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Nordwärts

Vom Leben in Skelleftehamn

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In Deutschland – II

Ich sitze im Auto, wir fahren nordwärts. Nicht nach Schweden, sondern nach Hamburg. Von heute bis Sonntag spielen wir noch vier Konzerte: Eben in Hamburg, in Düsseldorf, in Bonn und in Mannheim. Am Montag fliege ich wieder zurück nach Schweden.

Ich gehöre auch zu den Menschen, die das Jammern auf allerhöchstem Niveau kultiviert haben: Hej, ich bin in Deutschland, kann Konzerte mit Sheila Jordan und anderen tollen Musikern spielen, treffe viele Freunde und Familie und ich hatte genug Urlaub, um die drei Wochen für die Tour freizunehmen. Was will ich mehr?

Was ich will, ist nicht Mehr, sondern Weniger. Weniger Häuser, weniger Menschenmassen, weniger Autostraßen, weniger Lärm, weniger Abgasgestank. Und daher freue ich mich zwar sehr auf die kommenden vier Konzerte, aber ebenso wieder auf zu Hause.


Letzten Donnerstag war ich mit einem Freund wandern. Das ging nur, weil mit Allerheiligen ein Feiertag war und er daher frei hatte. Wald ist einfach immer herrlich und gemütlich im überdachten Hochsitz den Regenschauer abwarten (hat leider nichts genützt, es regnete weiter) hat auch etwas. Danke, U, für den schönen Tag.

Am nächsten Tag haben wir ein sehr schönes Konzert in Kall gespielt. Es gibt ein kleines Livevideo, das habe ich aber auch noch nicht angeschaut. Am Tag darauf haben wir auf einem Festival in Hürth gespielt. Während ich bis jetzt immer privat untergebracht war, habe ich jetzt das erste Mal im Hotel geschlafen. Ich mag sie nicht sonderlich, die Hotelzimmer. Für mich sind sie alle gleich: die weißen Handtücher, kleiner Fernseher, Minibar, ein meist zu weiches Bett und ein Stückchen Schokolade auf dem Kopfkissen. Aber eine schöne Aussicht hatte das Zimmer in Hürth.

Gestern war ich in Köln. Liebe Kölner, nehmt mir das Foto nicht übel, aber ich finde, Ihr habe unglaublich viele Baustellen und hässliche Leerflächen in Eurer Stadt.

Wenn ich in Köln leben würde, würde ich arm werden. Und daran wären nicht die hohen Mieten schuld, sondern zum einen die guten Fotogeschäfte und zum anderen der riesige Globetrotterladen im Zentrum.

Ab nächster Woche schreibe ich aber wieder aus Skelleftehamn. Wenn ich die Wetterprognose anschaue, werden mich wohl eher Regenpfützen erwarten als Neuschnee. Ist aber nicht wild, der Winter ist lang.

Und sonst: Auch in Deutschland sind die Bäume jetzt herbstlich, in Nordschweden schon seit Wochen kahl. · Ich mag den Schiffsverkehr auf Rhein und den Kanälen. Bei uns gibt es soviel Staustufen für die Wasserkraftwerke, dass an Schifffahrt nicht zu denken ist.

Zu Hause

Nach drei Wochen Jazztour in Deutschland bin ich wieder zu Hause. Ich bin ganz schön platt. Das Anstrengende am Musik machen ist nicht das Musik machen an sich, sondern die Autofahrten, das Warten und das Fehlen jeglichen Tagesrhythmus. Die letzten vier Tage haben wir in Hamburg, Düsseldorf, Köln und Mannheim gespielt. Dann bin ich wieder mit dem Auto nach Recklinghausen mitgefahren, um heute früh nach viereinhalb Stunden Schlaf den Regionalzug zum Flughafen Düsseldorf zu nehmen. Von dort bin ich erst nach Stockholm und dann weiter nach Skellefteå geflogen.

Als ich heute den 14:25-Flug von Stockholm nach Skellefteå genommen habe, bin ich nicht nur in den Norden, sondern auch in die Dunkelheit geflogen, denn hier geht die Sonne jetzt schon um kurz nach halb drei unter. Leider liegt kein Schnee, sondern es ist nass (und glatt). Dadurch wirkt es auch viel dunkler, als wenn der helle Schnee alles Licht reflektiert.

Wenn es nach mir ginge, läge hier jetzt mindestens ein halber Meter Schnee und die Ostsee wäre kilometerweit gefroren. Erzählt das aber bloß nicht weiter, denn wenn meine Nachbarschaft das erfährt, dann jagt sie mich womöglich davon. Hier verbindet man mit Schnee vor allem Arbeit, keine Naturromantik.

Ein freier (und ein fauler) Tag

Heute morgen war ich nach zehn Stunden Schlaf um halb acht wach. Eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang. Ich bin schnell mit dem Auto ans Meer gefahren und habe gesehen, die hinter der Insel Gåsören die Sonne aufging. Die Ostsee ist noch offen, der See Snesviken ist aber schon komplett zugefroren.

Den kurzen Tag habe ich mit Aufräumen, Essen, Einkaufen und noch einmal Schlafen zugebracht. Um halb drei ist die Sonne untergegangen. Ich muss mich wieder daran gewöhnen, nachmittags aus dem Haus zu gehen und es ist stockfinster.

Ich war bei meinen Nachbarn gegenüber, die während meiner Abwesenheit auf mein Haus aufgepasst haben, um mich zu bedanken. Sie haben erzählt, dass hier schon eine Woche lang Schnee lag, es dann aber wieder wärmer wurde und regnete.

Sie haben außerdem erzählt, dass sie Besuch aus dem Wald hatten: Eine Elchkuh war mit zwei Kälbern erst auf dem Nachbargrundstück und dann auf ihrem und hat die Apfelbäume leergefressen. Danach hat sie sich hinter dem Haus Schlafen gelegt. Ich glaube langsam, dass die Tiere so etwas nur dann machen, wenn ich weit weg bin, denn als vor zwei Jahren in der Parallelstraße plötzlich eine Robbe auftauchte, war ich auch nicht da.

Morgen beginnt die Arbeit wieder und auch wenn ich mit der Zeit anderes anzufangen wüsste, so freue ich mich auf die Projekte, mit denen ich es die nächste Zeit zu tun haben werde.

22:30

Halb elf ist eine prima Zeit, um das Licht auszumachen und zu schlafen. So der Plan. Als ich aber noch einmal kurz herausgeschaut habe, war der sternklare Himmel von Polarlicht bedeckt.

In der Zeit, in der ich mir Hose und Jacke übergeworfen habe, in die Winterstiefel geschlüpft bin, Objektiv gewechselt, Kamera eingepackt und mit dem Auto ans Meer gefahren bin (die gleiche Stelle wie heute), hat die Intensität aber leider schon stark nachgelassen und Schichtwolken sind aufgezogen. Nur die Langzeitbelichtung von 30 Sekunden verrät zeigt noch die typische Grünfärbung der Aurora.

Manchmal sollte man mal nicht ans Fotografieren (und seine Blogleser) denken, sondern sich einfach in den Garten setzen und schauen. Auch wenn’s schwerfällt. Aber jetzt: Gute Nacht.

Novemberwetter

Novemberwetter, das können wir hier auch. Im Gegensatz zu vor zwei Jahren, wo der Schnee Anfang November kam und ein halbes Jahr liegen blieb, zeigt sich der diesjährige November von seiner nass-kalten und grauen Seite. Während heute Dauerregen das Eis wegschmolz und die Wege auftaute und matschig werden ließ, war es gestern zumindest noch so kalt, dass man über den gefrorenen Boden durch den Wald laufen konnte. Manche Senken sind noch mit Eis bedeckt, unter dem Eis hängen lauter gefrorene Wassertropfen. Überraschenderweise sind trotz des nicht sonderlich kalten Wetters einige flache Bereiche einer geschützten Ostseebucht schon zugefroren und sogar an einem steileren Ufer vor Storgrundet zeigt sich das erste dünne Eis.

Eigentlich wollte ich heute ja Kajak fahren, aber der smhi, der schwedische Wetterdienst, hat vor Wind auf der Ostsee gewarnt. Warnstufe 1. Das bedeutet Windgeschwindigkeiten von 50 km/h und mehr. Da bleibt das Kajak in der Garage und ich lasse mich lieber auf dem Festland nass regnen.

Und weil es gestern so grau war, noch zwei Schwarzweißbilder von gestern. So groß ist der Unterschied nicht.

Schnee scheint weiterhin nicht in Sicht zu sein. Es bleibt vermutlich weiterhin trüb-grau-nass-feucht-kaltes Gummistiefelwetter. Ich glaube, ich werde noch ein Fan der Schwarzweißfotografie.

Plötzlich Polarlicht

Welch schöne Überraschung: Für heute Abend waren dicke Wolken vorhergesagt, doch viertel vor Acht schaut der Mond durchs Fenster. Ein Blick aus der Haustür, die nach Nordnordwest zeigt: Polarlicht! Ein heller grüner Bogen am nördlichen Horizont und einige Girlanden.

Packen in Rekordzeit: Kamera, Stativ, Stiefel, warme Jacke, Handschuhe, Mütze, Stirnlampe. Auto frei kratzen und auf nach Näsgrundet, wo weniger Licht und mehr Sicht ist.

Die Kamera auf’s Stativ · Weitwinkelobjektiv manuell auf unendlich stellen · ISO 800, 20″ … 30″, ƒ4.0 … ƒ5.6 · Bei einigen Fotos den Vordergrund mit Taschenlampe und Rotfilter etwas aufhellen.

Bald bewölkt sich der Himmel, das Polarlicht gibt noch einmal alles und scheint durch die Wolkendecke durch. Aber bald sind die Wolken zu dicht, die Aurora zu schwach.

Zu Hause die Fotos in Lightroom importieren und aus dem grellen Giftgrün wieder natürlichere Farben machen. Fluchen, dass die D300s bei ISO 800 schon so rauscht. Sich über den Rauschfilter freuen. Doch eine Vollformatkamera kaufen?

Es hat schon einige Male diesen Herbst Polarlicht gegeben, aber heute war die erste Gelegenheit zum Fotografieren da.

Big Steve und das Eisbaden

Big Steve from England lebt in Skellefteå und hat einen Youtube-Kanal, auf dem er zeigt, wie er viele für (Nord-)Schweden typische Dinge probiert, wie zum Beispiel Surströmming probieren oder Schneeskooter fahren. Gestern war er in Kusfors und das Thema war Eisbaden. Da der Winter im Inland immer kälter ist als an der Küste, war die große Bucht des Flusses Skellefteälven schon dick mit Eis zugefroren.

Also hat Jörgen, der mit Axt und Motorsäge umgehen kann, erst einmal ein großes Eisloch freigehackt. Gut, dass ich meinen knallroten Trockenanzug dabei hatte, den er sich dafür ausgeliehen hat.

Auch ohne Schnee war die Szenerie sehr winterlich, mit den dicken Eisblöcken, die Jörgen auf das Eis geschleudert hat. Ich habe keinen beneidet, der bei diesen Temperaturen ins Wasser geht, das ist nämlich bei einigen feuchten Plusgraden viel unangenehmer, als wenn es richtig frostig ist.

Schnell war das „vak“ – das Eisloch – groß genug und sogar ein Weg zum Ufer fertig. Allerdings nicht für Big Steve selbst. Das Drehbuch sah nämlich vor, dass statt ihm selbst sein Team baden soll. Und so stand Big Steve mit Mikrophon und Kopfhörer am Ufer, während Craig und Filip sich badefertig machten, barfuss über den kalten Sand ins Wasser liefen und zum ersten Mal in Ihrem Leben ein Eisbad genommen haben.

Big Steve hat aber fest vor, bei der nächsten Winterschwimmmeisterschaft, die am 9. und 10. Februar 2013 in Skellefteå stattfinden wird, mit teilzunehmen.

Nach einem schönen Abend bei Lasse und Martine bin ich um zehn mit dem Auto nach Hause gefahren. Nach 25 Kilometern musste ich das erste Mal abblenden, weil mir ein anderes Auto entgegen kam. So viel zum Autoverkehr in Nordschweden.


Das war gestern. Jetzt sitze ich – zwanzig nach drei – zu Hause. Draußen ist es stockfinster und der dicke Nebel hat den Mond verschluckt. Es ist kälter geworden und angeblich soll auch ab Mitte nächster Woche der erste Schnee fallen. Mal sehen, ob ich es dann am nächsten Wochenende bei den kurzen Tagen schaffe, zu paddeln und Ski zu laufen. Dann kann ich auch gleich meine neuen Skistiefel ausprobieren.

Ein bisschen Winter

Eigentlich wollte ich Ende der Woche einen dramatischen Bericht über den vielen Schnee schreiben, der hier die Woche gefallen sein wird. Aber wie es aussieht, kann ich mir den sparen. Aber fangen wir mit dem Wochenanfang an:

Montag, 26. November

Die Temperatur sinkt auf 0 Grad und ab und zu fällt eine einzelne Schneeflocke, die sofort auf dem nassen Boden schmilzt. Es soll die ganze Woche kälter werden, am Wochenende 20 cm Schnee geben, am Samstag mit viel Wind und dann am Montag sonnig und kalt (Minimum: -15 °C) werden.

Dienstag, 27. November

Über Nacht ist ein Millimeter Schnee gefallen. Im Laufe des Tages fällt Schneestaub – sozusagen die kalte Variante des Sprühregens – aus trübem Himmel. 1 cm Schnee liegt am Abend. Das reicht aber schon aus, um einen dunklen November- in einen hellen Winterabend zu verwandeln: Der Schnee reflektiert alles Licht und plötzlich sieht man nicht nur ein dunkelgrauschwarzes Nichts wie noch letzte Woche, sondern den schneebedeckten Garten und die weiße Straße.

Mittwoch, 28. November

Heute ist der erste Tag mit Dauerfrost. Das ganze bei Wolken und ab und zu mal ein Schneestäubchen, das vom Himmel fällt. Auf den Straßen ist das bisschen Schnee zu Eis festgefahren. Nach der heutigen Vorhersage bleibt es wohl trüb. Am Wochenende sollen ein paar Zentimeter Schnee fallen und windig und kalt werden. Das mit dem Wind fänd ich schade, denn ich möchte gerne noch einmal Kajak fahren, eh die Ostsee zufriert.


Und damit hier nicht nur Text steht, noch ein Foto von heute Abend. Eine sehr schöne Lage hat dieses Haus, vorne der zugefrorene See, hinten die Ostsee, die zur Zeit auch in den Buchten noch offen ist. Der vordere Teil des See ist übrigens blank, da der Wind den lockeren Schnee weggeblasen hat.