laufen. So vieles erkenne ich wieder und es wirkt doch fremd, so als kenne ich die Stadt nur aus Büchern und sei nie richtig dagewesen. Ein Teil von mir bewunderte wie ein Tourist die vielen Geschäfte, die großen Kirchen und die schönen Wege an der Isar und im Englischen Garten, während ein anderer Teil sich von den vielen Menschen und Autos überfordert fühlte und sich nach dem weitläufigen, aber klein wirkenden Nordschweden sehnte. Ich war traurig, von so vielen mir nahe stehenden Menschen wieder Abschied nehmen zu müssen, aber froh, als ich wieder zu Hause war. […]. Deutschland ist zwar meine ursprüngliche Heimat, aber überhaupt nicht mehr mein Zuhause.

Letzten Samstag war ich in Mittenwald und habe eine Tour in den Alpen gemacht, das war toll! Und dort fand ich auch einiges wieder, was mir hier im Norden so gut gefällt: Die Weite, die Ruhe und das Gefühl, über seinem Alltag zu stehen.

Zum Wetter: Letztes Jahr hatten wir einen sehr frühen Winter. Schon Anfang November fiel der erste Schnee und blieb den Rest des Winters liegen. Dieses Jahr ist es anders herum. Vorgestern früh, am 8. November: Skellefteå Flugplatz +10 °C, München Flughafen +1 °C.

Gestern am 9. November war war das ganze Land schneefrei, erstmals seit 1904 an diesem Datum. Und eine Kälteperiode oder Schneefall ist nicht in Sicht. Also werden wir noch weiterhin Spätherbst mit kahlen Bäumen, ein bisschen Bodenfrost und dunklen Nachmittagen haben.

Link zum Schneemangel (schwedisch): Nytt rekord: snöbrist i hela landet 9 november

Weihnachtsnachlese

Weihnachten ist vorbei. Jetzt wird nicht mehr gekuschelt oder einen auf nett gemacht, jetzt wird Klartext geredet!

Also, Ihr Schweden. Schaut Euch mal das Foto an! So will ich das zu Weihnachten sehen! Von links nach rechts: Lebkuchen, selbstgebackene Kekse (mit Ingwer), Spekulatius, noch mehr selbstgebackene Kekse (mehrere Sorten)! Eure Pepperkaka, die ihr mit Tubenkäse esst, könnt Ihr behalten! Und Euren rosa gefärbten Zuckerschaum in Weihnachtsmannform erst recht. So! Das musste mal gesagt werden!! Und noch ein paar Ausrufezeichen!!! Weil’s so’n Spaß macht!!!!!!!!

Möglich gemacht wurde dieses Foto durch ein Paket, welches ich heute mit leichter Verspätung beim ICA in Skelleftehamn abholen durfte. Und das Paket kommt von dreien meiner besten Freunde aus München. Die wissen, wie ich es gerne Weihnachten habe. Nicht auf diesem Bild sind die netten Briefe und jede Menge(!) weiterer Geschenke, die mit in dem Paket waren und über die ich mich riesig gefreut habe. Auch verspätete Weihnachtsgeschenke sind einfach toll!

Das war’s. Ihr braucht nicht weiter zu lesen. Wirklich nicht. Aufhören! Was? Ihr seid immer noch dabei? Also, nun gut: Ich habe mich auch ein wenig sehr geschämt, als ich dieses phantastisch-tolle Paket heute aufgemacht habe. Denn ich habe keinem Menschen auch nur irgendetwas dieses Jahr zu Weihnachten geschenkt. Ich bin eine treulose Tomate! Und ich gelobe Besserung! Ich fange nächstes Jahr viel früher an. Mit dem Geschenke kaufen. Ich geb mir zumindest große Mühe!

Ein kleines Problem birgt dieses Paket allerdings: Die Plätzchen in der rechten, roten Dose sind für das Kleine Gelbe Monster bestimmt. Es hat zwar auch seinen eigenen Keks bekommen (in Monsterform und leider auf diesem Bild nicht verewigt), aber es möchte bestimmt auch die anderen ihm zustehenden Kekse. Und eigentlich will ich die selber, die duften so lecker …

Ebenfalls nicht auf diesem Photo sind die leckeren Sachen, die mir meine Eltern vor zwei Wochen geschickt haben. Ihr ahnt es bestimmt schon, zwei Wochen bedeutet: Inzwischen ratzekahl aufgeputzt. Und Ihr habt recht!

Die deutsche Steuererklärung

Sonntag, sieben Uhr: Knapp fünf Grad, Hochnebel bis hinunter zu den Baumspitzen. Der ideale Tag, um endlich meine deutsche Steuererklärung zu machen. Ich habe nach wie vor ein Gewerbe in Deutschland laufen, aber dort keine Einnahmen mehr. Die Steuererklärung 2011 sollte also simpel sein: Einfach nur Mantelbogen, Anlage G, Anlage EÜR, Gewerbesteuererklärung, Umsatzsteuererklärung mit Adresse und Nullen befüllen, ausdrucken, unterschreiben und ab geht die Post.

Manchmal bin ich eben ein bisschen naiv.

Den Mantelbogen und Anlage G durfte ich tatsächlich noch wie bisher ausfüllen, aber die anderen Formulare müssen für das Jahr 2011 erstmalig digital eingereicht werden. Das ist ja an sich eine gute Sache. Ich fand es schon immer widersinnig, lange Formulare am Computer auszufüllen und dann auszudrucken, damit irgendwelche armen Finanzbeamte die Zahlen wieder in einen anderen Computer eintragen. Effizienz geht anders.

Also habe ich meinen Webbrowser geöffnet und die Elster-Seite („Willkommen bei ELSTER – Ihre elektronische Steuererklärung“) aufrufen. Einloggen ging aber nicht. Gut, da kann das Finanzministerium auch nichts zu, dass die ELSTER-Plattform ausgerechnet auf Java basiert und eben dieses Java unter Macintosh wegen Sicherheitsmängeln in allen Webbrowsern deaktiviert wurde. Nach ein bisschen Googeln und Konfigurieren ging das aber wieder.

Aber – wo sind denn die Formulare, die ich heute auszufüllen vorhabe? Die Voranmeldungen zur Umsatzsteuer kenne ich ja schon, aber wo ist der Rest? Ich finde schließlich eine Seite, auf der ich lerne, dass man dafür spezielle Software braucht, die ich unter Software für die elektronische Steuererklärung suchen kann. Anzahl gefundener Freeware für Macintosh: 0. Anzahl gefundener Freeware für Linux: 0. Ich muss also zwingend Windows haben – und wenn ich kein “Raubkopierer” bin, also Geld an Microsoft zahlen – wenn ich in Deutschland meine Gewerbe- oder Umsatzsteuer machen möchte! Das wäre vielleicht ein interessanter Fall für das Kartellamt (oder gibt es sowas in Deutschland nicht mehr?).

Nun besitze ich als Webentwickler ein Programm, mit dem Windows auf meinem Mac ausgeführt werden kann, wenn auch nicht gerade besonders fix. In dieser Umgebung lade ich also das Programm „ElsterFormular“ (Wow, 99.2 MB nur für Formulare!) und schon nach einer Viertelstunde Installation startet das Programm und empfängt mich mit einer grüngrauen Formularoberfläche, für die der Designer im Jahre 1953 vielleicht noch gelobt worden wäre.

Ein Gutes hat das Programm: Es überprüft Formulare auf Vollständigkeit. Ein weiteres Gutes hat es ebenso: Man kann auch ohne Zertifikat, welches beweisen soll, dass ich ich bin, Formulare an das Finanzamt übertragen. In diesem Fall muss man zwar wieder Formulare ausdrucken und per Post schicken, aber sei’s drum. Es hat allerdings ein bisschen gedauert, bis ich begriffen habe, dass die angezeigten pdf-s gar nicht gespeichert wurden, sondern ich manuell die Vorschau als Kopie speichern muss. Wie gut, dass ich ein bisschen weiß, wie Computer geht, sogar auf Windows, wenn es denn sein muss.

Nach knapp zwei Stunden war ich fertig mit dem Steuernummer, Adressen und Nullen eintragen. Sogar mein 18 Jahre alter Laserdrucker funktionierte und druckte die 14 geforderten Formularseiten ein bisschen schief, aber ansonsten anstandslos aus. Nun muss ich das Ganze nur noch abschicken.

Ob ich alles richtig gemacht habe? Keine Ahnung. Aber man hat sich ja daran gewöhnt, dass die Steuererklärungen in Deutschland so kompliziert sind, dass selbst Steuerberater oft nur raten.

Im nächsten Jahr mache ich zum ersten Mal meine Steuererklärung in Schweden, bei der ich auch Musikeinkünfte angebe. Ich bin gespannt, wie kompliziert das wird.

Jazz in Deutschland

Vom 24. Oktober bis zum 11. November tausche ich Schweden gegen Deutschland und den Bürostuhl gegen einen Klavierhocker. Denn dann darf ich zusammen mit Sabine Kühlich und Stefan Werni eine Jazztour mit der wunderbaren Sheila Jordan spielen. Ich freue mich schon riesig darauf. Vielleicht habt Ihr ja auch Zeit und Lust, vorbeizukommen.

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Deutschland, ein Jazzmärchen

Heute morgen hatte es -6.6 °C. Dann wurde es ein bisschen wärmer und es fing ein wenig an zu schneien, ehe ich im Dunkeln zur Bushaltestelle lief. Schweden. Skelleftehamn.

Deutschland. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich übermorgen wieder in Deutschland sein werde. Für drei Wochen. In NRW. Und ich bin gespannt, wie alles auf mich wirken wird. Trist, eng und grau oder doch hell und golden, weil mich mit der Region so viel verbindet. Immerhin habe ich elf Jahre in Essen gelebt. Irgendwann früher mal.

Wie ich vorher schon einmal geschrieben habe, tausche ich vom 24. Oktober bis zum 11. November Nordschweden gegen Westdeutschland, Natur gegen Stadt und den Bürostuhl gegen einen Klavierhocker. Denn dann darf ich zusammen mit Sabine Kühlich und Stefan Werni eine Jazztour mit der wunderbaren Sheila Jordan spielen. Ich weiß nicht, wie ich meine Freude über die mit Musik gefüllte Zeit, die vor mir liegt, zum Ausdruck bringen soll. Toll wird’s.

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Zugleich werden wir auch die CD „Wundascheen – Loverly!“ vorstellen, die wir nach der ersten Tour mit dieser Besetzung im März 2010 bei Pablo in Köln aufgenommen haben. Ich bin sehr gespannt auf die Aufnahmen, denn den endgültigen Master habe ich selbst noch nicht gehört.

Ich werde die Gelegenheit nutzen, alte Freunde, die ich teilweise einige Jahre nicht mehr gesehen habe zu besuchen und Familie, Freunde und Bekannte werden auch zu dem einen oder anderen Konzert kommen. Manche Freunde kenne ich schon zwanzig Jahre und meine Eltern und Schwester ein ganzes Leben. Hier kenne ich keinen länger als dreißig Monate.

So bin ich rundum mit schönen Dingen beschäftigt – selbst wenn ich ein, zwei Jobs auf einem der mir verhassten Digitalpianos spielen muss (ignoriert meine gemurmelten Flüche).


Aber doch. Es ist seltsam, aber … . Ich bin noch nicht losgefahren und vermisse jetzt schon Schweden. Die Ruhe, die Natur, das Wetter, welches gerade den Herbst hinter sich gelassen und den Winter angekündigt hat. Wird sich die erste Schneedecke auf Skelleftehamn legen und ein Nordlicht seine grünen Bögen und Girlanden tanzen lassen? Oder wird es einfach drei Wochen schneeregnen und sauungemütlich sein. Ich werde nicht dabei sein. Werde ich bis zum Bauch durch den Schnee waten, um wieder ins Haus zu kommen oder auf einer nassen Eispfütze ausrutschen und mich auf die Nase legen, wenn ich Mitte November wieder hier bin. Ich würde mich gerne zweiteilen und einen Teil hier lassen.

Aber nun. Während ich diesen Artikel schreibe, beginne ich mich wirklich auf die Zeit in Deutschland zu freuen. Nur noch ein Tag arbeiten, packen, einmal schlafen und dann geht’s auch schon los.

Dass ich mich auf die Musik und Freunde freue, habe ich schon geschrieben. Aber es gibt auch ein paar nette Nebensächlichkeiten, auf die ich mich freue:

  • Buchläden
  • richtiges Brot
  • Straßenbahn fahren
  • Indische Restaurants
  • Fotogeschäfte
  • Laubwälder
  • Euromünzen zum Sammeln
  • Lebkuchen!!!

Die beiden Fotos oben habe ich 2002 in Essen gemacht. Mit meiner ersten Digitalkamera. Ich habe sie allerdings für den Artikel noch ein bisschen verbessschlimmert.